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Von Draussen

Von Draussen

Titel: Von Draussen
Autoren: Raimon Weber
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verwirrt? Und in welchem Verhältnis steht er zu Großvater?
    „Darf ich fragen, wer Sie sind?“
    Er reagiert nicht und sieht an mir vorbei. Dorthin, wo die Einsatzkräfte der IFIS ihrer rätselhaften Arbeit nachgehen. „Es wird immer schlimmer“, murmelt er dabei. „Von Tag zu Tag. Sie verlieren noch die Kontrolle.“
    „Haben Sie eine Ahnung, was im Olympic geschehen ist?“
    „Ja“, sagt er und seine Stimme hat mit einem Mal jegliche Kraftlosigkeit verloren. „Aber es ist besser, wenn ich es dir nicht verrate. Zu deiner eigenen Sicherheit.“
    „Ich verstehe kein Wort“, erwidere ich.
    „Aufgemerkt!“ Er klatscht in die Hände. „Einigen wir uns darauf, dass du keine Fragen stellst und nur zuhörst.“
    Er kann den Widerwillen von meinem Gesicht ablesen. „Kein Grund zum Schmollen. Ich will nur dein Leben retten.“ Er legt eine fleischige Pranke auf meine Schulter. Es kostet Überwindung, sie nicht abzuschütteln. Erst jetzt wird mir bewusst, dass es sich hier um eine Belästigung, einen so genannten sexuellen Übergriff, handelt. In der Schule haben wir gelernt, in einer solchen Situation sofort um Hilfe zu rufen. Doch der Fremde scheint auch meine Gedanken erahnen zu können und lässt die Hand in seiner Manteltasche verschwinden.
    „Ich will dir nichts tun. Mir ist bekannt, dass du mit Jonathan Sato ... wie sagt man? ... zusammen bist.“
    „Woher wissen Sie das?“
    „Pst!“, macht er. „Ich weiß eben sehr viel. Sogar, dass er plant, mit dir das Draußen zu erforschen.“
    „Das stimmt nicht.“ Ich verschweige, dass ich sehr wohl über Jonathans innigen Wunsch, mehr über das Draußen zu erfahren, Bescheid weiß. Aber wie soll er es denn erforschen können? Das ist absolut unmöglich.
    Der Mann lässt nicht locker. „Wenn er dich auffordert, ihm in verbotene Bereiche zu folgen, darfst du dich darauf nicht einlassen. Außerhalb der Stadt wartet nur der Tod auf euch. Sonst nichts.“
    Ich nicke eingeschüchtert, wage aber dennoch eine Frage: „Waren Sie schon mal außerhalb der Stadt?“
    Er sieht zum Himmel empor. Ein blaugrüner Blitz schlängelt sich über den Schutzschirm. Dabei verursacht er ein deutlich hörbares Zischeln. Beinahe scheint er lebendig zu sein.
    „Nein“, sagt der Mann schließlich. „Dann würde ich hier nicht stehen.“
    Ein großer Transporter fährt laut hupend an uns vorbei. Auf seiner Seite grinst ein aufgemaltes Schwein. Dass man dem Tier bereits ein üppiges Filetstück aus dem Rücken geschnitten hat, scheint es nicht zu stören. Der Transporter bremst und fährt rückwärts auf den Eingang des Hotels zu. Ein Mann der IFIS weist ihn dabei ein.
    „Wirst du auf mich hören?“, fragt der Fremde.
    Ich nicke erneut.
    Der Mann mustert mich, als würde er mir nicht so recht trauen, seufzt dann und sagt: „Und vergiss nicht, deinem Großvater zu erzählen, dass ich Sarah Freeman gefunden habe.“
    „Ist es nicht besser, wenn ich dazu auch Ihren Namen erfahre?“
    Er überlegt kurz. „Sag ihm, du hast den alten Parker getroffen.“
    „Und woher kennen Sie meinen Großvater, Mr. Parker?“
    Er glotzt mich an und ich glaube schon, dass ich ihn mit meiner Neugierde verstimmt habe. Doch dann verzieht er die fleischigen Lippen zu einem Lächeln und sagt: „Kennst du den Darkside Park, Emily?“
    „Nein.“
    „Gut! Sehr guuut!“ Er kneift ein Auge zu und verschwindet wieder im Hauseingang. Er bewegt sich trotz seines Alters völlig lautlos.

- 5 -

    Ich betrete zum ersten Mal in meinem Leben den Sato-Tower. Alles im Foyer ist von einem so intensiven Weiß, dass es beinahe in den Augen schmerzt. Weiße Wände, weißer Fußboden. Eine Empfangsdame im weißen Kleid sitzt an einem Schreibtisch und sieht mir mit einem strahlenden Lächeln entgegen. Sie ist nur ein paar Jahre älter als ich. Das trifft auch für die drei jungen Männer im Hintergrund zu. Ihre IFIS-Uniformen machen sie in dieser Umgebung fast unsichtbar.
    „Willkommen, Emily Prey“, begrüßt mich die Frau. „Du bist bereits angemeldet.“
    Sie nickt einem der Uniformierten zu. Er tritt vor und deutet auf eine der sechs verschlossenen Aufzugtüren. Sie ist wesentlich größer als die anderen fünf.
    Er drückt einen Knopf und die Tür gleitet zur Seite. Wie erwartet ist auch das Innere des Aufzugs weiß, aber bei weitem nicht so schmucklos wie das Foyer des Towers. Mindestens ein Dutzend gerahmter Fotos hängt an den Wänden. Es gibt auch zwei Monitore, aber ihre Bildschirme sind schwarz.
    Der
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