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Wenn der Acker brennt

Wenn der Acker brennt

Titel: Wenn der Acker brennt
Autoren: Brigitte Maerker
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Amatas Grab stand, um von ihr Abschied zu nehmen, hob die Kette auf, die Christine verloren hatte, und schaute abwartend zu Jeremias. Wahrheit oder Rache? Wofür würde er sich entscheiden?
    »Es war ein Unfall«, sagte er.
    »Und welche Art von Unfall soll das gewesen sein?« Burger sah auf die Pistole, die Rick neben dem Verletzten abgelegt hatte.
    »Hast du ein Aufnahmegerät bei dir?«
    »Der Krankenwagen ist da«, unterbrach sie Toni Renner, während er den Sanitätern winkte, die mit einer Trage angerannt kamen.
    »Zur Seite, bitte, machen Sie Platz, ich kümmere mich um den Verletzten.« Ein blonder junger Mann in roter Notarztjacke und mit dem Notfallkoffer in der Hand schob Christine und Toni Renner zur Seite. Gleich darauf knieten er und seine beiden Kollegen neben Jeremias, überprüften Puls und Blutdruck und verbanden die Wunde.
    »Was wird das?«, fragte Christine, als Josef Kreitmüller Rick am Arm packte und von Amatas Grab wegzog.
    »Nur Routine, ich muss seine Zeugenaussage aufnehmen. Der Franz wird sich dann um deine und um die von Jeremias kümmern.«
    »Es tut mir leid, Christine«, sagte Rick und streichelte ihr im Vorübergehen zärtlich über das Haar.
    »Was tut dir leid?«, rief sie ihm nach, aber er drehte sich nicht mehr um.
    Es hört nicht auf, dachte Rick, die Toten werden uns niemals in Ruhe lassen. Er fühlte sich unendlich müde. Christine und er, vielleicht hatten sie keine gemeinsame Zukunft, sondern nur eine gemeinsame Vergangenheit.
    »Er wird zurückkommen. Er kann von den Lachner-Frauen nicht lassen, darin sind wir uns sehr ähnlich«, sagte Jeremias, als die Sanitäter ihn auf die Trage hoben. »Bleib, Christine«, bat er, als sie sich abwenden wollte.
    »Warum? Ich empfinde nichts für dich.«
    »Das erwarte ich auch gar nicht. Ich bitte dich nur, jetzt bei mir zu bleiben. Ob es dir gefällt oder nicht, ich bin dein Vater. Dieses Leben hat mir ein unerwartetes Abschiedsgeschenk offeriert. Nimm es mir nicht fort.«
    Obwohl sie sich dagegen wehrte, flackerte plötzlich so etwas wie Mitgefühl in ihr auf. Was Jeremias auch getan hatte, sie war ein Teil von ihm. Vielleicht hatte das Schicksal allein diesen kurzen gemeinsamen Weg für sie beide vorgesehen. »Gut, ich bleibe«, gab sie seinem Wunsch nach, weil es sich richtig anfühlte.
    »Franz, ich möchte, dass du mit uns im Krankenwagen fährst. Ich habe dir einiges zu sagen«, wandte sich Jeremias an Burger, als die Sanitäter mit der Trage losliefen.
    Nachdem Rick seine Aussage auf dem Polizeirevier gemacht hatte, ließ Kreitmüller ihn ziehen, bat ihn aber, sich wegen seiner Verletzungen sofort in ärztliche Behandlung zu begeben. Rick hatte das ohnehin vorgehabt. Was auch immer geschehen war, er hatte nicht vor, die letzten Auftritte mit der Band zu gefährden.
    Er hatte Johann angerufen, der sich noch in Garmisch im Hotel aufhielt. Der Freund hatte sich gleich auf den Weg gemacht und wartete jetzt mit Limousine und Chauffeur vor dem Polizeirevier. Johann schwieg, als Rick mit regloser Miene einstieg und dem Chauffeur das Zeichen gab, loszufahren. Er ließ ihm Zeit, um die richtigen Worte zu finden.
    »Ich habe mich den Dämonen gestellt, aber ich konnte sie nicht besiegen«, sagte Rick endlich, als sie Sinach längst hinter sich gelassen hatten.
    »Doch, du hast sie besiegt. Es dauert nur eine Weile, bis du es begreifst.«
    »Ich habe ihren Vater tödlich verletzt, Johann«, fasste Rick kurz zusammen, was passiert war.
    »Rimbar hat es richtig wiedergegeben – es war ein Unfall.«
    »Mag sein, aber es sind immer die Toten, die Christine und mich verbinden werden.« Rick betrachtete die Kette, die er an Amatas Grab aufgehoben hatte, und ließ sie zärtlich durch seine Finger gleiten.
    »Die Toten haben auch etwas Gutes. Ihre Geister werden euch beide beschützen.« Johann betrachtete den blauen Anhänger mit dem Edelweiß. Amatas Kette, Christines Kette.

42
    Eine Stunde nachdem Jeremias ins Krankenhaus eingeliefert wurde, starb er. Christine saß neben seinem Bett und blieb bei ihm, bis es vorbei war. Franz Burger war mit ihnen im Krankenwagen gefahren, und Jeremias hatte ein umfassendes Geständnis abgelegt. Burger hatte ihr erklärt, dass die meisten Mörder an der Schwelle des Todes ihre Schuld eingestehen in der Hoffnung, ihr Gewissen auf diese Weise zu erleichtern. Christine hatte ihm den Ring gegeben, den Burger sofort als Judith Bischoffs Ring identifizierte, nachdem er das eingravierte Datum gelesen hatte:
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