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Verschwörungsmelange

Verschwörungsmelange

Titel: Verschwörungsmelange
Autoren: Hermann Bauer
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dann ein. »Warum sonst hätte er Barbara in dem
Gespräch mit ihm vor der Kantine erwähnen sollen?«
    Jetzt lächelte Leopold verschmitzt. »Das hast du gestern
gehört, gestern, als du wieder einmal in deiner berühmten melancholischen
Gemütsverfassung gesteckt bist, nicht wahr? Du bist vom Tennisplatz gekommen
und hast 1.000 verschiedene Gedanken in deinem Kopf gehabt. Plötzlich siehst du
Moser und Sturm, versuchst angestrengt, einen Gesprächsfetzen aufzuschnappen.
Kann es da nicht sein, dass du dich verhört hast? Im Gedächtnis sind dir
Frauennamen mit einigen ›A‹ geblieben. Fips hat mir erzählt, dass Sturms
derzeitige polnische Lebensgefährtin Anastasia heißt. Viermal ›A‹. Das könnte
es doch gewesen sein, oder?«
    »Du bist unfair«, schmunzelte Korber. »Du glaubst also nicht,
dass Moser etwas mit der Sache zu tun hat?«
    »Vielleicht hat er was von der Verschwörung gegen Leitner
geahnt oder gewusst. Aber ich habe eine andere interessante Theorie, die ich
leider nicht beweisen kann: Ich denke, die Nacktfotos in Ehrentrauts Koffer
waren für Moser bestimmt. Das würde irgendwie zu den beiden passen. Der eine
brauchte Geld, der andere hat offensichtlich ein problematisches Verhältnis zu
heranwachsenden Jünglingen.«
    Leopold und Korber schwiegen kurz und lauschten
dem angenehmen Kaffeehauslärm, der diesmal freilich ein wenig lauter als sonst
war. Da setzte wieder die Musik ein.
    Leopold spürte sogleich einen Stich im Rücken, und seine Hand
krampfte sich um sein Bierglas. »Was ist denn jetzt schon wieder los«, stöhnte
er. »Dieser Ohrenausputzer ist wirklich ein Angriff auf meine allgemeine
Verfassung.«
    »Es ist diese Fußballhymne, das Lied von Freundschaft und
Kameradschaft«, dozierte Korber. »Das musst du doch kennen, damit haben die
deutschen Fußballanhänger bei der WM 2006 ihre Mannschaft angefeuert. ›You’ll
never walk alone‹, du gehst niemals allein, bei Wind, Wetter und Sturm, denn du
trägst die Hoffnung im Herzen, und die anderen mit dir.«
    »Hoffnung, Freundschaft, Kameradschaft, pah!« Leopold
versuchte verzweifelt, seinen vom Rhythmus gepeitschten Körper geradezubiegen.
»Du hast doch gesehen, wohin das in unserem Fall geführt hat. Die haben alle
geglaubt, sie sind Freunde. Einer für alle, alle für einen! Aber wie sagt
Hermann Hesse so schön am Anfang eines Gedichtes:
    ›Seltsam, im Nebel zu wandern!
    Einsam ist jeder Busch und Stein,
    kein Baum sieht den andern,
    jeder ist allein.

     
    Voll von Freunden war mir die Welt,
    als noch mein Leben licht war;
    nun, da der Nebel fällt,
    ist keiner mehr sichtbar.‹ [24]

     
    Das hättest du übrigens auch deiner Manuela
vortragen können. Da wärt ihr wenigstens auf keine dummen Gedanken gekommen.«
    Da ging die Tür auf und ein junger, sichtlich aufgeregter
Eintracht-Anhänger stürmte herein. »So ein Scheiß«, rief er durchs Lokal und
bemühte sich dabei, die Musik und seine gut gelaunten Kameraden zu übertönen.
»Sturm ist verhaftet worden, angeblich hat er Ehrentraut ermordet. Jetzt haben
wir auch keinen Trainer mehr.«
    Sofort wurde die Musik abgedreht.
    »Nun haben sie es doch erfahren«, seufzte Korber. »Es ist
immer dasselbe. Egal, was vorfällt, es spricht sich gleich herum.«
    »Was für eine Erleichterung«, sagte Leopold mit Genugtuung.
    »Ich finde, dass jetzt alles noch um einiges schwieriger
wird«, korrigierte Korber ihn. »Wer soll denn die Eintracht am Sonntag
betreuen?«
    »Das habe ich nicht gemeint. Es ist auf einmal so angenehm
ruhig im Lokal«, stellte Leopold fest. Tatsächlich saß der momentane Schock
tief.
    Es war Frau Heller, die sich als Erste ein Herz fasste.
»Unsere Lage ist verzweifelt, aber nicht hoffnungslos«, verkündete sie mit
fester Stimme. »In dieser verheerenden Situation müssen wir alle noch enger
zusammenrücken. Ich kann mir schon vorstellen, dass Sie es waren, der uns diese
Suppe eingebrockt hat, Leopold. Weil Sie angeblich der Gerechtigkeit zum Siege
verhelfen und einen Mörder stellen wollten. In Wahrheit darf sich jemand, der
wie Herr Ehrentraut vorhatte, ein Herzstück unseres Bezirkes
auseinanderzureißen, nicht wundern, wenn er mit einem Messer im Rücken hinter
dem Tor liegen bleibt. Was aber ist jetzt mit uns? Was tun in dieser
schwierigen Stunde?« Sie schöpfte einmal tief Luft. »Sie müssen am Sonntag auf
den Platz, Leopold. Es bleibt uns nichts anderes übrig.«
    »Jetzt auf einmal doch, Frau
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