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Vilja und die Räuber: Roman (German Edition)

Vilja und die Räuber: Roman (German Edition)

Titel: Vilja und die Räuber: Roman (German Edition)
Autoren: Siri Kolu
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Blumenmuster lachte. Einen Kuli schnappte ich mir vom Armaturenbrett. Ich schwenkte ihn einladend über dem Papier, bis die Räuberbergs begriffen, dass ich nach ihrem Diktat schreiben wollte.
    DIE BELIEBTESTEN BEUTESTÜCKE DER FAMILIE RÄUBERBERG
    Gesammelt und aufgezeichnet von Vilja
    1) Süßigkeiten
    insbesondere Himbeerboote (Hilda), Schokolade (Karlo), Lakritze (Kalle), äußerst scharfer Salmiak (Piet, Karlo, Hele)
    2) Kekse
    insbesondere mit Zucker drauf oder Marmelade drin
    3) Fleisch (für Karlos Räuberbraten)
    4) Senf
    5) andere Esswaren, insbesondere frische Kartoffeln, Erbsen, Erdbeeren und anderes Beerenobst, selbst gemachte Backwaren und belegte Brote, Pizza und andere fetthaltige Fertiggerichte
    6) Barbiepuppen (für Heles Sammlung)
    7) Lesestoff, Zeitschriften und Bücher
    8) vollständiges Kartenspiel (im jetzigen fehlt die Pik-Acht)
    9) eine ordentliche Angel
    10) ein kleines Zelt zur Lösung von Übernachtungskonflikten
    Zurzeit besonders gesucht:
    Krocketspiel (Kalle), kleiner Reisekühlschrank (Hilda), stromsparender Wasserkocher, gut aussehender Junge (Hele)
    » He, das wird gestrichen, aber sofort!«, stieß Hele hervor. » Kalle, ich mach Hackfleisch aus dir!«
    Kalle lachte meckernd und rannte davon, ohne nach vorne zu schauen, stolperte über eine Kiefernwurzel und flog in einem prächtigen Bogen durch die Luft. Ich konnte aus naheliegenden Gründen gar nicht mit ansehen, wie die Geschwister sich stritten.
    Sobald die Liste fertig war, wurde sie mir aus der Hand gerissen.
    » Das ist gut«, sagte Hilda. » Wir hängen die Liste auf die Beifahrerseite, dann können wir draufgucken, wenn wir bei der Arbeit sind.«
    » Eeecht gut«, sagte Gold-Piet.
    Die Erwachsenen waren total begeistert.
    » Also wisst ihr, ein ganzes Jahr! Furchtbar. Wir müssen schon viel zu lange ohne Pik-Acht auskommen«, stöhnte Gold-Piet. » Ein Kartenspiel brauchen wir wirklich ganz unbedingt.«
    Ich hatte gehofft, die Liste würde sie davon überzeugen, dass es sinnvoll war, mich zurückzugeben. Dass ich keine gewöhnliche Beute war, sondern dass man mit mir hohe Lösegelder erzwingen konnte. Aber ganz so lief es nicht.
    » Eins noch«, sagte der Wilde Karlo.
    » Was denn, Boss?«, fragte Gold-Piet diensteifrig.
    » Eine gute Nachricht für uns und eine schlechte für dich, Mädchen«, sagte der Wilde Karlo und schob seine Hände unter den Gürtel, wie immer, wenn er wirklich zufrieden war. » Die Sache ist die, dass wir es uns absolut nicht leisten können, dich gehen zu lassen. Du bist die beste Beute seit Langem! Du bist echt pfiffig.«

Kapitel 2
    das ganz kurz ist, in dem Vilja aber ausreißt
    D er Abend wurde langsam zur Nacht. Wir schlugen unser Lager in einer beschaulichen, von Wald umgebenen Bucht auf. Sachen wurden aus dem Wagen geholt: Schlafsäcke, Liegematten, Zeltböden. Gold-Piet war mit dem kümmerlichen Lagerfeuer beschäftigt, Hilda brachte Styropor-Kühlboxen ans Ufer. Alle liefen mit großen Traglasten an mir vorbei und wichen mir aus, als wäre ich ein Möbelstück.
    Sie haben das nicht ganz zu Ende gedacht, wurde mir klar. Sie wissen nicht, was sie mit mir machen sollen. Da beschloss ich auszureißen. Ich plante es nicht genauer. Ich dachte auch nicht daran, dass es unendlich dumm war, spät am Abend in einer völlig unbekannten Gegend davonzulaufen. Ich wollte lediglich abwarten, bis die anderen schliefen, und mich aus dem Lager schleichen. Dann würde ich die Landstraße suchen, das nächste Auto anhalten und sagen: » Können Sie mich zum Polizeirevier fahren? Ich bin geklaut worden.« Diesen letzten Satz halblaut vor mich hin zu sagen gab mir irgendwie ein gutes Gefühl. Nachtwanderungen bei den Pfadfindern waren bislang meine aufregendsten Erlebnisse gewesen, doch die waren nichts im Vergleich zu dieser erstaunlichen Situation, in der ich mich jetzt befand.
    Bald merkte ich aber, dass es keinen Sinn hatte, abzuwarten, bis die Räuber einschliefen. Die Sommernacht wurde dunkler, und daher wusste ich, dass es beinahe Mitternacht war, dieser kurze dunkelste Augenblick, bevor es wieder heller wurde. Aber alle wirkten ganz munter, und Schlafenszeiten für Kinder schienen hier nicht bekannt zu sein. Also wartete ich, bis alle in ihre eigenen Vorhaben vertieft waren. Vom Raubgut nahm ich nur mein Notizbuch mit – ohne Gepäck würde ich schneller vorankommen. Leise bewegte ich mich aus dem Lager hinaus und spazierte auf den Räuberbus zu. Erst ein paar Schritte vor dem Bus entlang, dann zum
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