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Wenn Du Luegst

Titel: Wenn Du Luegst
Autoren: Anna Salter
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dass ihr das nie zuvor aufgefallen war. Sie war gerötet, als ob er geweint hätte, aber sie konnte keine Tränen entdecken.
    »Bist du erkältet?«, fragte sie.
    Er sah sie an, als wäre sie verrückt. Sie fragte sich, ob sie es war.
    »Warum ist deine Nase so rot?« Das war das Einzige, was sie sehen konnte. Es überlagerte alles andere. Und es schien wichtig zu sein, den Grund zu kennen.
    »Du bist jetzt weit genug gegangen«, sagte er. »Gib mir diese Pistole.« Er lehnte sich mit ausgestreckter Hand nach vorn. Sie wusste sofort, dass er das nicht hätte tun sollen. Selbst sie wusste genug, um sich nicht mit dieser Waffe anzulegen.
    Das Geräusch war ohrenbetäubend. Es war lauter als im Fernsehen. Der Rückstoß riss ihre Hand zurück, und die Pistole flog ihr aus den Fingern. Aber das machte nichts. Sie war schwer, und Jena war erschöpft davon, sie zu halten.
    Ihre Ohren klingelten, und sie konnte nichts hören. Er sagte etwas oder versuchte es zumindest, weil sich sein Mund bewegte. Etwas Rotes breitete sich auf dem Kissen aus und beschmutzte es. Es würde die Hölle sein, diese Bettwäsche wieder sauber zu bekommen.
    Sie entdeckte Lily in der Durchgangstür zwischen den beiden Zimmern, und sie sah aus, als würde sie schreien. Jedenfalls bewegte sich ihr Mund, wenngleich Jena keinen einzigen Laut hörte. Sie saß da und wartete, ohne sich auch nur zu fragen, was als Nächstes geschehen würde.

kapitel 26
    »Ich muss unbedingt einen Countrysender finden«, sagte Betsy, als sie das Radio einschaltete. »Ich kann nicht einfach hier rumsitzen und nichts weiter tun, als mir Sorgen um Lily machen. Wie lange noch, glaubt ihr?«
    »Hör auf, Betsy«, erwiderte ich. »Du kennst diese Straße ebenso gut wie ich. Wir sind gerade erst an Goldboro vorbei. Wir brauchen mindestens noch zwei Stunden.« Betsy hatte die bisherige Fahrt damit zugebracht, Hasstiraden auf Jerry schwingen, und sie war nicht die Einzige, die eine Pause davon brauchte. Mandy saß mit geschlossenen Augen gegen das Fenster gelehnt auf der Rückbank, und ich dachte, dass selbst Josie, mein geliebtes Auto, genug davon hatte.
    Mein Handy klingelte, und ich ging ran.
    »Breeze. Hier ist Carl. Wir haben Leroy Collins gefunden.«
    »Tot?«, fragte ich.
    »Sehr. Ein Fischer hat ihn heute am frühen Morgen rausgezogen. Die Krabben waren an ihm dran, aber nicht allzu schlimm. Wir bekommen die DNA, um es zu bestätigen, aber er sieht seinem Foto noch immer ähnlich genug, dass es nur eine Formalität sein sollte. Er ist
es ganz sicher. Aber zu meinem Bedauern haben wir von Lily keine Spur gefunden.«
    »Liebe Güte, Carl. Ich hätte Sie anrufen sollen. Ich weiß nicht, wo ich meinen Kopf hatte. Wir haben heute Morgen ein paar E-Mails von Lily an ihre Mutter entdeckt, beziehungsweise an jemand, den sie für ihre Mutter hielt. Wir glauben, dass ihr Stiefvater dahintersteckt. Er schlägt ihre Mutter, deshalb war Lily bei mir. Er hat sie ausgetrickst, damit sie …«
    Ich hörte Betsy einen Schrei ausstoßen. Ich sah zu ihr und sah Fassungslosigkeit auf ihrem Gesicht. »Sie ist in Raleigh«, sagte ich zu Carl. »Davon gehen wir zumindest aus. Ich muss jetzt aufhören. Betsy ist wegen irgendwas ganz außer sich. Ich rufe Sie zurück.« Ich legte auf und wandte mich Betsy zu.
    »Was?«, fragte ich »Was ist …?«
    »Schscht.« Sie drehte das Radio lauter.
    … wurde Mrs Jensen in dem Motelzimmer neben ihrem toten Ehemann sitzend aufgefunden, nachdem ein anderer Gast den Schuss gehört und die Polizei verständigt hatte. Polizeilichen Quellen zufolge soll sie bisher nicht gesprochen haben, und man geht davon aus, dass sie psychisch krank sein könnte. Die dreizehnjährige Tochter des Paars war bei ihnen, in einem angrenzenden Zimmer.
    Auch ich starrte jetzt das Radio an, dann sah ich schnell hoch. Ich war halb von der Straße abgekommen. »Oh, mein Gott«, sagte Betsy. »Sie hat ihn erschossen. Sie hat den Mistkerl erschossen.«
    »Ich kann es nicht glauben.« Und das konnte ich
wirklich nicht. »Lieber Himmel, wo mag Lily jetzt sein?«
    Mandy lehnte sich nun nach vorn. »Das ist er? Ihr seid euch sicher?«
    »Ja, das ist er«, bestätigte ich. »Er muss es sein. Wie viele Jena Jensens waren letzte Nacht wohl mit ihren dreizehnjährigen Töchtern in einem Motel in Raleigh?« Wir alle starrten das Radio an, aber der Sprecher war zu einem anderen Thema übergegangen.
    »Sucht einen anderen Sender«, sagte Mandy von hinten. »Vielleicht schnappen wir noch etwas
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