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Wallander 06 - Die fünfte Frau

Wallander 06 - Die fünfte Frau

Titel: Wallander 06 - Die fünfte Frau
Autoren: Henning Mankell
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die in dem Laden arbeitete, Vanja Andersson hieß und dreiundfünfzig Jahre alt war.
    Wallander ging langsam im Laden umher. Aus alter, eingefahrener Gewohnheit achtete er genau darauf, wohin er die Füße setzte. Der feuchte Blumenduft weckte weitere Erinnerungsbilder in ihm. Er trat hinter die Theke und blieb vor einer rückwärtigen Tür stehen, deren obere Hälfte aus Glas bestand. Der Kitt war neu. Hier waren der oder die Diebe eingestiegen. Wallander betrachtete den Fußboden aus verschweißten Kunststoffplatten. »Ich nehme an, das Blut war hier«, sagte er.
    »Nein«, sagte Ann-Britt Höglund. »Die Blutflecken waren im Laden.«
    Wallander zog erstaunt die Stirn in Falten. Dann folgte er ihr zurück zwischen die Blumen. Ann-Britt Höglund stellte sich mitten auf den Fußboden. »Hier«, sagte sie. »Genau hier.«
    |41| »Aber nichts drüben am Fenster?«
    »Nichts. Verstehst du jetzt, warum ich das Ganze komisch finde? Warum ist hier Blut? Aber nicht am Fenster? Wenn wir nun davon ausgehen, daß derjenige, der das Fenster zerschlagen hat, sich geschnitten hat?«
    »Wer sollte es denn sonst sein?«
    »Genau. Wer sollte es sonst sein?«
    Wallander ging noch einmal durch den Laden. Er versuchte sich den Hergang vorzustellen. Jemand hatte die Scheibe eingeschlagen und war hereingeklettert. Mitten auf dem Fußboden des Ladens war Blut gewesen. Nichts war gestohlen worden.
    Jedes Verbrechen folgte einer Art von Planmäßigkeit oder Vernunft. Abgesehen von den reinen Wahnsinnstaten. Das wußte er aus langjähriger Erfahrung. Aber niemand beging die Wahnsinnstat, in ein Blumengeschäft einzubrechen, um nichts zu stehlen, dachte Wallander. Es paßte ganz einfach nichts zusammen.
    »Ich nehme an, daß es Blutstropfen waren«, sagte er.
    Zu seiner Verwunderung schüttelte Ann-Britt Höglund den Kopf. »Es war eine kleine Lache«, sagte sie. »Keine Tropfen.«
    Wallander dachte nach. Aber er sagte nichts. Er hatte nichts zu sagen. Dann wandte er sich der Verkäuferin zu, die im Hintergrund wartete. »Es ist also nichts gestohlen worden?«
    »Nichts.«
    »Nicht einmal ein paar Blumen?«
    »Nicht soweit ich sehen konnte.«
    »Wissen Sie wirklich immer genau, wie viele Blumen Sie im Laden haben?«
    »Ja.«
    Die Antwort kam schnell und bestimmt. Wallander nickte. »Haben Sie eine Erklärung für diesen Einbruch?«
    »Nein.«
    »Der Laden gehört nicht Ihnen?«
    »Der Inhaber ist Gösta Runfelt. Ich bin bei ihm angestellt.«
    »Wenn ich recht verstanden habe, ist er verreist? Haben Sie Kontakt mit ihm aufgenommen?«
    »Das geht nicht.«
    |42| Wallander betrachtete sie aufmerksam. »Warum geht das nicht?«
    »Er ist auf Orchideensafari in Afrika.«
    »Können Sie das näher erklären? Orchideensafari?«
    »Gösta ist ein passionierter Orchideenfreund«, sagte Vanja Andersson. »Er weiß alles über Orchideen. Er reist in der ganzen Welt umher und sieht sich alle Arten an, die es gibt. Er schreibt ein Buch über die Geschichte der Orchideen. Zur Zeit ist er in Afrika. Wo, weiß ich nicht. Ich weiß nur, daß er nächste Woche Mittwoch zurückkommt.«
    Wallander nickte. »Wir müssen wohl mit ihm sprechen, wenn er zurück ist«, sagte er. »Vielleicht bitten Sie ihn, sich bei uns zu melden?«
    Vanja Andersson versprach es. Ein Kunde kam in den Laden. Ann-Britt Höglund und Wallander traten in den Regen hinaus. Sie setzten sich in den Wagen, aber Wallander ließ den Motor noch nicht an. »Man kann natürlich an einen Dieb denken, der sich geirrt hat«, sagte er. »Ein Dieb, der das falsche Fenster einschlägt. Gleich nebenan liegt ein Computerladen.«
    »Aber die Blutlache?«
    Wallander zuckte mit den Schultern. »Vielleicht hat er nicht gleich gemerkt, daß er sich geschnitten hat. Er steht da und läßt die Arme hängen und sieht sich um. Das Blut tropft. Und Blut, das auf eine Stelle tropft, bildet früher oder später eine Lache.«
    Sie nickte. Wallander ließ den Wagen an. »Das ist ein Versicherungsschaden«, sagte er. »Weiter nichts.«
    Sie fuhren durch den Regen zurück zum Polizeigebäude. Inzwischen war es elf Uhr geworden.
    Montag, der 26.   September 1994.
    In Wallanders Kopf verflüchtigte sich die Romreise wie eine langsam verblassende Luftspiegelung.

|43| 3
    Am Dienstag, dem 27.   September, ließ der Regen über Schonen nicht nach. Die Meteorologen hatten vorhergesagt, daß dem heißen Sommer ein regnerischer Herbst folgen würde, und bisher hatte nichts ihren Prognosen widersprochen.
    Am Abend zuvor, als
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