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War da noch was - Roman

War da noch was - Roman

Titel: War da noch was - Roman
Autoren: Catherine Alliott
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anrufen und fragen sollen, statt dir per SMS eine Mitteilung zu schicken.« Ich dachte an ihre knapp bemessene Antwort: »Wenn Hugh euch eingeladen hat, freue ich mich natürlich. «
    Ich hätte auf der Stelle ihre Nummer wählen sollen, aber ich wusste auch, dass sie am Telefon kühl und höflich war, aber von Angesicht zu Angesicht doch viel wärmer, so wie jetzt. Wie immer sah sie hinreißend aus, aber bei näherer Betrachtung entdeckte ich Ringe unter ihren Augen.
    »Ich bin echt froh, dass du gekommen bist«, murmelte sie. »Mum macht mich wahnsinnig, und Kit ist mir auch ein bisschen zu viel.«
    »Was macht der eigentlich hier?« Ich warf einen Blick
zu meinem Bruder hinüber, der sein priesterliches Lächeln von der obersten Stufe aus in die Runde warf.
    »Er ist auf irgend so einem Bibelseminar in Oxford, das heißt, er wohnt so lange hier.«
    »Ah ja, so was dachte ich mir schon, er hat nämlich diesen ekstatischen Ausdruck im Gesicht, den er immer kriegt, wenn seine Inbrunst neu beflügelt wurde. Was ist mit Dad?«
    »Kommt morgen. Sie streiken in Genf, ob man’s glaubt oder nicht, deswegen hat er keinen Flug bekommen.«
    Mein Vater war als Journalist mittlerweile weitgehend im Ruhestand, aber manchmal nahm er noch einen freien Auftrag an. Momentan arbeitete er gerade an einem Reisebeitrag für den Independent.
    »Darling!« Nachdem meiner Mutter klar geworden war, dass dort unten auf dem Kies zu viel ohne sie geredet wurde und dass sie, falls sie wissen wollte, was los war, ihre elegante Ex-Model-Pose – Kinn hoch, rechter Fuß leicht ausgestellt und nach vorne – aufgeben musste, kam gekonnt auf ihren hohen Absätzen die Treppen hinunter. »Wie schön, welche Überraschung!«
    Das war es natürlich nicht, aber Mum schlug sich auf Lauras Seite und machte ihren Standpunkt deutlich. Nicht zum ersten Mal verspürte ich einen Anflug schuldbewusster Erleichterung, dass Laura nun ein Haus hatte, das groß genug war, alle Mitglieder meiner Familie mit all ihren Marotten zu beherbergen. Ich liebte sie allesamt uneingeschränkt, wollte sie aber nicht immer in meiner Nähe haben. Es gab düstere Momente, in denen ich in meinem winzigen Häuschen saß, Seffy weit weg in der Schule war, und davon träumte, mich fest zu binden und eine richtige Familie zu haben. Aber wegen der ganzen Folgeerscheinungen war ich mir nie so ganz sicher. Ein Teil von mir
genoss es, die Tochter zu sein, die von Zeit zu Zeit hereinplatzte, um sich dann wieder nach London zurückzuziehen, die Tochter, über die zweifellos nach meiner Abfahrt geredet und um die sich gesorgt wurde. Wenn es nach meiner Mutter ging, wäre ich schon längst mit einem netten Landarzt verheiratet und würde halbtags in einem kleinen Antikshop Kinkerlitzchen der Jahrhundertwende verkaufen. Mich schauderte bei dem Gedanken.
    »Mum.« Ich gab ihr einen Kuss auf die wohlriechende Wange und staunte, wie sie es schaffte, scheinbar immer jünger zu werden. Ihr schulterlanges, aschblondes Haar war mittlerweile von silbernen Strähnen durchzogen, aber sie war immer noch fit, die blauen Augen strahlend und sie war so schlank und aufrecht wie immer. »Du siehst umwerfend aus.«
    »Danke, mein Schatz. Ich habe eine neue Kosmetikerin in der Motcomb Street. Es hat offenbar alles mit Energierotation und Flüssigkeitshaushalt zu tun. Du könntest sie ja mal ausprobieren, ich gebe dir ihre Nummer. Du siehst nämlich ein bisschen mitgenommen aus, wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf.«
    »Danke«, ich grinste. »Ach, Mum, du erinnerst dich doch an Maggie, oder?«
    Meine Mutter, die sich trotz ihrer fast ein Meter achtzig Körpergröße nie hinunterbeugte, um kleineren Menschen entgegenzukommen, linste abwärts. Maggie errötete und hätte beinahe einen Knicks gemacht. Eine kleine Verbeugung konnte ich auf jeden Fall entdecken.
    »Tatsächlich, ich erinnere mich. Also Maggie, Sie sehen wirklich blühend aus. Offenbar achten Sie auf sich, wie es sich für alleinstehende junge Frauen empfiehlt.« Dabei warf sie einen vorwurfsvollen Blick zu mir hinüber, während sie einen Kuss neben Maggies Wange hauchte.
Tataa, da war sie schon, die erste Bemerkung zu meinem unverheirateten Zustand, und dabei waren wir gerade mal seit zwei Minuten da.
    »Hattest du schon einen Termin bei Mr Auchbach, mein Schatz?« Jetzt hielt sie den fragenden Blick wieder ganz auf mich gerichtet.
    »Ach nein, noch nicht.«
    »Ich wusste es. Das habe ich schon an deinen Sorgenfalten gesehen. Tu mir den
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