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Wellenbrecher

Titel: Wellenbrecher
Autoren: Minette Walters
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zu schauen. Das Wetter war unverändert schön, und die Hitze, die von dem aufgeheizten Wagendach zurückstrahlte, wärmte sein Gesicht. Er ging den Weg hinauf zu Angela Sumners Tür, läutete und wartete, bis er das Klappern der Sicherheitskette im Inneren des Hauses hörte.
    »Guten Tag, Mrs. Sumner«, sagte er, als sie ängstlich durch den Türspalt spähte. »Wenn ich nicht irre, ist Ihr Sohn bei Ihnen.« Er wies auf das geparkte Auto. »Kann ich ihn sprechen?«
    Seufzend hakte sie die Kette auf und öffnete die Tür. »Ich wollte Sie anrufen, aber er hat den Telefonstecker rausgezogen, als ich den Vorschlag machte.«
    Galbraith nickte. »Das ist also die Erklärung. Wir haben nämlich mehrmals erfolglos versucht, Sie zu erreichen. Schließlich bin ich einfach auf gut Glück losgefahren.«
    Sie wendete ihren Rollstuhl und fuhr ihm voraus durch den Korridor. »Er sagt dauernd, er hätte nicht mehr gewußt, was er tun sollte. Heißt das, daß er sie getötet hat?«
    Galbraith legte ihr tröstend die Hand auf die Schulter. »Nein«, antwortete er. »Ihr Sohn ist kein Mörder, Mrs. Sumner. Er hat Kate geliebt. Ich glaube, er hätte ihr die Sterne vom Himmel geholt, wenn sie es verlangt hätte.«
    An der Tür zum Wohnzimmer machten sie halt. William saß zusammengesunken in einem Sessel, die Arme wie zum Schutz um seinen Oberkörper geschlungen, das Telefon auf dem Schoß. Sein unrasiertes Gesicht wirkte eingefallen, seine Augen waren rot und verschwollen von zu vielen Tränen und zu wenig Schlaf. Galbraith war betroffen über seinen Anblick, zumal er sich eingestehen mußte, daß er selbst mit dazu beigetragen hatte, den Mann an den Abgrund der Verzweiflung zu treiben. Natürlich konnte er seine Einmischung in William und Kate Sumners Privatangelegenheiten mit Pflichterfüllung im Namen der Justiz rechtfertigen, aber das war eine kalte Logik. Ich hätte etwas menschlicher sein können, dachte er. Man konnte immer menschlicher sein - aber traurigerweise kam man mit Menschlichkeit der Wahrheit kaum jemals auf den Grund.
    Er drückte Angela Sumner die Schulter. »Vielleicht könnten Sie uns eine Tasse Tee machen«, schlug er vor, während er zur Seite trat, um ihr zum Wenden ihres Rollstuhls Platz zu machen. »Ich hätte Ihren Sohn gern einen Moment unter vier Augen gesprochen, wenn das möglich ist.«
    Sie nickte dankbar. »Ich werde draußen warten, bis Sie mich rufen.«
    Er schloß die Tür hinter ihr und wandte sich zu William Sumner um.
    »Wir haben den Mörder Ihrer Frau gefaßt, Mr. Sumner«, sagte er und setzte sich dem Mann gegenüber. »Steven Harding wurde inzwischen wegen Entführung, Vergewaltigung und Mordes unter Anklage gestellt und wird bis zum Beginn seines Prozesses in Haft bleiben. Ich möchte betonen, daß Ihre Frau keinerlei Anteil an dem hatte, was ihr zugestoßen ist, sondern ganz im Gegenteil mit aller Kraft darum gekämpft hat, Hannah und sich zu retten.«
    Er legte eine kurze Pause ein, um William Sumner forschend anzublicken, und fuhr dann zu sprechen fort, als er keine Reaktion sah. »Es ist wahr, daß sie vor den Ereignissen der letzten Woche intime Beziehungen zu Steven Harding hatte. Es handelte sich jedoch nur um eine kurze Affäre vor einigen Monaten, der ein wahrer Feldzug Hardings vorausging, um Ihre Frau soweit zu bekommen. Dennoch - und das ist wichtig« - er beschönigte die Wahrheit ganz bewußt zugunsten Kate Sumners -, »steht fest, daß sie sich sehr bald entschloß, die Beziehung abzubrechen, als sie erkannte, daß ihre Ehe wichtiger für sie war als ihre Gefühle für einen jüngeren Mann. Ihr Unglück war ihre Unfähigkeit zu erkennen, daß Steven Harding ein narzißtischer und gefährlich unreifer Mensch ist und daß sie sich vor ihm hätte fürchten müssen.« Wieder eine Pause. »Sie war einsam, Mr. Sumner.«
    Ein ersticktes Schluchzen kam über Sumners Lippen. »Ich habe sie so abgrundtief gehaßt... Ich wußte, daß es mehr als nur eine oberflächliche Bekanntschaft war, als sie sagte, sie wolle ihn nicht mehr im Haus haben. Am Anfang hat sie mit ihm geflirtet, dann wurde sie richtig gehässig und fing an, ihn zu beschimpfen... ich vermutete, er war ihrer überdrüssig geworden...«
    »War das der Zeitpunkt, als er Ihnen die Fotos zeigte?«
    »Ja.«
    »Warum hat er das eigentlich getan, Mr. Sumner?«
    »Er sagte, ich sollte sie Kate zeigen, aber...« Er griff sich mit zitternder Hand an den Mund.
    Galbraith erinnerte sich an etwas, das Tony Bridges am Abend zuvor gesagt
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