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VT06 - Erstarrte Zeit

VT06 - Erstarrte Zeit

Titel: VT06 - Erstarrte Zeit
Autoren: Jo Zybell
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»Möglicherweise ist die Hölle dagegen ein freundlicher Ort«, hörte Percival eine Stimme in feinstem Oxfordenglisch sagen. Natürlich Wilson. In diesen Sekunden hasste er den Ethnologen.
    Ein paar hundert Meter entfernt sah man undeutlich die Krümmung einer Kuppel unter dem dunklen Himmel. Der Bunkereingang. Ein Befehl von der Spitze der Marschkolonne machte die Runde. Die Männer und Frauen sanken zu Boden. Von allen Seiten hörte man Seufzen und Murmeln und das Klicken von Waffen, die entsichert wurden.
    Vier Bewaffnete eskortierten Percival, Leila, Wilson und Krieger zur Kolonnenspitze. Dagobert und Major Mogbar wechselten sich dort an einem Nachtsichtgerät ab. Dagobert reichte den Feldstecher an Percival weiter und sagte: »Donald ist tot, nicht wahr?«
    »Ja«, antwortete Percival und setzte das Glas an die Augen.
    »Schade, was, Sir Percival?« Das war alles, was Dagobert antwortete.
    »Ja, sehr schade um ihn.« Percival spähte durch den Feldstecher. Menschliche Gestalten bewegten sich vor der Kuppel über dem Bunkereingang. Er reichte den Feldstecher an den Major weiter.
    Major Mogbar beobachtete das Kuppelgebäude Minuten lang. Plötzlich begann er zu sprechen; stoßartig und atemlos. Roger Wilson übersetzte: »Sie haben das Außenschott geöffnet! Sie schleppen Leute heraus! Einige gehen aus eigener Kraft! Das ist unsere Chance!«
    Mogbar blickte sich nach Percival um. Der nickte nur kurz, und als er genickt hatte, wusste er, dass es nun keinen Weg zurück mehr gab.
    Mogbar schrie etwas auf Bantu, das Wilson mit Angriff! übersetzte. Im nächsten Moment erhob sich die Menge der dunklen Gestalten und stürmte dem Kuppelgebäude entgegen.
    Seite an Seite mit Leila und Wilson lief Percival der Angriffswelle hinterher. Er sah Mündungsfeuer aufblitzen, wohin er blickte, er hörte Detonationen, hörte Schusslärm, und Geschrei, und er sah Menschen zu Dutzenden fallen.
    Bald schloss sich das Schott, und etwas mehr als zweihundert Männer und Frauen standen unter einem dunklen Himmel vor ein paar Dutzend meist dunkelhäutigen Menschen, die eifrig ihre Arme über die Köpfe streckten und sich ergaben. Sie sahen gut genährt und sauber aus. Aus ihren Gesichtern allerdings sprach die nackte Angst. Einige trugen Kopfverbände, andere hatten geschiente Arme in Schlingen gesteckt, wieder andere lagen auf dem Boden, weil sie nicht laufen konnten.
    Es waren die Verlierer des Bunkerkrieges, eindeutig. An einer Stelle lagen über dreißig Tote, alles im Kampf Gefallene. Und nicht lange, da schleiften sie einen massigen Torso herbei, und irgendein Gefangener behauptete, es wäre die Leiche von Kaiser Karl dem Großen.
    Wilson und Mogbar fragten ein paar Mal nach – ungläubig, erschrocken und misstrauisch –, und bald darauf sprach sich herum, dass der größenwahnsinnige Präsident von Tansania tot war, und der Mann, der ihn im Zweikampf besiegte, ihn enthauptet hätte.
    Major Mogbar und Dagobert verminten das Kuppelschott. Der Explosionsblitz tauchte die Kuppel und das Gelände für eine Sekunde in grelles Licht. Als der Rauch sich verzog, klaffte ein Loch im Kuppelschott. Jetzt hatten sie Zugang bis zum Lift.
    Mogbar ließ Fackeln entzünden, auch einzelne Stablampen flammten auf. Eine Vorhut stürmte in die Kuppelhalle, und als sie auf keinen Widerstand traf, folgten Mogbar, Percival, Dagobert, Leila und Wilson mit ungefähr dreißig Bewaffneten.
    Der Liftschacht stand offen, die Männer blickten in bodenlose Tiefe. Wilson leuchtete den Schacht aus. »Kein Steuerseil mehr, das Tragseil scheint defekt zu sein. Der Hauptlift funktioniert nicht mehr.« Mogbar drückte auf die Tastfelder der Schaltleiste neben der Tür. Nichts geschah. Die Bunkerbewohner waren durch ein Treppenhaus oder mit den beiden kleinen Liften wieder nach unten geflohen. »Sucht die Tür!«, befahl Mogbar. »Versucht die beiden anderen Lifte aufzusprengen!«
    Percival blickte sich um: In der Halle unter der Kuppel gab es außer ein paar Armeetransportern und etwa zehn Jeeps auch einen Helikopter. Der stand auf einem Anhänger.
    Auf einmal schien die Sonne aufzugehen. »Der Berg!«, rief Leila und hielt Percival fest. Der fuhr herum und blickte zum Kilimandscharo. Alles war seltsam hell plötzlich. Eine gewaltige Feuersäule stand über dem breiten Gipfel. Tausend Glutbögen schossen aus ihr, und tausend Lavaströme suchten sich ihren Weg über den Berghang hinunter in das verkohlte Buschland.
    »Wir sind verloren!«, schrie Wilson. »Entweder
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