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Viel Laerm um Stratfield

Titel: Viel Laerm um Stratfield
Autoren: Jillian Hunter
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sollen, den allgemeinen Erwartungen zu entsprechen, damit sie anziehender wirkte. Ihre Schwester Emma hatte ihr stets dazu geraten, aber in ihrem tiefsten Herzen wünschte sie sich eigentlich, auch von ihrer schlechtesten Seite geliebt zu werden.
    „Und durch ihre Schreie wurde ihr Vater alarmiert, der sich bei dem Versuch, sie zu retten, einen Zeh brach", beendete Tante Gwendolyn ihre Geschichte und machte eine Pause, um nach ihrer Erzählung wieder zu Atem zu kommen. „Beryl fiel siebenmal in Ohnmacht, bevor sie gestehen konnte, was der Geist ihr angetan hatte."
    Chloe, die immer noch in den Spiegel gesehen hatte, fuhr herum. Ihre Aufmerksamkeit war geweckt worden. „Woher weißt du, dass die Frau nicht geträumt hat? Hat ihr Vater den Geist überhaupt gesehen?"
    Tante Gwendolyn starrte sie mit milder Verachtung an. „Ihre Lippen kribbelten von den geisterhaften Küssen, Chloe. Und nein, natürlich sah Beryls Vater den Geist nicht. Ich vermute, er hatte solche Schmerzen im Zeh, dass es ihm auch einerlei gewesen wäre, wenn er ihn gesehen hätte."
    „Nun, was hat der Geist ihr denn angetan?"
    „Eine anständige Frau kann solch verdorbene Dinge nicht wiederholen, Chloe."
    Chloe lächelte, während sie dem Dienstmädchen ihre parfümierten Handschuhe reichte. „Das ist das Problem an diesem Dorf. In eurem Leben mangelt es derart an Aufregung, dass ihr euch sogar Geister ausdenkt, die schlafende Frauen verführen. Wenn einer von euch ein bisschen Mumm hätte, jemand auch nur das winzigste bisschen Wagemut besäße, hätte er eine echte Affäre, und dann ... "
    „Das reicht jetzt wirklich, Chloe", sagte Gwendolyn, und ihr freundliches Gesicht wurde ganz rosa. „Ich glaube, dass deine Waghalsigkeit dir diesen ganzen Ärger überhaupt erst eingebrockt hat und sie einzig und allein der Grund dafür ist, warum deine verständlicherweise verzweifelten Brüder dich hierher geschickt haben, um ... "
    „Vor Langeweile zu sterben, nachdem all meine geistigen Fähigkeiten aus Mangel an Betätigung verdorrt sind", beendete Chloe den Satz mit einem gutmütigen Seufzer. „Nun, allem Anschein nach geht der Plan auf. Gestern habe ich mich selbst dabei ertappt, wie ich mit den Enten im Teich geredet habe. Meine einzige Hoffnung auf Rettung besteht darin, selbst tot im Bett aufgefunden zu werden, nachdem ich - wenn ich wenigstens etwas Glück habe - von dem Geist von Stratfield geschändet wurde."
    Ihre Tante stöhnte bekümmert. Onkel Humphrey tätschelte geistesabwesend ihre Hand, während er so tat, als werfe er Chloe einen missbilligenden Blick zu. In Wirklichkeit bewunderte er ihre freimütigen Meinungsäußerungen und genoss ihre Gesellschaft außerordentlich, wie er Chloe gegenüber unter vier Augen zugegeben hatte. Er behauptete, dass sie wahre Wunder dabei gewirkt hatte, seine Tochter Pamela aus ihrem einsamen Schneckenhaus zu locken. Er wusste die Unberechenbarkeit, die Chloe in das Haus gebracht hatte, zu schätzen, oder zumindest sagte er das. Und Chloe lachte sogar über seine Witze, Gott schütze sie. Ihr lieber Onkel war ihr ein treuer Verbündeter.
    „Vielleicht solltest du zu Bett gehen, Chloe", sagte Tante Gwendolyn mit zittriger Stimme. „Delia kann dir eine Tasse heiße Schokolade bringen, wenn du möchtest."
    Chloe ging mit der Haltung der Heldin einer griechischen Tragödie auf die Treppe zu. „Ich nehme nicht an, dass ich stattdessen eine Tasse Sherry bekommen könnte?"
    Pamela folgte ihr hinkend. „Ich sterbe vor Neugier darauf, noch einen Blick in die beiden Reisetruhen werfen zu können, die heute für dich angekommen sind. Ich habe noch nie in meinem Leben so viel Seide und Spitze auf einmal gesehen", flüsterte sie aufgeregt.
    „Oh." Chloe hielt inne und blickte die Treppe hoch. „Vermutlich werde ich das alles in Chistlebury nicht brauchen, aber ich bin froh, dass meine Unterwäsche wenigstens dir etwas Freude verschafft. Mit meinen Unterhosen und eurem Geist sollte das ein Jahr voller Skandale für euer Dorf werden."
    In einvernehmlichem Schweigen gingen sie die knarrende alte Eichentreppe hinauf, bis Pamela, anscheinend durch den Einfluss ihrer Cousine zu verkommenen Gedanken inspiriert, das Wort ergriff. „Ich schätze, dass jede Menge Frauen dafür beten, dass dieser Geist bei ihnen spukt. Dass er sie heute Nacht heimsucht, um sich mit ihnen sein jenseitiges Vergnügen zu machen."
    „Sein jenseitiges Vergnügen?" Chloe lachte herzlich darüber und ging den schmalen Gang entlang zu
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