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Weihnachtsgeschichten am Kamin 04

Weihnachtsgeschichten am Kamin 04

Titel: Weihnachtsgeschichten am Kamin 04
Autoren: Uwe Friedrichsen , Ursula Richter
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hielten alle zusammen und spielten immer gemeinsam. Schuhe kannte keiner im Sommer. Die Schule bestand aus einem Zimmer, in dem alle Klassen unterrichtet wurden. In meiner Klasse, der ersten, waren wir zweiJungs. Nun sollte ich den ersten Winter mit viel Schnee erleben. Und er kam ja im November schon.
    Wie oft hatte ich doch mit dem großen Pferdeschlitten in der Scheune geliebäugelt. Und als nun Schnee gefallen war, fragte ich meine Pflegeeltern, ob nicht mal die Pferde vor den Schlitten gespannt werden, um eine Ausfahrt zu machen. Leider hieß es, nur bei besonderen oder wichtigen Anlässen. — Weihnachten kam, Fieiligabend war da. Meine Pflegeeltern waren im Laufe des Vormittags zu Nachbarn gegangen. Alle Jungs des Dorfes waren bei uns. Wir waren in der großen Küche und spielten und redeten über Heiligabend, den wir nicht erwarten konnten.
    Da fiel einem ein, wir könnten ja mal das Indianerspiel machen. Ich, schließlich war ich fast der Kleinste, mußte mich auf einen Stuhl knien. Die Arme und der Oberkörper wurden mit einem Band an der Stuhllehne festgebunden. Alle tanzten sie jetzt mit Indianergeheul um den Stuhl herum. Plötzlich fiel der Stuhl um. Ich knallte mit dem Gesicht auf den Terrazzofußboden. Abfangen konnte ich mich nicht, denn die Arme waren ja mit festgebunden. Alle halfen mir sofort, aber ich hatte eine große Platzwunde über dem linken Auge, und das Blut floß in Strömen.
    Alle rannten wir zu den Pflegeeltern bei den Nachbarn. Die fingen erst an zu lachen, weil sie meinten, ich hätte mein Gesicht voll Marmelade geschmiert.
    Als sie aber den Ernst der Lage erkannten, rannten sie mit mir zum Haus zurück. Mein Pflegevater holte die Pferde aus dem Stall und: Mein Wunsch ging in Erfüllung — der Schlitten wurde aus der Scheune herausgeholt. Ich hatte viele Schmerzen, aber trotzdem saß ich beglückt unter der dicken Schlittendecke. Im Krankenhaus im Nachbarort wurde die Wunde genäht. Stolz, wie ein kleiner Bub nun mal sein kann, schließlich war ich auch beim Nähen der Wunde sehr tapfer, stieg ich dann wieder in den Schlitten, und die Fahrt ging heimwärts.
    Das Resultat: In meinem Personalausweis steht noch heute: Narbe über dem linken Auge.

    Andree Meyer

Peer und Petra

    Als Busfahrer sieht man täglich andere Menschen. Aber einige, wenige, merkt man sich und vergißt besondere Begebenheiten nicht.
    Kurz vor Weihnachten wurde ich für eine andere Strecke eingeteilt. Von Wandsbek-Markt bis nach Barsbüttel. Hier stieg morgens an der Haltestellejenfelder Allee eine reizende Krankenschwester ein, und gleich hinter ihr sprang ein junger Mann in meinen Bus. Ein gepflegter Junge, wahrscheinlich ein Student. Wie ich im Spiegel feststellte, setzte er sich der netten Schwester gegenüber.
    Ich werde ihn Peer und sie Petra nennen, da ich ihre wirklichen Namen nie erfuhr.
    Petra stieg beim Allgemeinen Krankenhaus Wandsbek aus. Peer fuhr bis zur Endstation mit. Als das junge Mädchen ausstieg, sah er auf seine Armbanduhr und schien sich in Gedanken die Zeit zu notieren.
    Mein Dienst ließ mich diesen Vorfall vergessen. Aber am nächsten Morgen standen Peer und Petra wieder an der gleichen Haltestelle nebeneinander. Peer half Petra galant beim Zuklappen des widerspenstigen Regenschirms, wofür Petra sich jedoch recht brüsk bedankte. Mutig suchte er sich wieder in ihrer Nähe einen Platz.
    So ging es jetzt Tag für Tag. An einem Morgen flirtete Petra mit dem Unbekannten, am nächsten Tag war sie unnahbar und kühl. Ich beobachtete die jungen Menschen. Peer hätte längst seine Hemmungen überwunden, wenn Petra nicht so schwankend gewesen wäre. Ja, dann kam der Morgen, an dem Petra im Bus die Umhängetasche runterfiel und sie gemeinsam mit Peer die Utensilien aufsammelte. Kurz vor der Haltestelle zum Krankenhaus hatten sie anscheinend alles beisammen.
    Petra nickte ihrem eifrigen Helfer kühl zu. Mit einem Kopfnicken und den Worten: «Danke für Ihre Hilfe», war sie schnell verschwunden.
    Beim Anfahren schaute ich noch mal in meinen Innenspiegel und sah, daß Peer einen Personalausweise vom Boden aufhob. Ich rief nach hinten: «Den geben Sie der Krankenschwester morgen früh und dann nicht so schüchtern, junger Mann!»
    Verlegen meinte er: «Ja, das werde ich tun.»
    Die Mitfahrenden lächelten, denn einige kannten das Paar auch schon. Der folgende Tag brachte die Erklärung und den Beginn einer Freundschaft.
    Peer stieg ein. Petra kam angerannt. Sie setzten sich beide nebeneinander. Peer
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