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Vögelfrei

Titel: Vögelfrei
Autoren: Sophie Andresky
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Weile auf der Bank und hat beobachtet, wie jemand zum Treibhaus ging, der offensichtlich nicht kostümiert war und auch keine Lust auf eine Orgie hatte.«

    Die Tür der Küche öffnet sich, und Jannik führt zwei Beamte herein, einen in Zivil, den ich noch von den Ermittlungen kenne, und einen in Uniform.
    »Leander hatte es zunächst vergessen, weil wir alle unter Schock standen. Aber als ich verdächtigt wurde, das Feuer selbst gelegt zu haben, und wir überlegten, wer es gewesen sein konnte, fiel es ihm wieder ein.« Ich drehe mich zu Samir um.
    »Was hast du dir dabei gedacht?«, fahre ich ihn an. »Es sind Menschen verletzt worden! Dein Glück, dass niemand gestorben ist. Dass wir alle rechtzeitig aus dem Haus bringen konnten, war ein Wunder.«
    Die Polizisten treten hinter ihn. Samir sieht mich hasserfüllt an. »Du gehörst verbrannt«, schnaubt er, »du hast mein Leben ruiniert, du Nutte. Wenn mein Leben vorbei ist, muss deins auch vorbei sein.«
    Ich lehne mich zurück. »Moderne Form der Witwenverbrennung, ja?«
    Die Handschellen schnappen zu. Samir tobt und schreit. Wahrscheinlich verflucht er mich, aber ich verstehe kein Wort, und das ist wohl auch besser so. Ich bin erleichtert, dass ich ihn nicht mehr sehen muss. Die Polizei, mit der ich in Leanders Badezimmer telefoniert hatte, hat eine Zigarettenkippe im Hausflur gefunden. Samirs Marke. Und selbst wenn Leanders Beobachtung von dem rauchenden Mann, der mit einer großen Tüte ins Treibhaus ging und kurz darauf ohne die Tüte wegrannte, nicht gereicht hätte, hat Samir sich gerade selbst verraten.
    Obwohl ich diese Szene tausendmal durchgespielt habe, bin ich doch fassungslos, wie sehr er mich hasst. Was muss in ihm vorgegangen sein, dass er hierherfliegt, mich
ausfindig macht, ausspioniert, was ich vorhabe, einen Brandsatz bastelt und jahrelangen Knast riskiert?
    Ich hätte ihn schon beim Nachtisch festnehmen lassen können, aber er sollte Leanders Geschichte noch hören. Damit er weiß, dass ich mich nach ihm neu verliebt habe und auch geliebt wurde. Samir wehrt und sträubt sich gegen die Beamten und wird mehr aus dem Zimmer geschleift als geführt.
    Ich wende mich wieder Leander zu. Seine Augen schimmern feucht. Ich beuge mich zu ihm und küsse ihn. Zwischen uns gibt es keine Missverständnisse. Er weiß genau, was hier passiert; ich habe ihn nie angelogen.
    »Damit wäre unser Abend fast vorbei«, sage ich. »Ich bin froh, dass ihr alle da wart, um ihn mit mir zu feiern. Das ist heute ein ganz besonderer Anlass …« Gemma stößt Malte in die Seite, der schaut etwas pikiert. »… denn genau heute bin ich seit einem Jahr von meinem Mann getrennt. Ich war ein Jahr lang frei und konnte tun und lassen, was ich wollte, und vor allem vögeln, wen ich wollte. Das war seine Strafe dafür, dass er mich betrogen hat. In einer Dreiviertelstunde endet seine Buße. Ich hatte mein vögelfreies Hurenjahr und meine Genugtuung, und jetzt ist es vorbei.«
    Gemma zeigt mit ihrem Kaffeelöffel auf meinen Arm. »Hat diese Verletzung, die Hildes Arzt genäht hat, etwas damit zu tun?«
    Ich fasse unwillkürlich an die Stelle.
    »Mein Mann hatte diese Geliebte. Er sagte, es wäre praktisch schon wieder vorbei; er sagte, es wäre nur Sex gewesen, nur Sex! Es hätte nichts zu bedeuten. Einfach so weitermachen wollte er. Einmal auf die Knie fallen -
und dann business as usual. Immer schön Friede, Freude, Eierkuchen. Wärt ihr da nicht ausgerastet? Ich hatte plötzlich dieses Messer in der Hand. Und dann war es an meinem Hals. Er wollte meinen Arm wegziehen, es ging hin und her, und schließlich habe ich mich damit verletzt. Ich war wie betäubt. Er hat mich auf einen Stuhl gesetzt und auf mich eingeredet, so lange, bis ich zugestimmt habe, dass er seinen Fehler wiedergutmachen darf. Ich sollte fordern, was immer ich wollte. Und ich habe dieses Jahr gefordert. Uneingeschränkte Freiheit, Verfügung über seine Konten, seinen unbedingten Gehorsam.«
    »Hoher Preis«, sagt Gemma, lutscht dabei an einer Fingerkuppe und tippt damit die restlichen Schokoraspel von ihrem Teller.
    »Er wollte es so. Er wollte keine vernünftige Regelung, sondern eine angemessene. Eine, bei der ich wirklich das Gefühl habe, dass sie meinen Schmerz aufwiegt. Wir haben ein Kettchen gefunden, das wir ihm um den Fußknöchel gelegt haben.«
    »Eine Sklavenfessel. Sophias Jungs tragen auch eine.«
    »Den Schlüssel dazu haben wir gemeinsam mit unseren Eheringen draußen im Garten vergraben.«
    Malte
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