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Wem die Stunde schlaegt

Wem die Stunde schlaegt

Titel: Wem die Stunde schlaegt
Autoren: Ernest Hemingway
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was für eine Orgie sie gefeiert haben. Ich ging dem Lärm nach, aber da waren sie verschwunden. Dann bin ich den Spuren im Schnee gefolgt, und hoch oben habe ich sie zusammen erwischt und sie beide erschlagen. Fühl nur, wie fett sie sind, für diese Jahreszeit. Denk, was Pilar aus den beiden machen wird! Es tut mir leid, Roberto, genauso leid wie dir. Ist der Reiter tot?«
 »Ja.«
 »Hast du ihn erschossen?«
 »Ja.«
  »¡Qué tío!« sagte der Zigeuner mit unverhohlener Bewunderung. »Du bist ein richtiges Phänomen.«
 »Deine Mutter!« sagte Robert Jordan. Unwillkürlich mußte er lächeln. »Trag deine Hasen ins Lager und bring uns was zum Frühstück.«
 Er streckte die Hand aus und befühlte die Hasen, die im Schnee lagen, lang ausgestreckt, schlaff, schwer, mit dickem Pelz, dicken Pfoten und langen Ohren, die runden dunklen Augen geöffnet.
 »Sie sind fett«, sagte er.
 »Fett!« sagte der Zigeuner. »Jeder hat eine Tonne Speck auf den Rippen. In meinem Leben habe ich mir von solchen Hasen nichts träumen lassen.« »Dann geh!« sagte Robert Jordan. »Und beeile dich mit dem Frühstück und bring mir die Dokumente dieses requeté mit. Laß sie dir von Pilar geben.«
 »Du bist nicht böse auf mich, Roberto?«
 »Nicht böse. Empört, daß du deinen Posten verlassen hast! Nimm an, es wäre ein ganzer Trupp gekommen?«
  »Rediós«, sagte der Zigeuner. »Wie vernünftig du bist!«
 »Hör zu! Man darf nicht so einfach seinen Posten verlassen. Unter keinen Umständen. Ich spreche nicht nur zum Spaß vom Erschießen.«
 »Natürlich nicht. Und was ich noch sagen wollte! Nie wieder wird sich eine solche Gelegenheit bieten wie mit diesen zwei Hasen. So was kann ein einzelner Mensch nicht zweimal erleben.«
  »¡Anda!« sagte Robert Jordan. »Und komm schnell zurück.«
 Der Zigeuner hob die zwei Hasen auf und schlüpfte zwischen den Felsen davon. Robert Jordan blickte auf die offene Fläche hinaus und den Hügelhang, der sich talwärts senkte. Zwei Krähen kreisten über seinem Kopf, setzten sich dann auf eine Kiefer, ein Stück weiter unten am Hang. Eine dritte Krähe gesellte sich zu ihnen, und Robert Jordan dachte: Das sind meine Wachtposten. Solange sie sich still verhalten, kommt niemand durch den Wald.
 Der Zigeuner, dachte er. Er taugt wirklich zu nichts. Er ist politisch unentwickelt, kennt keine Disziplin, und man kann sich in keiner Beziehung auf ihn verlassen. Aber ich brauche ihn für morgen. Morgen kann ich ihn verwenden. Es ist sonderbar, einen Zigeuner im Krieg zu sehen. Man müßte sie vom Kriegsdiens t befreien wie die religiösen Kriegsdienstverweigerer oder wie die körperlich und geistig Untauglichen. Sie sind unbrauchbar. Aber schließlich hat man ja in diesem Krieg auch die Kriegsdienstverweigerer nicht freigegeben. Keinen hat man freigegeben. Der Krieg hat jeden einzelnen und alle gleich gepackt. Na, jetzt hat er auch diese faule Bande gepackt. Jetzt haben sie ihn. Agustín und Primitivo kamen mit den Zweigen heran, und Robert Jordan errichtete eine gute Schutzdecke, die das MG der Sicht von oben entzog und die, vom Wald aus gesehen, durchaus natürlich wirken mußte. Er zeigte ihnen eine Stelle hoch in den Felsen zur Rechten, wo sie einen Mann hinpostieren sollten, der von dort aus das tiefere Gelände und die rechte Flanke überblicken konnte, und einen Platz für einen zweiten Posten, der die einzige Stelle beherrschte, wo von links her die Felswand für den Gegner zu bewältigen war.
 »Wenn du jemanden herankommen siehst, sollst du nicht schießen«, sagte Robert Jordan. »Laß einen Stein herunterrollen, einen kleinen Stein, und gib uns dann mit deinem Gewehr ein Signal, so!« Er hob das Gewehr über seinen Kopf, wie um sich zu decken. »So gibst du die Anzahl an!« Er hob und senkte das Gewehr. »Wenn sie abgesessen sind, dann richte die Mündung nach unten. So! Du darfst nicht eher schießen, als bis du die máquina feuern hörst. Und wenn du aus der Höhe Feuer gibst, mußt du immer auf die Knie zielen. Wenn du mich zweimal mit dieser Pfeife Signal geben hörst, dann schleichst du dich hierher zu der máquina, aber ohne deine Deckung aufzugeben.«
 Primitivo hob sein Gewehr in die Höhe.
 »Ich verstehe«, sagte er. »Es ist sehr einfach.«
 »Verständige uns zuerst durch einen kleinen Stein und gib uns dann die Marschrichtung und die Anzahl an. Achte darauf, daß du nicht gesehen wirst.«
 »Ja«, sagte Primitivo. »Und wenn ich eine Handgranate
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