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Vater. Mörder. Kind: Roman (German Edition)

Vater. Mörder. Kind: Roman (German Edition)

Titel: Vater. Mörder. Kind: Roman (German Edition)
Autoren: Giampaolo Simi
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erkundigen, wie es dir geht.«
    »Gut, danke.«
    »Ist euer Türdrücker kaputt?«
    »Nein.«
    »Warum lässt du mich dann nicht rein?«
    »Ich glaube nicht, dass ich das möchte.«
    »Dann komm wenigstens herunter.«
    Deprimiert flüstere ich in eine verschrammte Gegensprechanlage. In einer Stadt, die ich nie mochte. Zu einer Frau, die ich aus reiner Berechnung gebumst habe. Sogar meinen Spider habe ich hier in der Gegend abgestellt, bestimmt ist nachher die Tür zerkratzt oder ein Spiegel abgerissen. Aber was nützt mir der Blick zurück, wenn hinter mir immer nur Nacht ist?
    »Tut mir leid, ich bin beschäftigt.«
    »Komm schon, Laura.«
    »Außerdem bin ich nicht allein.«
    Durch die Gegensprechanlage klingen ihre Worte mürrisch wie eine amtliche Mitteilung.
    »Nur eine Minute.«
    »Ich wüsste nicht, was wir uns noch zu sagen hätten.«
    Ich schleudere raus, was mir als Erstes einfällt.
    »Versprich mir, dass du diesen Mistkerl anzeigst.«
    Sie verspricht es nicht, aber ich lasse nicht locker.
    »Und Caterina muss es dann ausbaden. Das ist im Moment wirklich das Letzte, was ich will.«
    »Du musst ihn anzeigen. Er hätte dich umbringen können. Hörst du, Laura? Ein Zentimeter tiefer, und du wärst tot!«
    Mag sein, dass sie mich hört, aber sie antwortet nicht. In der Gegensprechanlage knistert es. Das ist ihr Lachen, spitz und kalt wie das Skalpell, das mein Schwager mir in die Kehle rammen wollte.
    »Er hätte dich umbringen können«, sage ich noch einmal und presse meinen Daumen auf den Klingelknopf. Ich sage es wieder und wieder, keine Ahnung, wie oft, und schlage mit der offenen Hand gegen die Tür. »Er hätte dich umbringen können, Laura, er hätte dich umbringen können, hörst du?«
    »Sprechen Sie vor allem nicht mit Journalisten, und geben Sie keine Statements ab! Ist schon irgendwer an Sie herangetreten?«
    »Sie sind der Erste.«
    Seit über fünf Jahren hatte ich nichts von meinem Anwalt gehört. Ehrlich gesagt hatte ich auch nicht das geringste Verlangen, etwas von ihm zu hören, schon gar nicht heute Abend. Der Stimme nach ist er noch überdrehter, als ich es in Erinnerung habe. Ich frage, wie es ihm geht, wenn auch nur, um seinen Monolog zu unterbrechen. Er lässt mich wissen, dass er seit zwei Jahren Vater eines süßen Mädchens sei.
    »Glückwunsch«, sage ich, doch er setzt seine Ansprache gleich fort.
    »Hören Sie mir gut zu, Furio, das ist eine renommierte Talkshow. Sie wird am frühen Nachmittag ausgestrahlt, und zwar überregional. Und wenn Sie ins Fernsehen gehen, kommen anschließend die Illustrierten, diese Ein-Euro-Blättchen, Sie wissen schon. Die lassen eine Menge Geld springen für Ihre Erinnerungen. Aber dass wir uns richtig verstehen: keine blutigen Details! Das ist eine Sendung für Friseusen, falls Sie verstehen. Da sind Emotionen gefragt. Die wollen hören, dass Sie die Sache unglaublich bereuen, und was Sie heute so machen und wie sehr Sie Ihre Tochter vermissen. Haben Sie in letzter Zeit mal irgendetwas darüber geschrieben?«
    »Doch, schon.«
    »Perfekt. Wie viele Seiten?«
    »Keine Ahnung, vielleicht hundert.«
    »Nein, nein, Furio, die wollen doch keinen Roman. Da reichen drei Seiten, irgendetwas, um den Platz zwischen zwei Fotos auszufüllen. Heute liest doch niemand mehr. Ich schicke Ihnen mal einen Entwurf, einverstanden?«
    »Nett von Ihnen.«
    »Für die Illustrierte bekämen Sie fünftausend.«
    »Nicht schlecht für einen Lückenfüller.«
    »Und zehntausend für die Talkshow. Aber ich peile mindestens zwanzigtausend an.«
    »Was Sie nicht sagen. Wie das?«
    »Wir bieten ihnen gleich die Exklusivrechte an«, erklärt er. »Heute ist die Sache noch heiß, aber in drei Tagen ist sie kalt wie eine Leiche und interessiert niemanden mehr. Kein Idiot wird dann noch einen Cent dafür geben. Abzüglich des Honorars für den Rechtsbeistand bleiben Ihnen dann noch mindestens fünfzehntausend Euro.«
    Die kämen mir sehr gelegen, denke ich, dann muss ich den Spider nicht verkaufen.
    Mein Anwalt hat bereits einen Termin vereinbart, übermorgen um zehn Uhr, in Rom. Wenn ich ihm die genauen Daten gebe, sagt er wörtlich, komme er mich abholen. Als ich ihm erklären will, wo ich arbeite, unterbricht er mich. Ihm reicht ein Name, den er in sein Navi eingeben kann.
    »Landgut La Spina, in der Provinz Grosseto«, sage ich, und dann: »Tolle Erfindung, diese Navis.«
    Wir verabreden uns für morgen früh um sieben.
    »Keine Krawatte, Furio. Pastellfarbener Pulli. Sportliche
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