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Vilja und die Räuber: Roman (German Edition)

Vilja und die Räuber: Roman (German Edition)

Titel: Vilja und die Räuber: Roman (German Edition)
Autoren: Siri Kolu
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fast sechs, und der August war so nahe, dass man die Abendkühle schon spürte.
    » Der Weihnachtsstern hängt nicht mehr im Fenster«, sagte Hilda.
    » Wir gehen nicht in den fünften Stock«, sagte ich. » Erstens war die Wohnung dort nicht mehr frei.«
    » Es tut mir leid«, sagte Kaija. » Das haben wir gleich als Erstes herausgefunden.«
    » Und zweitens wäre sie viel zu klein für euch gewesen, es waren nur drei Zimmer«, sagte ich. » Stattdessen gehen wir in den sechsten Stock.«
    » Was hat das zu bedeuten?«, knurrte der Wilde Karlo. » Was hat das Schreckliches zu bedeuten, Kaija?«
    » Lasst uns reingehen«, sagte ich.
    Alle tranken schweigend ihren Kakao aus und nahmen dann mit, was sie tragen konnten: Schlafsäcke, Körbe, Kühlboxen. Wir waren so viele, dass nicht alle in den Fahrstuhl passten. Kalle und ich liefen die Treppen hoch bis in den sechsten Stock. Kalle schaute schockiert zu, wie ich einen Schlüssel aus der Tasche zog und die Tür zur Wohnung B 20 aufschloss. Am Briefschlitz stand kein Name.
    Ich versammelte alle im leeren Wohnzimmer. Von oben blickte ich hinunter auf den Vorplatz, wo der Räuberbus langsam auskühlte.
    » Wer wohnt hier?«, fragte der Wilde Karlo mich. » Jetzt sag nicht, dass ihr irgendwem die Wohnung geraubt habt. So unverschämt wollen nun doch wir nicht werden!«
    » Ich«, sagte Kaija. » Vor zwei Tagen hat sich eine gewisse Kaija Reuterberg diese Wohnung gekauft. Ich wohne hier, ob euch das passt oder nicht. Ich habe schon lange gedacht, dass es schön wäre, wieder in der Stadt zu wohnen.«
    » Und das Häuschen?«, jaulte der Wilde Karlo auf.
    » Was soll damit sein, man wird doch ein Sommerhäuschen haben dürfen«, sagte Kaija. » Aber hört zu. Jetzt werdet ihr erfahren, wie Viljas Plan aussieht.«
    Es dauerte lange, bis sie ihre Schlafsäcke auf dem Fußboden ausgebreitet und sich draufgesetzt hatten. Ich blieb stehen, lehnte mich an die Heizung und nahm all meinen Mut zusammen. Dann zog ich mein Notizbuch hervor, obwohl ich ganz genau im Kopf hatte, was darin stand. Jedes kleinste Detail konnte ich auswendig.
    » Als Erstes möchte ich euch daran erinnern, dass ihr versprochen habt, euch den gesamten Plan anzuhören, bevor ihr euch dazu äußert«, sagte ich. » Ich fasse noch mal zusammen, was sich jeder Einzelne gewünscht hat.« Ich begann aus meinen Notizen vorzulesen:
    Der Wilde Karlo möchte nicht Befehl über einen rosa Räuberbus führen.
    » Was das betrifft, hat sich die Lage geändert«, bemerkte ich. » Der Bus ist nicht mehr rosa, sondern trägt immer den Aufdruck, den ihr gerade haben wollt. Bei derselben Firma kann man auch Autolack bestellen, falls ihr eine völlig neue Farbe wollt.«
    Der Wilde Karlo möchte weiter Räuberhauptmann sein und die Räuberbergs zur furchterregendsten Räuberfamilie in ganz Finnland machen.
    Hilda möchte ab und zu in einem richtigen Bett schlafen.
    » Aber auch auf der Landstraße leben und räubern«, fügte ich hinzu.
    Hele möchte den Befehl in einem Räuberbus führen.
    Gold-Piet möchte, dass alles so bleibt, wie es war.
    Kalle möchte in die Schule.
    Kaija möchte Räuberin werden. Sie möchte nicht mehr allein in ihrem Häuschen wohnen und wünscht sich, dass sie ihre Verwandten öfter sehen kann.
    Hier wollte der Wilde Karlo ein Geschrei anfangen, aber Hilda und Kaija rangen ihn zu Boden, und Hilda legte ihm eine Hand auf den Mund.
    » Jetzt kommt der Vorschlag«, sagte ich. Mein Mund war ganz trocken vor Aufregung. » In Zukunft habt ihr zwei Stützpunkte. Der eine ist der Räuberbus, genau wie früher. Der andere ist diese Wohnung. Sie hat fünf Zimmer. Hilda und der Wilde Karlo bekommen eins, Gold-Piet das zweite. Hele und Kalle bekommen jeder ein eigenes Zimmer. Kaija sagt, sie schläft am liebsten im Wohnzimmer, weil das fürs Schreiben am einfachsten ist. Die Wohnung ist auf Kaijas Namen eingetragen, es wird also niemand kommen und Fragen stellen.«
    » Und die Räuberei? Was passiert mit der Räuberei, wenn wir nur hier rumhängen?«, rief Hele aus. Sie bemerkte sofort, dass sie ihr Versprechen gebrochen hatte: » Sorry!«
    » Die Räuberei wird in zwei Schichten aufgeteilt«, sagte ich. » Die Werktagsschicht haben Hilda, der Wilde Karlo, Gold-Piet und Hele, sofern sie will. Fahrerin ist Hilda und Befehlshaber der Wilde Karlo.«
    Alle schwiegen und sahen einander verstohlen an. Kalle blickte zu Boden. Ich sah, wie nervös er war und wie er seine Hand zur Faust zusammenkrampfte.
    » Die
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