Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Weltgericht

Titel: Weltgericht
Autoren: Karl Bleibtreu
Vom Netzwerk:
Elenden! Einen Künstler wie mich! Mit dieser Stimme, dieser Haltung!
    DANTON
ernsthaft, bedauernd.
Du, der geborene Komödiant!
    THEROIGNE
ebenso.
Der schon im täglichen Leben sich wie auf der Bühne bewegt!
    COLLOT. Nicht wahr? O geniale Köpfe wie Ihr verstehen mich. Aber sie, die Krämer, die Heringsseelen ... Ich spielte Tamerlan den Großen ... mein Benefiz ... grandios, gigantisch ...
Mit Pose, den Arm ausreckend.
    DANTON
immer ernsthaft, ihn nachahmend.
So! ... So wie Du eben bist!
    COLLOT
mit Würde.
Just so ... wie ich bin. Und sie ... sie haben gelacht ...
Schluchzt.
über Collot d'Herbois, diese Zierde der gallischen Bühne!
Furchtbar ausbrechend mit geballten Fäusten.
Ich will euch weinen lehren.
    DANTON
immer trocken, überlegen.
Wer zuletzt lacht, lacht am besten. Du wirst die Bühne Lyons noch einmal betreten ... als Tamerlan der Große.
    COLLOT
mit kindisch wahnsinnigem Gekicher.
Da brauch' ich keinen Souffleur ... als Ober-Regisseur der ganzen Inscenirung ...
    THEROIGNE. Dein Stichwort kennst Du wohl, wie?
Macht die Gebärde des Dolch-Stoßens und dann des Kopf-Abschlagens.
Ritsch, ratsch! Vorhang fällt.
    COLLOT
fällt ihr zu Füßen.
O Theroigne, göttliche Muse! Du verstehst mich ganz. Gieb mir den Schwesterkuß, o Edelste der Frauen!
    THEROIGNE. Da, Schmachtlappen!
Küßt ihn.
    DANTON
brummt.
Immer zu! Ich erlaub's!
    COLLOT
plötzlich ruhig, steht auf.
Wer wird die Armee führen?
    DANTON. Vielleicht Ronsin ...
    COLLOT
hastig.
Ach, nur Ronsin! Ich bitt schön! Der arme Kerl! War nämlich dramatischer Dichter ...
    DANTON UND THEROIGNE. Ach du lieber Gott!
    COLLOT. Und seine Tragödien, seht ihr ... unter uns, ein rechtes Gesudel, aber das schadet nichts ...
    DANTON
ernsthaft.
Das Talent ist ein aristokratischer Unfug.
    THEROIGNE
ungeduldig.
Und Ronsin's Tragödien fielen wohl durch, he?
    COLLOT
salbungsvoll.
In Lyon. Hihihi, faule Aeppel und Eier ... nein, das ist mir noch nie passirt ... ... ach, der arme Ronsin!
    DANTON
notirt.
Genug, Ronsin ist Chef der Revolutionsarmee gegen Lyon. Seine besondere Befähigung für diese Aufgabe ist erwiesen.
    COLLOT. Ich der arme Ronsin ... wir geben unser Benefiz ... hoho, für effektvolle Aktschlüsse sorg' ich schon ... es bleiben Leichen genug auf der Bühne liegen ... man wird uns Beifall klatschen von allen Gallerien ...
Tanzt wie verrückt umher, trällert. Draußen Kanonenschuß.
    ALLE. Das Massacre beginnt!
    DANTON. Ist der Offizier draußen, den ich herbefahl?
    THEROIGNE. Er wartet seit einer Stunde.
    DANTON
winkt.
Theroigne und Collot nach Hintergrund rechts ab. Danton setzt sich an den Schreibtisch links und kramt in Papieren. – Hoche tritt von dort ein, in schlichter Uniform.
    DANTON
ohne aufzusehen.
Hauptmann Hoche?
    HOCHE. Der bin ich.
    DANTON
wie oben.
Fünfundzwanzig Jahre alt?
    HOCHE. So ist's.
    DANTON. Ein schönes Alter. Die Söldner der Tyrannen gehorchen sechzigjährigen Eseln. – Armer Leute Kind? Sohn eines Hundewärters?
Sieht plötzlich Hoche an.
Siehst nicht so aus, vornehmes Herrchen! Doch das soll Dir bei uns nichts schaden. Die Republik bedarf der Jugend, sie ist selber jung.
Sturmläuten hinter der Scene, verwirrtes Geschrei.
    HOCHE
horcht auf.
Bartholomäusnacht?!
    DANTON. Pah, pah! Nur etwas Verjüngung. Man läßt zur Ader.
Plötzlich aufspringend.
Habe keine Zeit mehr. Mach', daß Du zur Armee kommst. Da!
Reicht ihm ein Papier.
Adieu!
    HOCHE
betreten.
Bürger Minister, ist das Alles, weswegen Du mich rufen ließest?
    DANTON. Ach so, er ahnt noch nichts. Da
Er hebt ein Manuskript vom Pult auf.
ist Deine neuliche Denkschrift über die matte Kriegführung. Sag's noch mal in zwei Worten!
    HOCHE
eifrig.
Massen bilden. Wir verzetteln unsre Kräfte. Vorwärts, in große Armeen vereint! Die Defensive verdirbt uns. Hindernisse? Die giebt es nicht.
    DANTON
majestätisch die Hand in der Brustöffnung.
Genug, mein Lieber. Du hast meine Intentionen mit Klarheit und Verständniß erfaßt. – Du bist Generalissimus.
    HOCHE
erregt.
Bürger Danton, Scherz oder Ernst?
    DANTON. Ich scherze nie, gilt es das Wohl der Republik. Lies doch! Du hältst das Dekret in Händen.
    HOCHE
liest.
Danton, wie soll ich Dir danken!
    DANTON. Durch einen Sieg. Deine Vorgänger benahmen sich unwürdig, verstanden nicht zu siegen – Kopf ab! Und Du, willst Du den Deinen wagen?
    HOCHE
fest.
Ich will. Sollten wir auch dabei ertrinken, laßt uns waten durch's rothe Meer!
    DANTON
schiebt ihn jovial zur Thür hinaus.
Bravo, mein Junge! Siege, siege – oder
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher