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Weichei: Roman (German Edition)

Weichei: Roman (German Edition)

Titel: Weichei: Roman (German Edition)
Autoren: Tim Boltz
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vorgeworfen, dass ich nie eine Weinschorle mit ihr trinken konnte. Und zwar zum Genießen und nicht zum Betrinken. Ich nippe an der Weinschorle, und sofort registrieren meine Geschmacksknospen den leicht säuerlichen Unterton wieder, den sie vorwärts und rückwärts erleben durften. Bäh, keine gute Idee. Aber egal, ist ohnehin nur für die Show.
    Und dann kommt sie.
    Steffi.
    Sie trägt einen schwarzen Mantel mit Schal und passender Mütze. Dazu kniehohe Lederstiefel über der dunkelblauen Levisjeans. Ihre Haare fallen links und rechts unter der Mütze hervor in ihr Gesicht, und sie sieht… klasse aus!
    Sie lächelt mich mit ihrem perfekt geschminkten Mund an, und es folgt eine seltsam anmutende Küsschen-links-undrechts-Orgie, die aus Gewohnheit beinahe auf dem Mund gelandet wäre. Dabei stoßen wir uns die Köpfe. Nicht dass es wehtut, aber immerhin fest genug, um zu verdeutlichen, wie unbeholfen wir beide sind.
    »Hallo, Robert. Danke, dass du gekommen bist.«
    »Klar«, bringe ich mit der größtmöglichen Lässigkeit hervor, womit sich meine Abgeklärtheit allerdings auch bereits wieder erschöpft. Sie bestellt sich mit Blick auf mein Glas auch eine Weinschorle und legt ihren Mantel ab.
    »Du trinkst Wein? Seit wann denn das?«
    Seit ich mich bei der Weinverkostung damit in ein neues Universum geballert habe. Das denke ich natürlich nur und antworte stattdessen: »Mir war mal so danach.«
    »Aha. Ja, und sonst? Wie geht es dir denn?«
    »Gut.«
    Die Antwort soll trotzig nach Erfolg und überwundenem Schmerz klingen. Doch zu meiner eigenen Verwunderung klingt es nicht nur überzeugend. Es ist tatsächlich wahr.
    »Und du?«, schiebe ich schnell hinterher. »Wie geht’s dir? Oder muss ich sagen euch?«
    »Ach, Robert …« Steffi winkt ab und legt ihren Kopf in die Hände. Als sie wieder aufschaut, sucht ihr Blick meinen, und sie legt ihre Hand auf meinen Unterarm. »Was soll ich sagen? Es war …«
    Was? Was war es? Claustrophobie?
    »… der größte Fehler meines Lebens. Ich habe versucht, jemand zu sein, der ich nicht bin, und dachte, dies mit Claus leben zu können.«
    »Aha«, sage ich nun, nicke verständnisvoll und weiß besser, was sie meint, als sie vielleicht denkt.
    »Ich weiß nicht, wie ich es dir sagen soll, aber es tut mir unendlich leid. Ach, was soll’s, du weißt sowieso, warum ich hier bin. Und falls du mir noch einmal verzeihen kannst, würde ich gerne zu dir zurückkommen. Willst du das auch?«
    Steffi sieht mir noch tiefer in die Augen als zuvor. Dann beugt sie sich zu mir und küsst mich.
    Es ist tatsächlich passiert. Genau das, worauf ich seit Tagen und Wochen gewartet habe. Steffi hat Claus den Laufpass gegeben und will mich zurück. Sie hat also gemerkt, was sie an mir hatte, welch toller Mann in mir steckt, und kommt nun reumütig auf Knien zu mir zurück.
    Ich müsste mich nun also wie ein Wahnsinniger freuen …
    … tue es aber nicht.
    Ich sollte die Hochzeitsglocken läuten hören…
    … höre sie aber nicht.
    Ich sollte die Glückshormone Polka tanzen fühlen …
    … spüre sie aber nicht.
    Und ich sollte ihr genau das mitteilen…
    … sage es aber nicht.
    Stattdessen küsse ich sie. Es ist nicht unangenehm, aber irgendwie steril. Das wird sich schon wieder einspielen, denke ich und lächele Steffi so gut es geht an.
    »Ja, das will ich auch.«

29
Süffig im Abgang
    N ach dem ersten Getränk verlassen wir das Harveys bereits wieder und gehen zu Steffi, um unsere Reunion zu feiern. Ich habe Shrek als Verstärkung mitgebracht. Außerdem wollte ich ihn wieder in sein angestammtes Zuhause bringen. Doch anstatt Freude und Dankbarkeit in seinen Augen zu erkennen, schaut er mich vorwurfsvoll an. Für einen Moment glaube ich sogar, ein kurzes Kopfschütteln erkennen zu können. Warum kann er sich nicht über Steffis Avancen freuen?
    Überhaupt, Steffi. Sie mustert mich, kommt zu mir herüber und stellt sich vor mich. Ohne ein Wort zu verlieren, zieht sie mich an sich und küsst mich. Während wir uns küssen, drängt sie mich ins Schlafzimmer. Den Ort, an dem ich sie mit Claus im Federbett erwischt habe. Wir fallen aufs Bett, und sie beginnt, mir mein Shirt über den Kopf zu ziehen. Wieder folgen Küsse.
    Sie sind vertraut. Bekannt. Aber trotzdem anders. Anders als damals, als wir unsere Beziehung führten. Jetzt ist es mehr ein Déjà-vu-Erlebnis, wobei die Erinnerung schöner erschien als die Realität.
    Sie küsst meinen Hals.
    Hatten wir uns etwa schon lange vor dem
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