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Was Soll Ich Tun

Was Soll Ich Tun

Titel: Was Soll Ich Tun
Autoren: Anselm Gruen
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zusteht, Hand an uns zu legen. Ich würde ihm sagen, dass ich ihn vom Himmel aus begleiten werde und dass ich traurig sein würde, wenn er sich das Leben nähme. Ich würde auch nicht lange darüber diskutieren. Dass solche Gedanken auftauchen, ist normal. Aber ich würde ihm sagen, dass ich vom Himmel her aufpassen würde, dass es ihm gut geht und dass er sich auch in der Einsamkeit mit mir verbunden fühlen wird. Geben Sie ihm diese Zusage und vertrauen Sie darauf, dass er sich daranerinnern wird, falls Sie vor ihm sterben sollten. Aber überlassen Sie auch die Weise Ihres Sterbens Gott. Sie wissen nicht, wer zuerst stirbt. Und Sie wissen nicht, wie der verbleibende Partner damit fertig werden wird. Der Gedanke, dass ein Partner stirbt, ist eine Herausforderung, uns darüber klar zu werden, was uns eigentlich trägt. Trägt uns nur die Liebe des Partners? Sie wird uns auch nach dem Tod noch begleiten. Aber wir brauchen einen tieferen Grund für unser Leben. Das ist letztlich Gott. In Gott bleiben wir miteinander verbunden, auch über den Tod hinaus.
    In diesem Jahr ist ein lieber Mensch gestorben, mit dem mich viel verbunden hat. Ich habe Angst, Weihnachten zu feiern, weil ich gerade an diesem Fest das Alleinsein schmerzlich spüre.
    Wie kann ich
    mit dem Alleinsein
    und Alleingelassenwerden
    umgehen?
    Sie erleben, dass der Tod
    Ihre Liebe nicht zerstört,
    sondern nur verwandelt
    und erfüllt.
    An Weihnachten kommt uns besonders schmerzlich zu Bewusstsein, dass uns der geliebte Mensch fehlt. Verdrängen Sie den Tod an diesem Fest nicht, sondern integrieren Sie ihn in die Weise, wie Sie feiern. Suchen Sie sich eine Kerze aus für den Verstorbenen. Wenn Sie möchten, verzieren Sie diese Kerze mit Symbolen, die Sie an den geliebten Menschen erinnern, die sein Wesen ausdrücken. Und dann zünden Sie an Weihnachten diese Kerze an der Krippe und unter dem Christbaum an und stellen sich vor, dass der geliebte Mensch jetzt Weihnachten im Himmel feiert. Er feiert das gleiche Fest als Schauender, das Sie als Glaubende begehen. Und Sie können sich vorstellen, wie der geliebte Mensch das Geheimnis der Menschwerdung jetzt als Schauender erkennt und was für Sie letztlich Menschwerdung Gottes bedeutet, die Sie jetzt an Weihnachten feiern. Dann fühlen Sie sich bei allem Schmerz doch verbunden mit dem geliebtenMenschen. Und Sie erleben, dass die Liebe stärker ist als der Tod, dass der Tod Ihre Liebe nicht zerstört, sondern nur verwandelt und erfüllt. Sie feiern dann trotz des Todes gemeinsam Weihnachten. Und der Gedanke an den Verstorbenen kann Ihnen auf neue Weise das Geheimnis der Menschwerdung Gottes erschließen. Gott ist Mensch geworden, um uns mit göttlichem Leben zu erfüllen, das auch den Tod überdauert. Und er ist zu uns gekommen und im Tod von uns gegangen, um uns im Himmel eine Wohnung zu bereiten. Der geliebte Mensch ist schon in dieser Wohnung. Er schmückt sie für Sie, damit Sie, wenn Sie sterben, nicht ins unbekannte Dunkel oder Grauen hinein sterben, sondern in die Wohnung, die geschmückt ist mit all den Erfahrungen, die Sie mit dem geliebten Menschen geteilt haben.
    Als Schwester auf einer Intensivstation habe ich miterlebt, wie ein Patient nach einem Suizidversuch reanimiert und ins Leben zurückgeholt wurde. Ich erfuhr dann, dass er darüber gar nicht froh, ja dass er sogar verzweifelt war.
    Sollte man Menschen
    nicht sterben lassen, die sich
    dazu entschieden haben?
    Wir wissen, dass der Suizid
    oft ein Hilfeschrei der Seele
    nach Zuwendung ist.
    Die Frage ist nicht leicht zu entscheiden. Man sollte einen anderen Menschen in Würde sterben lassen. Und auch seine Entscheidung, Suizid zu begehen, sollte man respektieren. Aber wir wissen, dass der Suizid oft ein Hilfeschrei der Seele nach Zuwendung ist. Viele wollen nicht, dass ihr Suizid gelingt. Als Arzt oder Krankenschwester können Sie nicht wissen, was der Patient sich bei seinem Suizid gedacht hat. Daher ist es durchaus im Sinn des ärztlichen Ethos, den Sterbenden beizustehen und ihn zu reanimieren. Wenn er wirklich todunglücklich darüber ist, wird er es ein andermal wieder probieren. Davon kann man ihn dann nicht abhalten, sondern nur vertrauen, dass er auf diesem Weg zu Gott findet. Aber vielleicht entdeckt er nach der Verzweiflung doch auch einen Sinn, dass er wieder zum Leben gekommen ist. Und er wird dieses Leben in neuer Dankbarkeit und Achtsamkeit leben. Darauf sollen Sie hoffen und in diesem Sinn sollten Sie ihn ermutigen und
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