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Weiberabend: Roman (German Edition)

Weiberabend: Roman (German Edition)

Titel: Weiberabend: Roman (German Edition)
Autoren: Joanne Fedler
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Meerjungfrauen küssen besser (»Warte nur, bis du den vierten Titel hörst«, sagt sie). Ereka wird mit fünf Joints in der Handtasche kommen und im Verlauf des Abends stündlich einen davon hervorholen. Liz wird eine Flasche Rotwein mitbringen, der offiziell als Antiquität eingestuft werden müsste. Tamara wird sicher irgendeine glutenfreie Köstlichkeit dabeihaben und sich erst auf unser lautstarkes Drängen hin bereit erklären, ihr Handy auszuschalten. Wenn sie das nicht tut, wird es noch vor dem Nachtisch ein halbes Dutzend Male klingeln – Kevin ist zwar in der Lage, aus einem Stückchen der äußeren Schamlippen eine Brustwarze zu rekonstruieren, kann aber ohne die Hilfe seiner Frau keine zwei Kinder ins Bett bringen. Dooly wird auf keinen Fall ohne Schokolade erscheinen – ich tippe auf einen schweren Schokokuchen oder Mousse au chocolat. Obwohl ich das weiß, bin ich doch nie ganz gewappnet, wenn sie dann mit einem Eimer voll Schokokonfekt vor der Tür steht – buchstäblich fünf Liter Cadbury’s Favourites. Fiona wird zweifellos ihre Aromatherapie-Ausrüstung mitbringen, um uns die perfekte Mischung ätherischer Öle zuzubereiten, je nachdem, ob wir entspannt, erfrischt, beruhigt oder angeregt werden möchten. CJ wird natürlich sofort schreien, dass sie unbedingt Letzteres braucht, und uns alle dazu aufstacheln, einander die Füße zu massieren. Und sie wird Harvey dabeihaben. Er begleitet sie überallhin, und irgendwann im Lauf des Abends wird sie ihn hervorzaubern und einer von uns auf den Teller stellen, wenn diejenige gerade auf der Toilette ist. Er wird für hysterisches Gelächter sorgen und Tam womöglich zu einem verfrühten Aufbruch bewegen.
    ***
    Tam kommt als Erste. Vermutlich glaubt sie, wenn sie pünktlich da ist, oder sogar etwas zu früh, wäre das ein Ausgleich dafür, dass sie später als Erste schlapp macht (da ich allerdings selbst eine ordnungsfanatische Jungfrau bin, weiß ich die Tugend der Pünktlichkeit durchaus zu schätzen). Sie trägt eine rosa Jogginghose und ein passendes rosa-weißes Sporttop. Jemand – nicht ich – sollte ihr mal sagen, dass Pfirsichrosa wirklich nicht ihre Farbe ist, bei ihrer hellen Haut und den vielen Sommersprossen. Sie ist schlank und attraktiv, aber auf eine unscheinbare Art und Weise. Sie hält nichts von Make-up, gibt aber ein kleines Vermögen – das in einem italienischen Delikatessengeschäft besser angelegt wäre – dafür aus, sich das Haar kastanienbraun färben zu lassen. Das ist doch wohl ziemlich feige, wenn man auch so aufregende Farben wie Feuerrot, Heidelbeerblau oder Karamellblond zur Auswahl hat. Aber das ist eben Tam. Sie hat die mausgraue Unauffälligkeit zur größten Tugend erhoben, was ihre äußere Erscheinung angeht.
    Sie plappert wie ein Wasserfall und braucht geduldige Zuhörerinnen. Meistens geht es um ihre beiden Jungs. Wir haben alle Kinder, und dieser Abend ohne sie sollte genau das sein – eine Pause von alledem. Für Tam muss man in der richtigen Stimmung sein. Sie ist nicht gerade entspannende Gesellschaft, aber in einer großen Gruppe wie heute Abend wird sie sich zurücknehmen. Oder wir füllen sie einfach ab. Ein Daiquiri dürfte reichen.
    Sie kommt mit einer grünen Jute-Einkaufstasche herein. »Na, ist das nicht toll?«, bemerkt sie mit einer Begeisterung, die nicht einmal dem mildesten Kreuzverhör standhalten könnte. »Längst überfällig, dass wir mal wieder zusammenkommen«, zwitschert sie. »Ich kann nur leider nicht allzu lang bleiben. Morgen muss ich früh raus. Kieran hat ein Schachturnier – neulich haben sie ihn in eine höhere Gruppe versetzt, zu den Kindern bis zehn. Einige Mütter der Kinder in seiner Altersgruppe haben sich beklagt, dass ihre Kinder jegliches Selbstvertrauen verlieren, weil er sie immer in drei Zügen schlägt.«
    Helen und ich ziehen die Brauen in die Höhe. »Beeindruckend«, sagt Helen. »Ein richtiges kleines Genie, dein Kieran.«
    Tam lächelt. »Ich will nur, dass er glücklich ist«, sagt sie und betont das Wort »glücklich«, als sei es erst kürzlich in unsere Sprache aufgenommen worden, und sie wolle mal ausprobieren, wie es klingt. »Überflieger sind selten glücklich.«
    Ich würde ihr gern sagen, dass da nichts weiter dabei ist – lass dem armen Kind ein bisschen Raum zum Atmen, und es wird sehr glücklich sein. Sie holt eine parfümfreie Handcreme aus ihrer Tasche und drückt etwas davon auf ihren linken Handrücken, bevor sie Helen und mir die Tube
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