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Von Zwanzig bis Dreißig

Von Zwanzig bis Dreißig

Titel: Von Zwanzig bis Dreißig
Autoren: Theodor Fontane
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ist etwas ganz Hübsches.
     
    8 An verschiedenen Stellen in diesem Kapitel klingt es, als ob ich nach dem guten, alten »On revient toujours à ses premiers amours« operieren wollte. Das trifft indessen nicht zu. Meine politischen Anschauungen – allerdings zu allen Zeiten etwas wackliger Natur – haben sich meist mit dem Nationalliberalismus gedeckt, trotzdem ich zu demselben, wie schon an anderer Stelle ausgeführt, niemals in rechte Beziehungen getreten bin. Also eigentlich nationalliberal. In meinen alten Tagen indes bin ich immer demokratischer geworden, ganz nach dem Vorbilde meines Lieblings »Isegrimm« in Willibald Alexis' gleichnamigem herrlichen Roman, wohl das Beste, was er geschrieben. Aber wohin ich auch noch geschoben werden mag, ich werde immer zwischen politischen Anschauungen und menschlichen Sympathien zu unterscheiden wissen, und diese menschlichen Sympathien habe ich ganz ausgesprochen für den märkischen Junker. Die glänzenden Nummern unter ihnen – und ihrer sind nicht wenige – sind eben glänzend, und diese nicht lieben zu wollen, wäre Dummheit; aber auch die nicht glänzenden – und ihrer sind freilich noch mehrere – haben trotz Egoismus und Quitzowtum, oder auch vielleicht um beider willen, einen ganz eigentümlichen Charme, den herauszufühlen ich mich glücklich schätze. Die Rückschrittsprinzipien als solche sind sehr gegen meinen Geschmack, aber die zufälligen Träger dieser Prinzipien haben es mir doch nach wie vor angetan. Vielleicht weil ich – ich glaube manche gut zu kennen – an den Ernst dieser Rückschrittsprinzipien nicht recht glaube. Sie können eines Tages total umschlagen.
     
    9 Noch im Sommer desselben Jahres nahm Lepel seinen Abschied und bezog ein in der Nähe von Köpenick gelegenes Schlößchen. Wir korrespondierten. Als nun jene Novembertage heranrückten, wo die Garden – Lepel nicht mehr dabei – von Schleswig her wieder herangezogen wurden, um die konstituierende Versammlung aufzulösen oder ihr wenigstens einen Ortswechsel aufzuzwingen, schrieb ich in größter Aufregung an ihn und bat ihn – indem ich halb spöttisch einfügte, daß er in seinem »Schloß« doch wohl eine Rüstkammer haben würde –, mir ein Muskedonner zu schicken. Nun würde mir, glaub' ich, auf solch Ansinnen hin jeder andere Königstreue die Freundschaft gekündigt haben, es entsprach aber ganz Lepels Wesen, daß ihm meine provozierende Tollheit nur spaßhaft vorkam – und wenn er vielleicht doch noch geschwankt hätte, so würde mich das von mir gebrauchte Wort »Muskedonner« unter allen Umständen gerettet haben. Solchem grotesken Ausdruck konnte er nicht widerstehen. Er antwortete mir also in vollkommen guter Laune und begnügte sich damit, mich zu ridikülisieren.
     
    10 Es heißt immer, Menzel sei erst verhältnismäßig spät berühmt geworden, und das ist auch bis auf einen gewissen Grad richtig. Es gab aber doch auch immer Leute, die recht gut wußten, »was los war«. Und zu diesen Leuten gehörte, sein Andenken sei gesegnet, auch unseres Menzels damaliger Hauswirt. Als »Hochkirch« endlich fertig war, ergab sich eine Unmöglichkeit, das Riesenbild die Treppe hinunterzuschaffen, am sperrendsten und gefährlichsten aber erwiesen sich die Treppenknäufe, Kugeln mit einer Spitze darauf, die der Hauswirt für das eben fertig gewordene Haus – Ritterstraße – hatte herstellen lassen. Da geschah das Unerhörte. Menzels Hauswirt, nachdem er den Wirt in sich besiegt, erschien mit einer Handsäge, sägte persönlich die Treppenknäufe ab und machte dadurch das Defilé frei. Wenn über Berliner Hauswirte gesprochen wird – was man so sprechen nennt –, so ermangele ich nie hinzuzusetzen: »Alles richtig. Aber da war mal einer ...«
     
    11 Es gibt vier Prinzen Heinrich von Preußen: Prinz H., Bruder Friedrichs des Großen, gest. 3. August 1802 zu Rheinsberg. – Prinz H., Bruder Friedrich Wilhelms II., gest. 1767 (an den Blattern) zu Protzen in Nähe von Ruppin. – Prinz H., Bruder Friedrich Wilhelms III., gest. zu Rom. (Also der, von dem ich im Text erzähle.) – Prinz H., Bruder Kaiser Wilhelms II.
     
    12 Geibel hat den Mädchen-von-Lucknow-Stoff ebenfalls behandelt, aber auch ganz schwach.
     
    13 Seitdem ich das Vorstehende schrieb, hat die fünfzigjährige Wiederkehr des achtzehnten März eine ganze Literatur gezeitigt; Altes ist neu hervorgesucht, Neues, von damals Beteiligten, niedergeschrieben worden. Aber von einem
Aufhellen
der Ereignisse keine Rede;
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