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Was will man mehr (German Edition)

Was will man mehr (German Edition)

Titel: Was will man mehr (German Edition)
Autoren: Hans Rath
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erwidere ich. «Ich habe auch versucht, sie umzustimmen, aber Iris hat jedes Mal klargemacht, dass es dafür zu spät ist.»
    «Und wie kam es dann zu der Affäre mit der Schwester?»
    «Ach, eigentlich war das mit Audrey keine Affäre.»
    Mulligan stutzt. «Aber sie erwartet doch ein Kind von Ihnen, oder?»
    Ich nicke. «Trotzdem hatten wir nur ein einziges Mal Sex.»
    Mulligan schiebt die Unterlippe ein wenig vor und nickt anerkennend.
    «Was?», frage ich leicht gereizt. «Kommen Sie mir jetzt nicht mit göttlicher Fügung oder so. Es war ein Zufall, nichts weiter.»
    Er winkt ab und nippt an seinem Bier. «Ich käme nie auf die Idee, Gott in Ihre Bettgeschichten reinzuziehen. Aber sagen Sie mir: Ist das jetzt ein glücklicher oder ein unglücklicher Zufall, dass Sie Vater werden?»
    «Gute Frage», erwidere ich. «Ich habe es erst vorgestern erfahren und hatte bis jetzt noch keine Gelegenheit, darüber nachzudenken.»
    «Aber was sagt Ihr Bauchgefühl?», insistiert Mulligan.
    Ich nehme einen Schluck Kaffee und versuche zu meinem Bauchgefühl durchzudringen. «Keine Ahnung», sage ich dann. «Ich habe damit gerechnet, dass ich irgendwann einmal Vater werden würde. Allerdings habe ich es mir etwas anders vorgestellt.»
    «Wie Sie bereits wissen, habe ich mir mein Leben auch etwas anders vorgestellt», erwidert Mulligan. «Aber das muss ja nichts heißen.»
    «Audrey ist zum Beispiel viel jünger als ich.»
    «Muss nichts heißen», lächelt Mulligan.
    «Sie jettet als Fotografin durch die Weltgeschichte.»
    «Muss nichts heißen.»
    «Wir leben nicht mal im gleichen Land.»
    «Muss auch nichts heißen.»
    «Ich bin immer noch in Iris verliebt.»
    Kurzes Schweigen.
    «Gut. Das ist Scheiße», stellt Mulligan sachlich fest.
    Wir nippen an unseren Getränken und hängen unseren Gedanken nach.
    «Ich bin auf dem Weg nach London, weil ich versuchen will, das Beste aus der Situation zu machen», sage ich nach einer Weile. «Ich glaube nicht, dass Audrey und ich eine Beziehung haben werden. Aber immerhin können wir dafür sorgen, dass es dem Kind gutgeht.»
    «Hört sich an, als würden Sie sich aufopfern.»
    «Nein! Quatsch!», erwidere ich im Brustton der Überzeugung, bin aber doch einen kurzen Moment irritiert.
    Mulligan sieht mich ruhig an und schweigt.
    «Sie glauben, dass ich das alles eines schlechten Gewissens wegen mache?», frage ich unbehaglich.
    «Ich weiß es nicht, aber Sie sollten darüber nachdenken. Schuld ist eine starke Triebfeder. Wenn es sie nicht gäbe, dann könnten wir sämtliche Kirchen dichtmachen.»
    Während ich überlege, sieht Mulligan mich forschend an. «Ich scheine jedenfalls nicht ganz falschzuliegen», sagt er nach einer Weile.
    Ich greife nun doch nach meinem Bier und seufze. «Audrey und Iris stammen aus wohlhabenden Verhältnissen. Die Familie besaß einen Verlag, der aber der Wirtschaftskrise im letzten Jahr zum Opfer gefallen ist.»
    «Und was hat das mit Ihnen zu tun?»
    «Ich habe das Unternehmen geleitet.»
    Mulligan stößt einen anerkennenden Pfiff aus.
    «Ich habe den Verlag schon vorher verlassen. Der Bankrott war also nicht meine Schuld, aber …»
    «… aber für die Familie sind Sie trotzdem der Schuldige», vollendet Mulligan den Satz.
    Ich zucke mit den Schultern. «Sagen wir, zumindest die Patriarchin ist nicht gut auf mich zu sprechen», erwidere ich.
    «Ist sie hübsch? Könnte sie mein Typ sein?», fragt Mulligan, ohne eine Miene zu verziehen.
    «Elisabeth von Beuten ist zwanzig Jahre älter als Sie.»
    «Elisabeth von Beuten», wiederholt Mulligan langsam. «Ist sie wirklich so hart, wie ihr Name klingt?»
    Ich nicke. «Mindestens so hart.»
    «Wo müssen Sie eigentlich hin?», fragt Mulligan.
    «Irgendwo in den Norden von London», erwidere ich und krame einen Zettel aus der Tasche, auf dem ich die Adresse notiert habe.
    «Ich muss zwar in den Süden, aber ich nehme Sie mit», verkündet Mulligan. «Sie haben schon genug Probleme am Hals, da müssen Sie sich jetzt nicht auch noch mit öffentlichen Verkehrsmitteln durchs Vereinigte Königreich schlagen.»
    «Sie haben ein Auto?», frage ich.
    «Nein. Ich habe kein Auto. Ich werde ein Taxi nehmen.»
    «Das kann ich mir nicht leisten», erwidere ich. Und denke mit Unbehagen daran, dass ich mir im Moment kaum etwas leisten kann.
    «Ich mir auch nicht», verkündet Mulligan. «Ich werde einfach die Kollekte der letzten drei Monate auf den Kopf hauen.»
    «Vielleicht kriegen wir in Dover ja auch unseren
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