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Wehe wenn der Wind weht

Wehe wenn der Wind weht

Titel: Wehe wenn der Wind weht
Autoren: John Saul
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denen sie sich zu stellen hatte. Die Ärzte hatten ihr gesagt - ja, hatten sie sogar schon vor Jahren dazu gedrängt, nach Amberton zurückzukehren, um sich mit den Dingen auseinanderzusetzen, die in ihrem Gedächtnis gelöscht waren. Nur wenn sie genau verstand, was geschehen war, würde sie wieder ganz gesund werden.
    Sie wanderte durch das Haus.
    Viel hatte sich nicht verändert - die Möbel, abgenutzter denn je, schienen fast zusammenzubrechen, und wohin Christie auch blickte, Miß Edna schien überall drohend gegenwärtig. Es war seltsam - da gab es nichts, was Christie an Diana erinnerte; überhaupt nichts. Es war, als sei das Miß Ednas Haus, und als ob Diana, die doch ihr ganzes Leben hier verbracht hatte, keine Spuren hinterlassen hätte.
    Christie hörte Schritte die Treppe herunterkommen, und dann erschien Carole.
    »Mammi, auf dem Dachboden ist ein Raum, und der ist zugenagelt. Was ist das?«
    Christie folgte ihrer Tochter ins Obergeschoß und hatte eine böse Vorahnung.
    Sie blieb an der Tür zur Kinderstube stehen und starrte auf die Nagelköpfe, die tief in der Oberfläche steckten.
    »Die Kinderstube«, flüsterte sie. »Was, zum Himmel ...?«
    »Laß es uns aufmachen, Mammi!«
    Christie fand eine Zange in der Speisekammer, ging dann wieder nach oben und begann, die Nägel herauszuziehen. Sie widersetzten sich ihren Bemühungen, kreischten, als sie an ihnen zog, doch schließlich gaben sie alle nach.
    Sie öffnete die Tür.
    Bis auf den Schaukelstuhl, das Kinderbett und die Wiege, die in einer Ecke stand, war das Zimmer leer. Die Tapete war endlich doch ganz abgefallen. Spinnweben baumelten in den Ecken und Staub bedeckte den Boden.
    »Hier hast du gewohnt?« fragte Carole, deren Augen so groß wie Untertassen waren.
    »Ein paar Wochen lang«, erwiderte Christie, in deren Kopf alles kreiste.
    Hier, in diesem Zimmer, fand sie Diana.
    Sie konnte Dianas Anwesenheit spüren, konnte fast ihre Stimme hören, wie sie sie rief, die Hände nach ihr streckte.
    »Laß uns nach unten gehen«, sagte sie. »Ich mag dieses Zimmer nicht. Ich habe es nie gemocht.«
    Sie eilte aus der Kinderstube und ging nach unten in die Küche. In der Speisekammer entdeckte sie etwas Kaffee und setzte einen Topf auf.
    Ein paar Minuten später gesellte sich Carole zu ihr, die eine Kiste trug.
    »Ich hab' das in einem der Schränke gefunden«, sagte sie. In der Kiste war ein Haufen Albumseiten, die in Fetzen gerissen waren. Als Christie sie zusammenfügte, erkannte sie ihre Mutter, dann ihren Vater wieder.
    »Das gehört mir«, sagte sie, und ihre Stimme klang verwundert. »Nach all diesen Jahren. Schau mal, Liebling, dies sind deine Großmutter und dein Großvater.«
    Carole betrachtete die Bilder neugierig. »Was ist mit ihnen passiert?« fragte sie.
    »Sie sind gestorben«, erzählte Christie ihr. »Sie sind gestorben, als ich ein kleines Mädchen war.«
    »Waren sie krank?«
    »Meine Mutter war krank«, sagte Christie. »Und danach ist Vater im Bergwerk gestorben.«
    Bei der Erwähnung des Bergwerks leuchteten Caroles Augen auf. »Können wir dorthin gehen?« fragte sie.
    »Ich denke schon«, sagte Christie zu ihr. »Aber da gibt's nicht viel zu sehen.«
    Carole runzelte die Stirn. »Warum hat Mrs. Amber es gesprengt?«
    »Sie war eine alte Frau, und sie hatte seltsame Ideen. Sie glaubte, daß das Bergwerk böse sei.«
    »Wie kann denn ein Bergwerk böse sein?« wollte Carole wissen. »Das ist doch nur ein Loch in der Erde, oder?«
    Christie holte tief Luft und überlegte, wie sie erklären sollte, was dort oben geschehen war. Nicht einmal sie wußte es genau.
    »Natürlich ist es das«, sagte sie. »Es ist nur ein Loch, und wir werden es wieder ausgraben.«
    »Werden wir dann reich sein?«
    Christie lachte und drückte ihre Tochter. »Nun, wenn alles gut geht, dann werden wir nicht verhungern. Aber ob wir reich werden, weiß ich nicht.«
    Es klopfte an der Hintertür und ein junger Mann mit schwarzem Haar und nachdenklichen braunen Augen steckte seinen Kopf herein. Er lächelte erst ein wenig, dann herzlich. »Christie! Bist du's wirklich?!«
    »Eddie? Eddie Whitefawn?« Christie stand auf und rannte zu Eddie und umarmte ihn.
    Eddie drückte sie und zwinkerte dann Carole zu. »Hallo! Ich kannte deine Mutter, als wir ungefähr so alt waren wie du.«
    Christie spürte, wie Freude sie durchschauerte, als sie Eddie sah. Obwohl sie keine engen Freunde gewesen waren, hatten sie beide diese letzte Nacht beim Bergwerk überlebt.
    »Was
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