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Walled Orchard 02: Der Garten hinter der Mauer

Walled Orchard 02: Der Garten hinter der Mauer

Titel: Walled Orchard 02: Der Garten hinter der Mauer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
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zerbrochene Weinflasche, die mir zu einem glücklichen Einfall verhalf. Ich bückte mich, hob eine der Tonscherben auf und nahm die Spange von meinem Umhang ab. Mit ihrer Spitze kratzte ich nun ein paar Worte in die Scherbe und bat meinen Nachbarn, sie nach vorn an Aristophanes weiterzugeben. Was ich geschrieben habe, weiß ich nicht mehr genau, aber es zeigte Wirkung; denn kaum hatte der Sohn des Philippos die Nachricht gelesen, ließ er den Apfel fallen, von dem er gerade gegessen hatte, warf mir einen von purem Haß erfüllten Blick zu und verließ schleunigst das Theater. Wenn ich es mir recht überlege, glaube ich, etwas des Inhalts geschrieben zu haben, daß ich kurz vor meinem Aufbruch von zu Hause ein paar Sklaven und Freunde zu seinem Haus hinübergeschickt hätte, damit sie es in Brand setzten, und er, wenn er sich beeile, vielleicht noch rechtzeitig hinkomme, um sie davon abzuhalten. Nun belegte der Ausländer mit den Kindern Aristophanes’ Platz, und da er nicht reserviert war, konnte ihn Aristophanes nach der Rückkehr von seinem vergeblichen Gang nicht wieder in Anspruch nehmen. Das wiederum bedeutete, daß er das wenige, was er von meiner Komödie schließlich noch zu sehen bekäme, von ganz hinten zu verfolgen hätte, wobei er mitten unter den Sklaven und den vielen Betrunkenen stehen müßte.
    Philonides’ mußte erst nach Verlauf eines gut Teils der ersten Szene auf die Bühne; wenn er also immer noch den Weinkrug bei sich hatte, blieb ihm noch eine Menge Zeit, sich hoffnungslos zu betrinken. Obwohl ich auf meinen Anfangsdialog ungemein stolz war, konnte ich es nicht ertragen zuzusehen, und wenn das Publikum überhaupt gelacht hat, habe ich nichts davon mitbekommen. Und dabei gibt es für mich keine lieblichere Empfindung als den Klang von Menschen, die im Theater über meine Verse lachen; wenn ich diesen Wohlklang höre, kann ich an nichts anderes mehr denken, und daraus können Sie selbst ersehen, wie aufgeregt ich wohl war. Doch Philonides’ Stichwort hörte ich laut und deutlich, und ich öffnete die Augen und starrte auf die Bühnentür, durch die er auftreten sollte. Gerade mal so lange, wie eine Olive braucht, um vom Baum auf den Boden zu fallen, war nichts von ihm zu sehen, und in diesem kurzen Zeitraum malte ich mir vor meinem geistigen Auge zwei Bilder von ihm aus: eins, auf dem er, vor sich hin plappernd wie ein Schwachkopf, neben dem leeren Weinkrug auf dem Boden lag, und ein zweites, wie er hinter dem gemalten Bühnenhintergrund kauerte und sich weigerte, sich auch nur ein Stück von der Stelle zu rühren, während ihn die Sklaven mit Tritten und Schimpfwörtern traktierten. Doch dann schritt Philonides, der wie König Theseus höchstpersönlich aussah, auf die Bühne, und die Zuschauer verstummten. Für den Bruchteil einer Sekunde schien er zu zögern, aber dann legte er mit der Eröffnungsrede los, die mit zu dem Besten gehört, was ich jemals geschrieben habe. Wie eine Quelle aus einem gespaltenen Stein sprudelte seine Stimme von der Bühne empor und ließ ihn doppelt so groß erscheinen, wie er in Wirklichkeit war, und eine Zeitlang war das Publikum viel zu überwältigt, um lachen zu können. Dann brach der erste umwerfende Witz wie eine Meereswoge bei heftigem Sturm über die Zuschauer herein, und das donnernde Gelächter brachte die Erde zum Beben. Für mich war das wie die erste Luft in der Lunge eines Erstickenden. Mit jeder einzelnen Pore sog ich das Lachen in mich auf und hielt es im Innern fest. Auch bei Philonides bewirkte es offenbar etwas. Nur einen Augenblick lang schien er erschrocken zu sein, als sei ihm plötzlich bewußt geworden, daß er sich nicht allein im Theater befand. Dann war es, als hätte er die ganze gewaltige Klangfülle des Theaters in sich aufgenommen und verdaut, alles in der Zeit, die es dauert, einen Finger zu rühren, denn den Rest der Rede trug er donnernd wie ein Gott vor, der eine Prophezeiung verkündet. Nie habe ich ein Publikum gesehen, dem ein Schauspieler dermaßen zusagte wie Philonides, und nie einen Schauspieler, der auf ein solch gutes Publikum so herrlich reagierte. Die Zuschauer klatschten und jubelten und pfiffen und schrien, und Philonides wurde immer besser. Es war eine lange Rede, seine Eröffnungsrede, doch bei seinem Vortrag schien die Zeit stehenzubleiben.
    In anderen Worten: Das Stück schlug ein. Als der Chor auf die Bühne kam, hätte man eine Feder fallen hören können, während sämtliche Zuschauer zweimal hinsahen, um

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