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Vögelfrei

Titel: Vögelfrei
Autoren: Sophie Andresky
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dann versucht hatte, einen eigenen Strich zu finden. Jetzt zeichnete er mit einem hauchdünnen Kalligraphiepinsel und Tusche, ohne vorher eine Bleistiftskizze zu machen. Deshalb sahen die Bögen eher wie Kunstwerke und weniger wie Comics aus; sie hatten alle diesen flüchtigen, bewegten Strich, als seien sie Skizzen für große, historische Gemälde.
    Leander machte uns Milchkaffee und später Nudelsuppe, die wir direkt aus der Schale schlürften. Ich fühlte mich wieder wie zwanzig und fand es romantisch, bei einem fremden Mann auf dem Fußboden zu liegen und über japanische Holzschnitte und Animes zu sprechen.
    Die Sonne schien jetzt hell ins Zimmer, und es wurde etwas heiß. Ein Schweißtropfen lief mir aus der Achselhöhle bis zur Taille. In meinem Nacken kräuselten sich die feuchten Haare, und meine Stimme war durch den
Rauch, die schlaflose Nacht und das stundenlange Reden rau und heiser. Irgendwann lachte Leander mitten im Satz und sagte mir, wie sexy er mich fände.
    »Du bist auch ziemlich sexy«, sagte ich. Wir lagen mittlerweile so nah beieinander, dass ich die Wärme seines Körpers fühlen konnte. Die Härchen auf meiner Haut stellten sich auf. Plötzlich war ich sehr ungeduldig. Wahrscheinlich war ich einfach überreizt von den Ereignissen der Nacht, aber ich konnte und wollte es kaum mehr abwarten, ihn zu berühren, mich an seinen Körper zu pressen und seine Haut zu spüren, die wirklich einen einzigartigen Farbton hatte.
    Ich beugte mich vor, eine Winzigkeit nur, er kam mir entgegen, und sehr langsam küssten wir uns. Seine Lippen waren weich und bewegten sich kaum. Ich öffnete vorsichtig den Mund und tastete mich mit der Zungenspitze behutsam vorwärts, um ihn nicht zu erschrecken. Und tatsächlich war ich mir nicht sicher, ob er nicht doch zurückzucken würde, wenn ich jetzt etwas übereilig wurde. Seine Zunge spielte mit meiner. Ich öffnete den Mund noch etwas weiter. Unsere Lippen drückten sich fester aufeinander. Ich neigte den Kopf und rutschte in Zeitlupe das Kissen hinunter, bis mein Kopf unter seinem lag und ich mit der freien Hand seinen Nacken und seine Wange streicheln konnte. Seine Haut war wie die eines Mädchens. Sie war unglaublich weich; meine Finger kamen mir dagegen grob und ledrig vor, und ich berührte ihn nur mit den Spitzen.
    Wir küssten uns lange. Manchmal drehte ich den Kopf etwas, oder er schnaufte durch die Nase, aber er machte keinerlei Anstalten, sich auf mich zu legen oder auch nur
sein Gewicht zu verlagern. Er blieb aufgestützt neben mir liegen und streichelte mein Gesicht und meinen Hals, tastete sich aber nicht zu den Brüsten hinunter. Und schon gar nicht weiter vor zwischen die Schenkel, die ich ein Stück gespreizt hatte, sodass der Bademantel sich öffnete.
    Ich war noch nie besonders gut darin, passiv zu sein oder zu warten. Schon gar nicht, wenn ich feucht bin wie Meeresschlick und jede Faser in mir bis zum Zerreißen gespannt ist. Ich rutschte ein Stückchen näher. Meine Brust berührte seine Haut. Die Spitzen waren so hart, dass es wie ein Stich durch meinen Körper fuhr. Ich strich über seine haarlose Brust. Seine Haut glühte regelrecht, während meine trotz der kleinen Schweißperlen in meinen Achseln und Kniekehlen kühl blieb.
    Ich presste mich an ihn und zog das Knie etwas an, um mit meinem Bein an seinem entlangzustreichen. Er blieb hölzern und zurückhaltend, atmete aber schwerer, und seine Erektion war jetzt unübersehbar. Seine geschlossenen Augenlider flatterten, wenn ich mich an ihn schmiegte und über seine Haut hauchte.
    Ich wartete einen Moment, legte mich in seinem Arm zurück und sah ihn an. Seine Augen waren groß und dunkel, wie die der Mangamädchen auf seinen Zeichnungen.
    »Du hast noch nie mit einer Frau geschlafen, oder?«
    Er schluckte. »Nein.«
    »Geht dir das zu schnell?«
    Er legte mir den Finger auf die Lippen und küsste mich wieder. »Ich möchte mit dir schlafen, aber ich habe keine Ahnung, wo ich anfangen soll.«

    Ich erinnerte mich an mein erstes Mal und wie entmündigend und fast demütigend ich es empfunden hatte, nicht zu wissen, was als Nächstes passieren würde. Ich hätte damals gern einige Fäden in der Hand gehalten und experimentieren wollen, statt es nur passieren zu lassen. Ich löste den Gürtel meines Bademantels, schlug ihn auseinander und strich mir mit der Hand über die Brüste bis zum Bauch.
    »Wo du willst. Es gehört alles dir. Spielregeln gibt’s keine und Zeit auch nicht. Und wenn es uns
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