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Welskopf-Henrich, Liselotte - Das Blut des Adlers 4 - Der siebenstufige Berg

Welskopf-Henrich, Liselotte - Das Blut des Adlers 4 - Der siebenstufige Berg

Titel: Welskopf-Henrich, Liselotte - Das Blut des Adlers 4 - Der siebenstufige Berg
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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sich gewünscht hatte: Eine indianische Frau schabte eine Büffelhaut rein. Es war in einfacher großzügiger Art mit wenigen Farben gemalt. Eine Indianerin bei der Arbeit. Die Frau glich Tashina. Sie hatte sich selbst gesehen, wie sie die große Büffelhaut für Inya-he-yukan bereitete. Joe dachte, daß es das schlichteste und beste aller Bilder sei, die seine Frau geschaffen hatte, und er wollte ihr das sagen, sobald sie zu ihm in das Blockhaus kam.
    Tashina war mit Hugh Mahan in das gelbe Haus gegangen, um Magasapa zu begrüßen. Von ihrer Herzschwäche und einem erneuten Blutverlust wußte Hugh schon, als er in das Zimmer eintrat. Magasapa lag auf der Couch, sorgfältig gebettet, so wie Tashina sie verlassen hatte. Elwe saß bei ihr. Es brannte wieder eine Kerze.
    Hugh Wasescha sah das bleich und unbeweglich gewordene Antlitz seiner Frau und verstand, was geschehen war. Elwe und Tashina verließen leise den Raum.
    Lang blieb Hugh Wasescha allein mit Cora Magasapa, deren Augen sich nie mehr auftun und deren Lippen nie mehr sprechen würden. Er hatte nicht bei ihr sein können, als sie starb, und er kniete nieder und weinte um das Schwarze-Wildgans-Mädchen, das er sieben Jahre lang gesucht und endlich gefunden hatte. Sieben Monate waren sie beieinander und glücklich gewesen. Zweimal in ihrem Leben waren sie ganz eins geworden. Aber Wasescha hatte kein Kind, aus dem ihn Magasapa neu hätte begrüßen können.
    Sie hätte gerettet werden können, aber sie war nicht gerettet worden.
    Er setzte sich zu Magasapa.
    Magasapa war mehr gewesen als seine Frau, die nach einer langen Frostzeit an seiner Seite wieder erwacht war und scheu neben ihm gelebt hatte, bis die Nacht des Tanzes und der alten Wälder gekommen war. Sie war sein mächtiger Traum gewesen in den Jahren der Entbehrung, der Demütigungen und des Gefangenseins.
    Sie war sein Wunder gewesen, das ihn aus der Verzweiflung unter Wymans Knute herausgerissen hatte und seine Kräfte wieder lebendig werden ließ. Er war ein Mensch geblieben, weil ihm ihre Schreie gegen die Ungerechtigkeit in den Ohren geklungen hatten, ohne daß er sie je gehört hatte. Man hatte sie zerbrochen, ihn nicht. Mit ihrem Gefühl, das unversehens wie eine Quelle hervorbrach und ausströmte, war sie aller Liebe wert und allen Angriffen offener gewesen als Hughs gestraffte, nicht leicht zu überwindende Abwehrhaltung. Hugh Wasescha stützte den Kopf in die eine Hand, die er gebrauchen konnte. Er murrte nicht gegen Schicksal und Zufall, er klagte sich nicht an, daß er Cora Magasapa aus dem Eisland geholt habe, um sie in der Prärie sterben zu lassen. Er wußte, daß er sie ein zweites Mal mitgenommen hätte und daß sie ihm ein zweites Mal gefolgt wäre. Er klagte Eivie nicht an, denn niemand vermochte über die ihm gegebene Kraft hinaus zu wirken. Ein Traum hatte sich vollendet. Ein Mensch war gegangen, die Spur blieb.
    Hugh Wasescha deckte die Tote sacht und sehr langsam zu und blieb weiter an ihrem Lager.
    Am Morgen sammelten sich alle um ihn und trauerten mit ihm um Magasapa. Elwe sagte noch einmal ihre letzten Worte: »Grüßt Wasescha, wenn er heimkommt.«
    Inya-he-yukan und Wasescha gingen noch miteinander durch die Wiesen, einen Weg, den sie schon einmal gegangen waren. Sie erinnerten sich dabei daran, wie Wasescha an jenem Abend zum erstenmal zu Inya-he-yukan von Magasapa gesprochen hatte. Sie waren beide erschöpft, und es mußte in ihnen erst etwas auf den Grund sinken, ehe sie zur Ruhe kommen konnten. Sie sprachen darum nicht miteinander, sondern dachten füreinander.
    Endlich ging Joe zu den Pferden, die ihn aufgeregt begrüßten. Hanska erzählte ihm, auf welche besondere Weise jedes Tier um seinen Reiter getrauert hatte.
    Hugh suchte das Zelt auf und blieb bei den Kindern, zu denen sich Wakiya, Elwe und Tatokala gesellten. Er verbarg seine Schmerzen und berichtete von der Versammlung, von seiner Haft, von dem Prozeß, von seiner Freilassung, bei der man ihn verhöhnt hatte. Wakiya richtete für Hugh eine der altindianischen Rückenstützen, die sowohl als Sitz- wie als Schlafstützen gebraucht werden konnten: einen verstellbaren Dreifuß, an dem eine lange Decke herunterhing. Hugh legte sich und fühlte die Erleichterung. Er dankte Wakiya mit einem Nicken und bat ihn, sich neben ihm niederzulassen. Wakiya schlang die Arme um die Knie und kauerte bei Wasescha so, wie er tagelang bei den Gräbern gesessen hatte. Er kehrte zu den Lebenden zurück.
    Am folgenden Tag brannte die
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