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Verlangen

Titel: Verlangen
Autoren: Amanda Quick
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also das Feld mir überlassen wäre.«
    »Bitte, versteh mich nicht falsch. Sie hat ein einnehmendes, auf gewisse Weise erfrischendes Wesen, genau wie ihre Tante. Victoria hat eine ganze Reihe von Verehrern, doch scheint sie die alle auf den Rang von Freunden verwiesen zu haben.«
    »Mit anderen Worten, sie wissen alle, wo ihr Platz ist, und damit begnügen sie sich.«
    »Wenn sie zu weit gehen, läßt sie sie sofort fallen. Miss Huntington ist bekannt für ihre weitgehende Freundlichkeit, sie hat immer ein Lächeln oder ein charmantes Wort parat. Gern bereit, auch mit den am wenigsten anziehenden Männern im Saal zu tanzen. Doch gegenüber den Galanen, die sie umschmeicheln, läßt sie unerbittliche Strenge walten«, fügte Jessica hinzu.
    Das überraschte ihn nicht. Miss Huntington wäre nicht so lange ihre eigene Herrin geblieben, hätte sie nicht die Fähigkeit entwickelt, die Männer in ihrer Umgebung zu manipulieren. Sie zu hofieren, würde für ihn ein regelrechter Balanceakt werden.
    »Ich nehme an, sie hat eine gute Erziehung genossen?« fragte Lucas.
    »Manche würden ihre Erziehung wohl als hervorragend bezeichnen. Ich habe gehört, daß Lady Nettleship den Großteil der Verantwortung für die Erziehung ihrer Nichte übernommen hat, und das Ergebnis spricht für sich. Ohne die unangreifbare Stellung ihrer Tante wäre Miss Huntington zweifellos bereits vor langer Zeit gesellschaftlich gescheitert.«
    »Was geschah mit Miss Huntingtons Eltern?«
    Lady Atherton zögerte und sagte dann ruhig: »Tot. Alle beide. Wahrlich traurig. Doch der Herr gibt es, und der Herr nimmt es.«
    »Das tut er gewiß.«
    Lady Atherton warf ihm einen unsicheren Blick zu und räusperte sich: »Ja nun, der Vater starb, als Miss Huntington noch ein kleines Mädchen war, und ihre Mutter heiratete kurze Zeit später erneut. Doch Caroline Huntington kam bei einem Reitunfall vor etwas mehr als achtzehn Monaten ums Leben. Und dann starb Miss Huntingtons Stiefvater, Samuel Whitlock, weniger als zwei Monate nach seiner Frau. Ein schrecklicher Sturz von der Treppe, wie ich hörte. Brach sich das Genick.«
    »Eine seltsame Reihe von Tragödien, doch das Ergebnis ist, daß Miss Huntington keine Eltern mehr hat, die sich verpflichtet fühlen könnten, genauere Nachforschungen hinsichtlich meiner finanziellen Situation anzustrengen. Das nützliche Gerücht über die gehorteten Reichtümer meines Onkels hielte einer genaueren Untersuchung nicht stand.«
    Mißbilligend schürzte Jessica die Lippen. »Ich fürchte, wir kommen nicht um die Tatsache herum, daß Miss Huntington die Trauer um ihren Stiefvater auf das erforderliche Minimum begrenzte. Sie machte es sehr deutlich, daß sie nur um ihre Mutter trauerte, und selbst diese Trauer endete zum frühestmöglichen, noch der Schicklichkeit entsprechenden, Zeitpunkt.«
    »Das beruhigt mich, Jessica. Das letzte, was ich will, ist eine Frau, die Vergnügungen wie langer Trauer frönt. Das Leben kann sehr kurz sein, und es ist eine Schande, es damit zu vergeuden, Dingen nachzutrauern, die man nicht haben kann, meinen Sie nicht?«
    »Wir müssen jedoch lernen, die uns auferlegten Bürden zu tragen. Solche Dinge stärken den Charakter. Und zugleich gilt es, den Anstand zu wahren«, mahnte Jessica leicht betroffen. »Auf jeden Fall ist Lady Nettleship, die Tante, eine hervorragende Frau mit guten Beziehungen, doch läßt es sich nicht leugnen, daß sie in mancher Beziehung ein wenig seltsam ist. Ich fürchte, sie hat es zugelassen, daß ihre Nichte ein wenig verwildert. Denkst du, du kannst Miss Huntingtons eher ungewöhnliches Betragen tolerieren?«
    »Ich denke, ich werde mit Miss Huntington sehr gut fertigwerden, Jessica.« Lucas nahm einen weiteren Schluck Champagner, während seine Aufmerksamkeit auf Victoria gerichtet war, die nach wie vor mit ihrem ältlichen Baron tanzte.
    Sie war anders, als er erwartet hatte, dachte Lucas mit einem seltsamen Gefühl der Erleichterung. Er war darauf vorbereitet gewesen, seine Pflicht gegenüber seinem Namen, Titel und den zahlreichen Menschen, für die er nun verantwortlich war, zu erfüllen, doch hatte er nicht erwartet, dabei Vergnügen zu empfinden.
    Bestimmt nicht, was er erwartet hatte.
    Zum einen hatte er diese fast gewaltsam aufbrausende körperliche Anziehung nicht erwartet. Jessica hatte ihm lediglich erklärt, Victoria Huntington sei vorzeigbar, doch weiter ging die Beschreibung nicht.
    Sie war größer, als er glauben gemacht worden war, erheblich
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