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Vater. Mörder. Kind: Roman (German Edition)

Vater. Mörder. Kind: Roman (German Edition)

Titel: Vater. Mörder. Kind: Roman (German Edition)
Autoren: Giampaolo Simi
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lenkt sie das von unserer Arbeit ab. Der ganze technische Kleinkram und die Bilanz sind nur für die Aggradis interessant. Die brauchen sie nämlich, um uns einzutrichtern, was für Nullen wir sind, damit sie ihren geliebten Kasernenton beibehalten können. Qualität zählt einen Scheißdreck. Wir verkaufen eine Beziehung . Die Leute zahlen jeden Preis für etwas, das aussieht wie eine Beziehung . Du kannst ihnen auch Scheiße verkaufen, wenn du sie schön einpackst und draufschreibst ›Hochwertige Scheiße – exklusiv für unsere Top-Kunden‹.«
    »Ja, schon klar«, pflichtest du ihm bei.
    Er schlägt dir auf die Schulter und blickt sich um.
    »Eine Flasche Sekt pro Tisch. Wie kann man nur so geizig sein!«
    »Gehen wir?«, fragst du Elisa, als sie an euren Tisch zurückkehrt.
    »Es ist doch gerade erst elf.«
    »Meine Mutter kann nicht jedes Mal bis zwei Uhr nachts bleiben.«
    »Wenn du meinst.«
    Elisa setzt sich, holt tief Luft, schenkt sich etwas Wasser ein.
    »Du hast dich ja ganz schön ausgetobt«, bemerkst du in einem möglichst neutralen Tonfall.
    »Wir könnten doch mal wieder in die Disco gehen«, schlägt sie vor. »Nur ab und zu?«
    Deine Frau hat ein entwaffnendes Lächeln. Ein neues Paar Schuhe, ein Fest, ein paar Meter von dir getragen werden, als wärt ihr frisch verheiratet. Mehr braucht sie nicht, um wieder glücklich zu sein wie ein junges Mädchen, das keine Ahnung hat von den Dingen, die um sie herum geschehen. Auch nicht von deiner Niederlage, zum Glück.

5
    Girls just wanna have fun.
    Ein Songtitel war das, jetzt fällt es dir wieder ein. Die Sängerin war eine komische Type und ihre Stimme so quiekend, dass es einem das Trommelfell zerriss. Cindy Lauper hieß sie.
    Aber der glitzernde Aufdruck auf der olivgrünen Kapuzenjacke ging anders: Girls just wanna have guns .
    Mädchen wollen nur Pistolen.
    Keine Ahnung, was das heißen soll.
    Ich klappe mein Notebook zu, lege es auf den schmalen Rücksitz und strecke meine Beine auf dem Beifahrersitz aus.
    Für einen Vertreter ist sein Auto eine mobile Behausung. Für ein Monster ist es das ideale Versteck und der einzige Ort, an dem es sich sogar den Luxus erlauben kann, in Erinnerungen zu schwelgen.
    Girls just wanna have fun war ein Bombenhit auf den Partys meiner Schulzeit. Zum Beispiel auf dem Fest, das die Dominis nach dem Abitur gaben. In Marina di Bibbona, unter Pinien versteckt, besaß die Familie eine schmucke kleine Villa aus den Sechzigern mit grünen Rollläden und geraden Geländern. Der bescheidene Wohlstand von Leuten, die ihre mühsam verdienten Ersparnisse nicht für Individualität, Eleganz oder ähnliche Marotten vergeuden.
    Das Buffet war hinten im Garten aufgebaut. Versicherungsinspektor Giancarlo Domini stand in einer langen gestreiften Schürze schwitzend am Grill und bemühte sich um eine gewisse Haltung. Mit seinem grauen Haar und dem faltenlosen Gesicht sah er aus, als wäre er einer jener amerikanischen Sitcoms entsprungen, die in der Zeit zwischen Hausaufgaben und Abendessen im Fernsehen liefen.
    Überall im Garten standen Zitronella-Kerzen und Räucherspiralen. In den Bäumen hingen Lampions und grüne und pinkfarbene Girlanden, auf die Elisa mit ihrer bauchigen Blockschrift » GROSSARTIG, LEUTE !«, » GESCHAFFT !« und » DAS LEBEN KANN KOMMEN !« geschrieben hatte.
    Es gab mit Rucola und Robiola gefüllte Bresaola-Röllchen, plattenweise Vitello tonnato, Salatbouquets überall dazwischen und Schalen mit Garnelen in rosafarbener Soße. Schnittchen waren mit Kapern und Mayonnaise, Lachs und Zitrone, Sardellen und eingelegtem Gemüse, Fontina und Schinken oder Tomaten und Basilikum belegt. Wie Regimente bei einer Militärparade reihten sie sich aneinander, flankiert von wachturmartigen Fruchtsaftkolonnen und Sangriaschüsseln mit dem Fassungsvermögen von Staubecken.
    Signora Domini brachte zu Pyramiden aufgeschichtete Würstchen nach draußen und erklärte, Elisa sei noch oben und ziehe sich zum zehnten Mal um. Es sei doch immer das Gleiche mit ihrer Tochter.
    »Bin ich denn der Erste?«, hast du ihren Vater an jenem Abend gefragt. Und als Entschuldigung – man sollte niemals als Erster oder als Letzter kommen – hast du angeboten, ihm beim Pizzabacken zu helfen. Du hast die Hemdsärmel aufgekrempelt, dir von Signora Domini ebenfalls eine schicke Schürze umbinden lassen und jeden Anflug von Befangenheit unverzüglich in Vertrautheit verwandelt.
    Ein Vertreter kann das. Und das, Furio Guerri, warst du schon mit
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