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Weltgericht

Titel: Weltgericht
Autoren: Karl Bleibtreu
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Vertheidigung?
    BIRON. Nichts als: lieber heut als morgen sterben.
    BARRAS. Gewährt.
Winkt dem Gensdarmen.
Sofort zum Richtplatz!
    BIRON. »Kopf ab!« Das ist Alles, was ihr zu sagen habt, und Das
Dreht ihnen den Rücken.
was ich dazu sage! – Na, alter Sünder, wo wartet dein Charonskarren? – Gesegnete Mahlzeit!
Wird links abgeführt. Barras klingelt.
    COLLOT
näselt.
Geköpft, aber immer elegant!
Katharine
Theos von Hintergrund rechts tritt ein, Greisin, phantastisch gekleidet.
    BARRAS. Katharine Theos, »Abgesandte Gottes« –
Sie wankt.
Ist Dir nicht wohl?
    THEOS. Bald wird mir wohl sein.
    BARRAS. Geständig fanatischen Aberglaubens?
    THEOS. Spart euren Athem! Gott sei gepriesen, der mich des Martyriums würdig fand!
    BARRAS. Papperlapapp! Du betriebst 'n blühendes Geschäft in Schwindel und schwungvollen Handel mit Hokuspokus! Das nennt sich Theosophie!
    TALLEYRAND. Na, ältliche Maria Magdalena, wo hängt dein spindelbeiniger Robespierre? Futsch ist der ganze Kultus, heidi!
    THEOS. Ungläubiger, was ich geweissagt, ist wahr. Wer der Erwählte, sagte mir keine Stimme.
    COLLOT
feierlich.
Kinder, es geschehen noch Zeichen und Wunder! Wie wär's, wenn wir mal hohepriestern ließen?
    BARRAS
lacht.
Geprüfte Seherin, lege uns Karten! Mach' Kunststücke vor! Was ist deine Wahrheit?
    COLLOT
beschwört theatralisch.
»Erschein', erschein', erscheine hier! Den du im Geist geschaut, verlangt nach dir!«
    THEOS
spricht mit gellender Stimme, verzückt.
Die Kanone grollt.
    BARRAS
spöttisch.
Das thut sie schon lange.
    THEOS. Hört ihr Posaune Jerichos?
    TALLEYRAND. Wir sind schwerhörig.
    THEOS. Menschen, was seid ihr?
    TALLEYRAND. Zweibeinige Hammel.
    THEOS. Seid ihr Wesen, seid ihr nur Schatten? Spurlos, ziellos huscht ihr dahin.
    COLLOT. Na, die Blutspur ist doch recht deutlich.
    THEOS. Ein schwarzer See um uns her, schlägt über uns zusammen ... der Tod.
    TALLEYRAND. Herrje, die Neuigkeit! Zu so viel Geist citirst du Geister?
    BARRAS. Die haben ja ihren Geist aufgegeben, verstehst de!
    THEOS. Aus weltferner Aetherhöh' strahlt ein matter Stern. O Uebernatürliches, das uns zu Häupten schwebt, was bist du?
    BARRAS
giebt Collot einen Nasenstüber.
Ja, das möchtest du wohl wissen!
    THEOS. Die Wunder sind deine ahnungsvollen Schatten.
    TALLEYRAND. Sehr schattenhaft! Zeig' mal erst die Wunder!
    COLLOT
theatralisch nachäffend.
O meine Ahnung!
    THEOS. Das Genie ist ein Funke vom Quell des ewigen Lichts!
    BARRAS. Genie! So was giebt's ja gar nicht!
    COLLOT. Los, daß die Funken stieben! Jetzt ist sie im Zuge!
    THEO. Die kalte Vernunft betet ihr an, ihr Narren? Diese große Zeit, die uns schaukelte auf Sturmeswogen, war sie ein Werk des rechnenden Verstandes?
    BARRAS
cynisch lachend.
Oho, wir rechneten genug! Siehe die Staatskasse!
Spitzt Talleyrand Tinte ins Gesicht.
    TALLEYRAND. Das muß wahr sein, du hast Dich manchmal verrechnet .. aber nie zu deinem Schaden.
    THEOS. Des Schicksals Finger zeichnet die Gnadenwahl geheim in die Seele, nicht auf die Stirn, wo jeder Kurzsichtige es sehen könnte. Eine ganze Zeit, verkörpert sich im Unbekannten, Unscheinbaren, Ungeahnten! Er kommt, der Gewaltige des Herrn, die unsichtbare Idee neben ihm schreitend.
In die Ferne.
Du bist das letzte Wort der Revolution, wird man es lesen können? Vorwärts, Oedipus, sprich das letzte Wort, auf daß die Sphinx sich in den Abgrund stürze!
Sehr laut.
Das letzte Wort, Kaiser des Geistes!
    DIE DREI
grimmig.
Kaiser?!
    BARRAS. Was haben wir mit Geist zu schaffen! – Brauchen wir weiter Zeugniß?
Klingelt, der Gensdarm tritt ein.
Zum Block!
Theos links abgeführt.
Das sind ja lauter Rebusse!
Klingelt. Lenchen
Duplay tritt ein, von Hintergrund rechts.
    BARRAS
nach kurzer Musterung.
Dein Name?
    LENCHEN
einfach und bescheiden.
Lenchen Duplay.
    BARRAS
lauernd.
Du bist die Bürgerin Duplay, Tischlerstochter, mit welcher Ex-Diktator Robespierre lebte?
    LENCHEN
aufhorchend.
Ex-Diktator? Was heißt das? ... Ja, Bürger Präsident, und bei uns lebt der gute Bürger Robespierre.
    TALLEYRAND. So, lebt er? – Der gute Bürger Robespierre hat wohl auch Dich in seine Pläne eingeweiht?
    LENCHEN
verblüfft.
Ich dummes Ding! Der große Mann wird mir seine Pläne ...
Traurig.
Ach, er, der so einsam und verschlossen ist! Ich möchte ja wohl ... o so gern ... wenn er mir was anvertrauen wollte, o das würde ich still verwahren wie einen heiligen Schatz ...
Naiv.
Ja, das könnt Ihr mir glauben, Bürger ...
    BARRAS. Hm. Hast Du viel mit ihm verkehrt?
    LENCHEN.
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