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Weltgericht

Titel: Weltgericht
Autoren: Karl Bleibtreu
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sein? Ich habe nichts als meinen Degen.
Aufflammend.
Ich will Dir einen Ruhm bringen, so leuchtend, so glühend, daß seine Strahlen auch Dich verklären sollen.
    JOSEFINE
träumerisch.
Auch mich verklären sollen? ... Du sonderbarer Kauz mit Deiner lächerlichen Sicherheit!
    BONAPARTE
umschlingt sie mit wilder Leidenschaft.
Deine Augen machen mich unwiderstehlich. ... Heut' die Hochzeit, morgen in's Feld!
    JOSEFINE. Heut? Aber ... ich sagte noch nicht ... Ja!
    BONAPARTE. Doch! Du blicktest es, Bürgerin Bonaparte. ... Man muß der Mann seines Schicksals sein.
    JOSEFINE
an ihn geschmiegt.
Und auch ein wenig der Mann seiner Frau. Wie ungalant. Morgen schon fort?
    BONAPARTE. Und Du hier allein? Barras ...
Dumpf.
Fürchte den Dolch Othellos!
    JOSEFINE. Ist er drollig! So bleib!
    BONAPARTE
finster.
Wir tragen Macbeths Dolch im eigenen Busen. Er funkelt vor uns her ... zu Mord oder Selbstmord, zu Sieg oder Untergang!
Kalt, trocken.
Ein Danaergeschenk ... man will mich los sein. An der Armee scheint nichts mehr zu verderben, eine meuternde Lumpenbande, ein verlorener Posten.
Ballt die Faust.
Ah, ich will euch, ihr Rechenmeister!
    JOSEFINE. Was willst Du thun?
    BONAPARTE. Alles. Falsch ist die Algebra der Wirklichkeit, ihr fehlt das unbekannte X ... da oben.
Blickt visionär in die Höhe.
    JOSEFINE
scheu, zweifelnd.
Höhere Mathematik?!
    BNAPARTE
vor sich hin.
Mailand ... die Alpen ... querdurch nach Wien! Schmettre, Fanfare, bis an's Ende der Erde!
    JOSEFINE. Die Ouverture einer Heldenoper? Wirst Du sie dann noch hören, meine arme Stimme?
    BONAPARTE
in's Weite starrend.
O, sie klingt süß, die Stimme meiner Legionen ... so süß wie Deine Stimme!
    JOSEFINE. »Legionen«?! Bist Du schon Imperator?
    BONAPARTE. Ich bin, der ich bin.
     
    Durch die Mittelthür stürzen Murat, Duroc, Junot herein, mit geschwungenem Degen, jubelnd.
     
    MURAT. Hoch die Armee von Italien! ... General-en- Chef, ich melde mich zum Dienst!
    JUNOT. Wir Alle! Auf nach Italien!
    DUROC. Endlich die Sonne!
    MENOU
durch die Mitte mit lärmenden Soldaten, die eine Fahne schwingen.
Gratulire ... gratulire! ... Sieh' Dein Feldzeichen!
    BONAPARTE
zur Fahne hin.
O Trikolore, Du birgst in Deinen Falten den Donner künftiger Schlachten, den blitzenden Keil des Jupiter! ... Nichts mehr vom gallischen Hahn! Das ist ein Prahler, der auf dem Miste kräht: ich, Franzosen, ich bringe euch den Adler!
Jubelnde Zustimmung, Trommelwirbel.
    MURAT. Vorwärts mit Trommelschall! Unser Sturmmarsch soll Europa über den Haufen rennen!
    JUNOT. Was will denn dies Oesterreich? Wir werden es von der Landkarte wischen!
    MENOU. Wir werden Rußland hinter die Wolga werfen!
    JUNOT. Nieder mit England! Es werde ausgemerzt!
    JOSEFINE
begeistert.
Auf der Adler zur Sonne der Weltherrschaft!
Sie umarmen sich enthusiastisch im Hintergrunde.
    BONAPARTE
kalt, unbeweglich vorn zu Josefine.
Phantasten! So sind die Menschen! Da sehen sie schon den Zauberpalast ... »Tausend und eine Nacht!« Ja, in tausend Nächten wird man ihn zimmern ... Stein auf Stein, vulkanischer Granit, bis in die Wolken!
    JOSEFINE
angstvoll auf ihn starrend.
Thurmbau zu Babel?! Mir graut.
    BONAPARTE
fest.
Nimrod, der Gewaltige des Herrn ... der Löwe jagt, die Zeit der Marder ist vorüber.
    MURAT
zu Bonaparte heran, eifrig, halblaut.
Und reingekehrt mit solchem Besen
Degen schüttelnd.
die ganze Bude hier!
    DUROC
ebenso.
Die Fuhrmannskneipe, wo man um Trinkgelder balgt!
    MENOU
ebenso, geziert.
Die Lotterbuben, die subalternen Wühler! Barras ... der taugt zu gar nichts als zum Steuereinnehmer!
    JUNOT. Amtswohnung in Cayenne ... auf der Teufelsinsel!
    BONAPARTE
verächtlich vor sich hin.
So sind die Menschen. Der Erfolg ist ihr Gott. Doch nicht der meine.
Weiter nach vorn.
    JOSEFINE
rechts neben ihm.
Die Republik? Ein Märchen! Es war einmal. Zermalme, erwürge sie, die »große« Revolution!
    BONAPARTE
kalt, unbeweglich, ganz vorn an der Rampe.
Das wirft den Ocean mit Steinen! Die kaum des Forschers Senkblei je erreicht, was wisset ihr von Meeretiefe und was, ihr Blinden, wisset ihr von Mir? Ich weiß, woher ich kam, wohin ich gehe ... Die Revolution und Ich, wir sind nur eins. Das Welt gesetz das ist das Welt gericht.
Laut, sich aufrichtend.
Ein Größerer denn ich ist über mir: wer sich von Ihm gerufen fühlt, kann nicht widerstehen.
Er steht ruhig da in blendendem Sonnenglanz.
     
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