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Wanderungen Durch Die Mark Brandenburg: Band 3, Havelland

Wanderungen Durch Die Mark Brandenburg: Band 3, Havelland

Titel: Wanderungen Durch Die Mark Brandenburg: Band 3, Havelland
Autoren: Theodor Fontane
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insoweit, als sie, oft in ziemlich prosaischer Weise, der Agrikultur dienstbar gemacht worden sind. Die Abtwohnungen sind zu Amtshäusern, die Refektorien zu Maischräumen und Brennereien geworden. Es ist allen diesen Klöstern ergangen wie ihrer großen, gemeinschaftlichen Mater, dem Kloster zu Cîteaux, selber. Den Verfall, den Niedergang, den hierzulande die Reformation still und allmählich einleitete, schuf dort die Französische Revolution auf einen Schlag. »Auf den Trümmern der Abtei« – so erzählt der Abbé Ratisbonne, der eine »Geschichte des heiligen Bernhard« geschrieben hat und Cîteaux um 1839 besuchte – »erhob sich in dem genannten Jahre eine Runkelrübenzuckerfabrik, die selber wieder in Trümmer zerfallen war, und ein elender Schauspielsaal stand an der Stelle der Mönchsbibliothek, vielleicht an der Stelle der Kirche. Die Zelle des heiligen Bernhard, die vor ohngefähr zwanzig Jahren noch existierte, hatte inzwischen einem Schmelzofen Platz gemacht. Nur noch der Schutt der Zelle war vorhanden. Aus den bloßen Trümmermassen des Klosters waren drei Dörfer erbaut worden.«
    In dieser kurzen Schilderung des Verfalls des Mutterklosters ist zugleich die Geschichte von über hundert Töchterklöstern erzählt. Auch die Geschichte der unsrigen.
    Die Klöster selber sind hin. Viele von denen, die hierlands in alten Klostermauern wohnen, wissen kaum, daß es Klostermauern sind, sicherlich nicht, daß es Zisterzienser waren, die vor ihnen die Stätte innehatten. Und hörten sie je das Wort, so wissen sie nicht, was es meint und bedeutet. Und doch waren es die Pioniere, die hundert und tausend andern Kolonisten, die nach ihnen kamen, die Wege bahnten. Das Gedächtnis an sie und an das Schöne, Gute, Dauerbare, das sie geschaffen, ist geschwunden; uns aber mag es geziemen, darauf hinzuweisen, daß noch an vielen hundert Orten ihre Taten und Wohltaten zu uns sprechen. Überall, wo in den Teltow- und Barnim-Dörfern, in der Uckermark und im Ruppinschen alte Feldsteinkirchen aufragen mit kurzem Turm und kleinen niedrigen Fenstern, überall, wo die Ostwand einen chorartigen Ausbau, ein sauber gearbeitetes Sakristeihäuschen, oder das Dach infolge späteren Anbaues eine rechtwinklige Biegung, einen Knick zeigt, überall da mögen wir sicher sein – hier waren Zisterzienser , hier haben Zisterzienser gebaut und der Kultur und dem Christentum die erste Stätte bereitet.
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    Dies weiße Kleid der Zisterzienser war ihr besonderer Stolz, und unter den zahlreichen Legenden 2) dieses Ordens bezogen sich viele auf die besondere Gunst, in der, bei Gott und Menschen, das »weiße Kleid« stand. Im Jahre 1215 starb ein Zisterziensermönch zu Cher in Frankreich und wurde ohne sein Chorkleid begraben. Er kam zurück, um sein Kleid zu holen, weil der heilige Benedikt ihm nicht anders den Himmel aufschließen wollte. Der Prior gab es ihm, und er hatte nun Ruhe und kam nicht wieder. [Image: Zurück]
 
Unter den anderweiten Legenden des Ordens ist mir keine schöner erschienen als die folgende: Im Jahre 1167 dachte Mönch Heron in Galizien in der Frühmette über die Worte nach: »Tausend Jahre sind vor dir, Herr, wie der Tag, der gestern vergangen ist.« Er fand dies unbegreiflich und zweifelte. Als er aus der Kirche kam, flatterte ein bunter Vogel über ihm und sang sehr lieblich. Heron, von der Schönheit und dem Gesang des Vogels bezaubert, folgte ihm, wohin er flog, aus dem Kloster in einen benachbarten Wald, der Vogel hüpfte von Zweig zu Zweig und sang immerfort dreihundert Jahr lang. Als nun Heron dreihundert Jahr lang weder gehungert noch gedürstet, sondern allein von dem lieblichen Vogelgesang gelebt hatte, flog der Zaubervogel davon, und die Entzückung hörte auf. Heron kam nun wieder zu sich selbst und besann sich, daß er soeben aus der Frühmette gekommen sei. Er kehrte zurück zum Kloster und klopfte an die Klosterpforte, aber da waren weder Pförtner noch Abt noch Brüder mehr, die ihn kannten. Sie waren alle längst tot; dreihundert Jahre waren verflossen. »Tausend Jahre sind wie ein Tag.« ._.
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Kloster Lehnin
1. Die Gründung des Klosters
    Wo das Kloster aus der Mitte
Düstrer Linden sah.
      Mit des Jammers stummen Blicken
Fleht sie zu dem harten Mann,
Fleht umsonst, denn loszudrücken
Legt er schon den Bogen an.
    Schiller

     
    Die erste Gründung der Zisterzienser in der Mark – Zinna war nicht märkisch – war Kloster Lehnin. Es liegt zwei Meilen südlich von Brandenburg, in dem
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