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Was habe ich getan?

Was habe ich getan?

Titel: Was habe ich getan?
Autoren: Amanda Prowse
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Arbeiten an diesem Tag seiner Meinung nach erledigt hatte. Weitere Punkte wurden hinzugefügt, falls ich irgendetwas getan hatte, was ihn irritierte oder ärgerte.«
    Nun hatte sie seine ganze Aufmerksamkeit.
    »Diese Punkte wurden auf einer Skala von eins bis zehn vergeben – zehn war schlecht. Je nachdem, wie schlecht ich abgeschnitten hatte, wurde entschieden, was als Nächstes kam.«
    Kathryns Tränen bahnten sich den Weg in das wartende Stück Küchenpapier. Ihr Atem ging stockend, und ihr Kummer war sowohl auf die Scham zurückzuführen, das zu erzählen, wie auf die Erinnerung an die Ereignisse.
    »Punkte?«
    Roland schüttelte den Kopf. Kathryn konnte nicht sagen, ob das Ausdruck von Mitleid oder Fassungslosigkeit war.
    »Ja. Und dann hat er mir wehgetan.«
    Das sagte sie im Flüsterton. Roland spitzte die Ohren, damit ihm nichts entging.
    »Wie lange ging das so, Kathryn?«
    Sie hustete, fasste sich und sprach recht fröhlich weiter, als könnte sie sich selbst vormachen, dass alles in Ordnung sei.
    »Na ja, im Nachhinein ist mir klar geworden, dass ich von dem Augenblick, als wir uns kennenlernten, drangsaliert wurde. Zuerst ging es um Kleinigkeiten: Kritik an meiner Kleidung, an meiner Frisur, die Ablehnung aller meiner Freunde. Er setzte meiner Karriere als Englischlehrerin ein Ende, was eine Schande war. Er machte alles, was ich vor unserem Kennenlernen besessen hatte, kaputt oder warf es weg, überwachte meine Anrufe, solche Sachen. Ganz allmählich wurde ich meiner Familie entfremdet. Sein ganzes Handeln war darauf ausgerichtet, mich aus dem Gleichgewicht zu bringen und von ihm abhängig zu machen. Er trennte mich von allen meinen Verbündeten und zerstörte mein Selbstwertgefühl, sodass ich bereits Opfer und ganz allein war, als er mit den wirklichen Misshandlungen anfing. Ich sah mich nicht mehr in der Lage, eine Entscheidung zu treffen, so groß war meine Verwirrung. Meine Stimme zählte nicht. Zumindest hatte ich diesen Eindruck.«
    »Und wie lange ging das mit dem, was du als wirkliche Misshandlungen bezeichnest?«
    »Hm, lass mich nachdenken – seit ich mit Dominic schwanger war.«
    »Der jetzt sechzehn ist?«
    »Ja, stimmt, auch wenn mir das fast unmöglich erscheint. Sechzehn. Die Zeit vergeht so schnell, nicht wahr? Du musst das doch auch bei Sophie feststellen. Manchmal habe ich den Eindruck, ich bin gerade einem pummeligen Kleinkind durchs Haus nachgerannt, dann habe ich ihm für eine Sekunde den Rücken zugekehrt, und stelle fest, dass er sich mit einem Mal zu dieser zu einem Teenager mit einem nicht zu bändigenden Lebenswillen entwickelt hat. Tut mir leid, Roland. Ich weiche vom Thema ab, oder?«
    Sie musterte seinen Gesichtsausdruck und begriff, in welch misslicher Lage er steckte. Kathryn wusste, dass es nicht plausibel klang. Es klang absolut verrückt, dass sie von Mark Brooker, dem Schulleiter, sprach! Sie wusste, dass Roland und alle anderen Eltern sich Mark immer nur als einen Mann vorstellen konnten, der sie mit einem festen Händedruck und einer geistreichen Bemerkung begrüßte. Sie würden alle der Meinung sein, dass die ganze Sache höchst schockierend war. Was würde Judith, Marks Sekretärin, davon halten?
    Kathryn schmunzelte in sich hinein, als sie sich die Reaktion der Frau ausmalte, und konnte sich ihre Aussage vorstellen: Mark hat nicht wie ein schlechter Mensch ausgesehen, genau genommen war er sogar ziemlich umwerfend.
    Kathryn hoffte, dass die Leute sich die eine wichtige Frage stellen würden, sobald alle Fakten ans Tageslicht gekommen waren: Wenn ihr Leben so perfekt gewesen wäre, wie Roland und alle anderen geglaubt hatten, wieso hätte sie es dann tun sollen? Warum sollte sie den ganzen Albtraum heraufbeschwören und um Bestrafung bitten, wenn es nicht wahr wäre? Dann müsste sie doch völlig verrückt sein. Und Kathryn war entschlossen zu beweisen, dass sie keineswegs verrückt war.
    Roland atmete tief ein und bereitete sich darauf vor, seine Fragen zu wiederholen.

Vor sieben Jahren
    Im Gefängnis von Marlham herrschte niemals Ruhe. Wenn der Fernseher mit seinen endlosen Wiederholungen todlangweiliger Serien nicht gerade plärrte, dann hörte man die Schreie durchgedrehter Gefangener, Lachsalven und unflätige Ausdrücke, die offenbar nur aus voller Lunge herausgebrüllt werden konnten. Kate, wie sie hier genannt wurde, wusste inzwischen aus Erfahrung, dass niederträchtige Bemerkungen viel bedrohlicher waren, wenn sie leise ausgesprochen wurden, langsam
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