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Weg der Träume

Weg der Träume

Titel: Weg der Träume
Autoren: Nicholas Sparks
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gehört.
    Auf dieser Straße musste er immer an sie denken.
    Miles drückte seine Zigarette aus und drehte das Fenster herunter. Während die warme Luft hereinblies, tauchten Schnappschüsse von ihrem gemeinsamen Leben vor seinem geistigen Auge auf, aber wie immer führten diese Bilder unweigerlich zu Missys letztem Tag.
    Ironischerweise war er an jenem Tag, einem Sonntag, die meiste Zeit unterwegs gewesen. Er war mit Charles Curtis zum Fischen gefahren, hatte das Haus früh am Morgen verla ssen, und obwohl er und Charlie mit Mahi-Mahi-Fischen zurückkamen, war seine Frau keineswegs besänftigt. Missy stemmte die Hände in die Hüften, das Gesicht mit Erde verschmiert, und funkelte ihn wütend an, kaum dass er aus dem Auto gestiegen war. Sie sagte nichts, aber das war auch nicht nötig. Ihr Blick sprach Bände.
    Für den nächsten Tag hatten sich ihr Bruder und ihre Schwägerin aus Atlanta angekündigt, und sie hatte das Haus für die Gäste hergerichtet. Jonah lag mit Grippe im Bett, was die Situation nicht gerade einfacher machte, da sie sich auch noch um ihn kümmern musste. Aber das war nicht der eigentliche Grund für ihren Ärger. Der Grund war Miles.
    Missy hatte zwar gesagt, sie hätte nichts dagegen, wenn er fischen ginge, aber sie hatte ihn gebeten, am Samstag die Gartenarbeit zu erledigen, damit sie sich nicht auch noch darum kümmern musste. Es war jedoch etwas Berufliches dazwischengekommen, und anstatt Charlie abzusagen, war Miles am Sonntag trotzdem gefahren. Charlie hatte ihn den ganzen Tag damit aufgezogen - »Heute Nacht wirst du auf der Couch schlafen müssen« - und Miles fürchtete bald, dass Charlie wahrscheinlich Recht hatte. Aber Gartenarbeit war Gartenarbeit, und Fischen war Fischen, und Miles wusste mit absoluter Sicherheit, dass sich weder Missys Bruder noch dessen Frau darum scheren würden, ob ein paar Halme Unkraut mehr oder weniger im Garten sprossen.
    Außerdem würde er sich um alles sofort kümmern, wenn er zurück war, und das hatte er auch fest vorgehabt. Er wollte eigentlich nicht den ganze n Tag fortbleiben, aber wie das beim Fischen so ist, hatte eins zum anderen geführt, und Miles hatte jedes Zeitgefühl verloren.
    Seine kleine Rede hatte er schon parat: Keine Sorge, ich erledige alles, und wenn ich die ganze Nacht beim Schein der Taschenlampe arbeiten muss. Das hätte vielleicht sogar geklappt, wenn er es Missy schon am Morgen angekündigt hätte. So aber war die meiste Arbeit bereits getan. Der Rasen war gemäht, das Unkraut gejätet, und um den Briefkasten hatte Missy Stiefmütterchen gepflanzt. Es musste Stunden gedauert haben, und wütend war gar kein Ausdruck für ihren Zustand. Miles hatte kein brennendes Streichholz vor sich, sondern einen ausgewachsenen Waldbrand. Diesen Blick hatte er seit ihrer Hochzeit nur wenige Male erlebt.
    »Hallo Schatz«, sagte er lahm, »tut mir Leid, dass es so spät geworden ist. Die Zeit ist einfach verflogen.«
    Gerade als er zu seiner vorbereiteten Rede ansetzen wollte, drehte Missy ihm den Rücken zu.
    »Ich gehe joggen. Das hier schaffst du ja vielleicht gerade noch?«
    Sie hatte damit angefangen, die Auffahrt vom Gras zu befreien. Die Kehrmaschine stand auf dem Rasen.
    Miles wusste, dass er jetzt besser nichts sagte.
    Nachdem sie hineingegangen war, um sich umzuziehen, holte er die Kühlbox aus dem Kofferraum und brachte sie in die Küche. Er legte den Mahi-Mahi gerade ins Eisfach, als Missy aus dem Schlafzimmer kam.
    »Ich hab nur den Fisch weggelegt…«, setzte er an, doch Missy presste die Lippen aufeinander.
    »Wie wär's, wenn du tätest, worum ich dich gebeten habe?«
    »Gleich - lass mich nur den Fisch versorgen, sonst verdirbt er.«
    Missy verdrehte die Augen. »Vergiss es. Ich mach's, wenn ich zurück bin.«
    Der Märtyrerton. Den konnte Miles nicht ausstehen.
    »Ich mach es ja«, sagte er. »Ich habe gesagt, ich erledige es, oder?«
    »So, wie du den Rasen mähen wolltest, bevor du zum Fischen gefahren bist?«
    Miles hätte sich auf die Lippe beißen und schweigen sollen. Stattdessen wehrte er sich. Ja, er hatte den ganzen Tag gefischt, statt ihr im Haus zu helfen. Ja, er hatte sie im Stich gelassen. Aber die ganze Sache war doch wohl nicht so furchtbar dramatisch, oder? Schließlich kamen doch nur ihr Bruder und ihre Schwägerin und nicht der Präsident! Kein Grund, ein solches Theater zu machen.
    Ja, er hätte den Mund halten sollen. So, wie sie ihn ansah, nachdem er damit herausgeplatzt war, wäre das besser gewesen.
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