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Weck mich am Arsch!

Weck mich am Arsch!

Titel: Weck mich am Arsch!
Autoren: Ralf Prestenbach
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selbst in einem Terrorregime leben? Wenn der kollektive Schlafentzug keine zufällige Begleiterscheinung des Frühaufsteher-Wahnsinns ist, sondern das Ziel? Macht man uns vielleicht mit »normalem« Schlafentzug so gaga, dass man uns einfacher regieren kann? Und schlafen die Mächtigen unseres Landes heimlich vielleicht sogar länger, um selbst nicht zu verblöden, und gaukeln uns ihr Frühaufstehertum nur vor? Möglich. Vielleicht. Doch bevor wir zu den Waffen greifen, sollten wir uns über diesem letzten Gedanken vielleicht doch noch einmal kräftig ausschlafen.

Monday Morning Blues – der schlimmste Tag der Woche
    Der Montag ist für die meisten Menschen ein Untag, ein Gräuel, ein einziger Horrortrip. Das frühe Aufstehen fällt dann noch schwerer als an anderen Tagen, und das hat vielfältige Gründe. Zum einen hat man am Wochenende eine kleine Ahnung davon bekommen, wie unbeschwert das Leben sein könnte, würde man die Kontrolle über seinen Schlafrhythmus nicht »Sachzwängen« überlassen. Am Wochenende leben die meisten Menschen ungeniert ihr Langschläfertum aus, um dann mit dem ersten Weckerklingeln am Montagmorgen wieder der harten Realität ins Auge zu blicken. Regelmäßig führt das zu einem furchtbaren Schock, der auch noch den ganzen Tag anhält. Dafür sorgt ein Hormon namens Cortisol, welches unseren Stoff wechsel steuert. Zweimal Ausschlafen am Wochenende reicht aus, um die Ausschüttung dieses wichtigen Botenstoffes um einige Stunden nach hinten zu verschieben.
    Darüber hinaus dauert es von Montagmorgen ganze fünf Tage, bis man sich am Wochenende den schönen Dingen des Lebens zuwenden und endlich wieder ausschlafen kann. Bis dahin heißt es, Zähne zusammenbeißen, durchhalten und sich jeden Morgen aus der Kiste quälen. Wie sehr die Vorstellung der kommenden fünf Arbeitstage vor allem auf Menschen im öffentlichen Dienst lastet, kann jeder bestätigen, der schon einmal an einem Montag ein beliebiges Amt besucht hat. Als Bittsteller hat man an diesem Tag keine guten Karten. Wer das nicht glaubt, kann gern einen Selbstversuch starten und an einem Montagmorgen seinen Pass verlängern lassen, ein Auto ummelden oder aus der Kirche austreten. Er wird feststellen, dass er viel länger warten muss als an irgendeinem anderen Tag der Woche und um einiges unfreundlicher behandelt wird. Man sollte das Ganze aber nicht persönlich nehmen, denn auf der anderen Seite des Schreibtisches sitzt höchstwahrscheinlich ein Mensch, der für seine Aufgaben, unausgeschlafen wie er ist, einfach mehr Zeit braucht. Und da der Grund seines frühen Arbeitsbeginns direkt vor ihm sitzt, kann man ihm auch in Sachen Freundlichkeit keine echten Vorwürfe machen.
    Für das Phänomen des unausgeschlafenen Montagmorgens und all seiner negativen Auswirkungen gibt es seit geraumer Zeit einen stehenden Begriff: Monday Morning Blues .
    Den wenigsten Menschen ist wohl montagmorgens zum Singen zumute, und sicher packt auch niemand am Arbeitsplatz die Gitarre aus und seufzt »Yes Babe, I’ve got the Blues« oder, deutsch: »Mann, bin ich niedergeschlagen«. Und doch trifft der Monday Morning Blues den Nagel auf den Kopf. Erfunden Anfang des 19. Jahrhunderts von Sklaven im Mississippidelta, ist Blues der ideale Soundtrack für den schlimmsten aller Wochentage: drei einfache Akkorde, die über zwölf Takte lang stoisch wiederholt werden, dazu Texte, die von zu wenig Geld, zu wenig Liebe und zu wenig Glück berichten – eine gelungene Vertonung montagmorgendlicher Arbeitsmonotonie.
    Der Monday Morning Blues beschränkt sich aber keinesfalls auf den öffentlichen Dienst. Wer einmal seinen Blick geschärft hat, findet zu Wochenbeginn missmutige Menschen in allen Bereichen sozialen Lebens. Es scheint, als gäbe es eine universelle Bocklosigkeit, die weder an Alter, Herkunft, Hautfarbe noch Bildung gebunden ist. Wenn man davon ausgeht, dass alle, also auch studierte Ärzte, Anwälte und Atomphysiker, montagmorgens ihr Wochentief haben:
    Müsste es dann nicht gerade montags immer wieder zu schwerwiegenden Fehlern mit weitreichenden Folgen kommen? Sollten die Zeitungen dienstags nicht dicker sein als an den anderen Wochentagen, weil sie über all die Unglücksfälle des verschlafenen Vortages berichten? Dass uns nicht regelmäßig montags die AKW s um die Ohren fliegen, verdanken wir
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