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Verwüstung: Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges (German Edition)

Verwüstung: Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges (German Edition)

Titel: Verwüstung: Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges (German Edition)
Autoren: Peter Englund
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Befestigungen lag. Zu ihrer Linken hatten sie einen unregelmäßigen Sandrücken, der von der aus Buschwerk und vereinzelten, hochstämmigen Eichen bestehenden grünen Masse des Bialolekawalds bedeckt war, hier und dort unterbrochen von mehr oder weniger ausgetrockneten Sandflächen, die mit Erlen und Pappeln bestanden waren. Zur Rechten lag der Fluss, und vor ihnen war die Kette der polnischen Befestigungen und Wälle, die sich an den bewaldeten Sandrücken anschloss. Hinter den Befestigungen standen polnische Verbände kampfbereit Reihe hinter Reihe, gekrönt von einem Wald von Fahnen und Standarten, die im Sommerwind flatterten. Jenseits von ihnen, auf der anderen Seite der Weichsel, blitzte Warschaus buntes Gewimmel von hohen Ziegeldächern, Schornsteinen, Kirchtürmen und Palastspitzen auf. Und diesseits der Stadt lag eine lange Schiffsbrücke, die über die Weichsel führte, und darüber wand sich noch ein Strom, ein dem Anschein nach unendlicher Strom polnischer Truppen, um seinen Widersachern entgegenzutreten.
    Es sah ganz und gar nicht gut aus.
    Die schwedischen und brandenburgischen Truppen waren in einen engen Sack eingeklemmt; sie hatten Wasser auf der einen Seite, Wald auf zweien und polnische Befestigungen und Truppen auf der letzten. Die Ebene war viel zu schmal, als dass man auf breiter Front hätte vorrücken können. Die Verbände waren gezwungen, in doppelter Tiefe und in Reihen hintereinander Aufstellung zu nehmen. Der ganze Sack war rasch prall gefüllt durch die zusammengepresste schwedische Schlachtordnung; die Ebene wimmelte von Männern, Pferden, Piken, Feldzeichen, Kanonen und rastlos umherreitenden Offizieren.
    Der gesamte Aufmarsch war von Chaos und Planlosigkeit geprägt. Wie die Vorhut vor ihnen ritten zwölf Reiterschwadronen blind von den dichten Staubschleiern ahnungslos direkt auf die polnischen Befestigungen zu. Es war ihnen unmöglich zurückzugehen, denn hinter ihnen drängte der Rest der Kavallerie nach. Sie waren daher gezwungen, vor den runden Schnauzen der polnischen Kanonen und Musketen stehen zu bleiben und, so gut es ging, vor deren schnellen Kugeln auszuweichen. Zu allem Überfluss reichte der Platz nur für die Aufstellung von fünf Schwadronen zum Kampf, der Rest war dem polnischen Feuer schutzlos ausgeliefert. Die alliierten Streitkräfte standen auf der staubvernebelten kleinen Ebene mehr oder weniger eingepfercht, und mehr drängten nach. Wenn das Unglück es wollte, konnten die Polen ihnen den Rückzug abschneiden und den Sack um sie herum vollständig zuschnüren.
    Die Polen sahen die desorientierten Schwadronen, die vor der Befestigungslinie standen. Ein polnisches Reiterregiment wurde in einem Bogen über den Höhenzug geschickt, durch den Wald, um den falsch Gerittenen in den Rücken zu fallen und sie vom Rest der Armee abzuschneiden. Ihr Ritt wurde jedoch entdeckt. Als die polnischen Kavalleristen aus dem Waldrand brachen, ritten ihnen vier alliierte Schwadronen entgegen. Sie stießen unter krachenden Salven aufeinander; der Pulverdampf erhob sich in die Luft wie weiße Wogen und ließ umhergeschleuderte Menschenkörper mit verrenkten Gliedmaßen und verwundete, vor Schmerzen und Schrecken zappelnde Pferde zurück. Das polnische Regiment prallte ab und zog sich dezimiert zurück.
    Eine Reihe verwirrter kleiner Angriffe und Gegenangriffe folgte. Vorsichtig, Fuß um Fuß, näherten sich Abteilungen mit alliierten Truppen den polnischen Befestigungen. Gruppen berittener Polen ergossen sich durch die Lücken zwischen den Wällen mit knatternden Standarten, breiteten sich aus, schwenkten auf die Alliierten ein, wurden von feuerspeienden Musketen und Pistolen empfangen und schwenkten in Rauch gehüllt wieder zurück. Inzwischen traf auch die Infanterie der Alliierten auf der Ebene ein. Niemand konnte sehen, was eigentlich auf der von Staubwolken verhüllten Ebene vor sich ging; man begnügte sich daher damit, das Fußvolk in zwei rund 700 Meter langen Linien aufzustellen, quer über den Korridor längs des Flusses und ein Stück entfernt von den polnischen Befestigungen. Hinter ihnen zogen sich die fahnenbekrönten Haufen der Reiterei in langen Reihen zusammen. Vor ihnen schleppten lange, zusammengekoppelte Pferdegespanne ein paar langhalsige Kanonen in Stellung. Am buschbewachsenen Rand einiger Äcker wurden Kugeln und Pulverfässer abgeladen, und die Kanoniere begannen, in das rauchige Irgendwo zu schießen, wo man die Polen vermutete. Beide Seiten warteten
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