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Weißer Mond von Barbados

Titel: Weißer Mond von Barbados
Autoren: Anthony Evelyn
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Swimmingpool, auch er umrahmt von herrlichen Blumen, dazwischen standen kleine Tische unter buntgestreiften Sonnenschirmen, und hinter einer Bar schüttelte ein kohlschwarzer Barkeeper mit strahlender Miene seinen Cocktailshaker, als sei es eine Rumbabox.
    Heiß war es. Die Kleider klebten ihr am Leib. Als sie ihr Gesicht im Spiegel hinter der Rezeption sah, war es blaß und erschöpft.
    Der kleine Bungalow, den man ihr zuteilte, war hell und freundlich, mit weißen Wänden, vom Balkon aus konnte sie den Strand und das Meer sehen. Im Schlafzimmer war eine Klimaanlage. Auch eine winzige Küche war da, vollkommen eingerichtet. Sie zog sich aus, ging ins Badezimmer und stellte sich unter die Dusche. Das Wasser tat ihrem Körper wohl. Ihre Haut war sehr weiß, kein Vergleich mit den braunen Körpern, die sie am Swimmingpool gesehen hatte.
    Der kalte Strahl des Wassers war herrlich, prickelte auf ihrem Gesicht und rann über ihre Brüste. Und plötzlich – es war zu töricht, aber ihr nackter Körper erinnerte sie an die Liebesstunden mit Richard Paterson. Das war das letzte, woran sie jetzt denken wollte.
    Sie drehte den Wasserhahn zu und hüllte sich in ein Badetuch. Dann ging sie ins Schlafzimmer, stand am Fenster und blickte aufs Meer hinaus. Es war kurz vor Sonnenuntergang. Eine dunkle graue Linie glitt über den Himmel, so als ob jemand langsam einen Vorhang herabließe. Bald würde es dunkel sein.
    Sie war auf einmal schrecklich müde. Warf das Handtuch weg und ließ sich aufs Bett fallen. Ein wenig Ruhe würde ihr gut tun. Später konnte sie dann anrufen und bitten, daß man ihr einen Imbiss heraufbrachte, ein Sandwich, etwas Kaffee. Während sie noch darüber nachdachte, was sie bestellen würde, schlief sie ein.
    Als sie erwachte, war es stockdunkel. Die Leuchtziffern auf ihrer Uhr zeigten zwei Uhr morgens an.
    Der Mann, der auf dem Balkon des benachbarten Bungalows saß, sah überrascht, wie das Licht in dem Bungalow zu seiner Rechten anging, wie sein gelber Schein in die Nacht hineinbrach.
    Er hatte keinen Schlaf gefunden in dieser Nacht, genauso wenig wie in der vorhergehenden. Schlaf floh immer den, der ihn suchte. Er hatte immer schon unter Perioden der Schlaflosigkeit gelitten, das kam ganz unerwartet, kein Stress, keine Überarbeitung waren daran schuld. Irgendwann war es für ihn unmöglich, einzuschlafen. Und dieser Zustand dauerte meist mehrere Tage. Er hatte sich daran gewöhnt, es zu ertragen, ohne zu Schlafmitteln zu greifen.
    Er saß auf dem Balkon und rauchte. Die Nacht war nicht still. Da unten brandete das Meer an die Küste, ein ständiges, ein ewiges Geräusch. Und da war noch ein dünner, doch hartnäckiger Laut wie ein leiser Gesang, der aus den Bäumen und Büschen zu kommen schien. Es hörte sich an, als seien es winzige Vögel. Doch es waren die Grillen, deren Zirpen sich mit dem prosaischen Summen der Klimaanlage vermischte.
    Er war niemals zuvor in der Karibischen See gewesen. Und irgendwie hatte ihm der Gedanke Spaß gemacht, seine Ferien an einem Ort zu verbringen, der als Tummelplatz der Kapitalisten verschrien war. Sie tummelten sich gewissermaßen auf dem Schweiß des schwarzen Proletariats, denn so, dachte er ironisch, so lautete wohl die herkömmliche Terminologie.
    Und er war sich auch klar darüber, die Tatsache, daß er hier Ferien machte, war Wasser auf die Mühlen seiner Feinde. In gewisser Weise machte es ihm Spaß, sie zu ärgern. Dort standen sie, hier stand er, die Trennung war nicht mehr zu übersehen. Mochten sie sich also ereifern, während er ihnen gelassen den Rücken kehrte.
    Er aber saß nun hier unter der glitzernden Unendlichkeit des Sternenhimmels, rauchte und träumte. Blickte hinauf zu den entzauberten Sternen – denn sie hatten ihren Zauber verloren, seit die Menschen in das Geheimnis des ewigen Raumes eingebrochen waren, seit sie bewiesen hatten, daß sie ihn bezwingen konnten. Jenseits der Sterne waren sie gewesen und hatten entdeckt, daß dort alles leer war, leer und hässlich. Und dieser kühle weiße Mond war gedemütigt worden von den Stiefeln der Menschen. Nie mehr würde er sein, was er einmal war, ein Gefährte der Träumer, ein Freund der Liebenden, ein Tröster der Einsamen.
    Das war es, was die Welt so verändert hatte. Nicht der Triumph, daß sie auf dem Mond gewesen waren. Die Trauer darüber, daß sie ihn verloren hatten. Und mit ihm all die schönen alten Worte, die süße Poesie, die ihn und die Sterne besungen hatten. Das war
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