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Vampirnacht

Vampirnacht

Titel: Vampirnacht
Autoren: Yasmine Galenorn
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haben wir es zur Änderungsschneiderin gebracht, und sie hat es für dich ein bisschen gekürzt. Es müsste dir passen. Mutter war auch so zierlich wie du.«
    Trauer und Freude und Staunen überwältigten mich so, dass ich in blutige Tränen ausbrach. Iris reichte mir ein rotes Stofftaschentuch, das mich noch mehr zum Weinen brachte – es war das Tuch, das Sassy Bransons Geist mir hinterlassen hatte, als sie mit ihrer Tochter und ihrer geliebten Janet ins Leben nach dem Tod davongegangen war.
    »Ich kann gar nicht glauben, dass ich tatsächlich Mutters Hochzeitskleid tragen kann. Ich wäre gar nicht darauf gekommen, dass das überhaupt möglich wäre.« Ich betrachtete das Kleid, und mir wurde so warm ums Herz wie lange nicht mehr. »Danke …
oh, ich danke dir.
«
    Nachdem ich meine Tränen getrocknet und mich vergewissert hatte, dass meine Hände und mein Gesicht wieder sauber waren, ließ ich mir von den beiden in das Kleid helfen. Die Schneiderin hatte perfekte Arbeit geleistet. Es passte mir wie angegossen, und es kümmerte mich nicht, dass es immer noch ein bisschen zu lang war.
    Iris wollte mein Haar aufdröseln, doch ich hielt sie auf.
    »Meine Zöpfe sind ein Teil von mir, aber du könntest sie vielleicht hübsch hochstecken, oder?« Ich kämpfte mit neuen Tränen. Auf keinen Fall wollte ich Blut auf diesem Kleid haben, also hielt ich vorsichtshalber das Taschentuch bereit.
    Iris steckte mir das Haar hoch, während Camille sich um mein Make-up kümmerte. »Ich wünschte, ich könnte ein Foto von dir machen. Hochzeitsfotos von dir und Nerissa, aber … wir haben etwas ganz Tolles für euch.« Iris grinste. »Bist du bereit für die nächste Überraschung?«
    »Noch eine? Im Ernst, ich weiß nicht, ob ich das verkrafte.« Ich gab es ungern zu, aber ich fand es sehr traurig, dass es von uns kein Hochzeitsfoto geben würde. Nerissa sagte immer wieder, das sei doch nicht schlimm, aber ich wusste, dass das für sie enttäuschend war.
    »Einen Moment.« Camille öffnete die Zeltklappe und gab jemandem draußen einen Wink. Gleich darauf betrat Vater das Zelt.
    Er starrte mich an, gab einen ersticken Laut von sich, und Tränen schossen ihm in die Augen.
    »Bitte sei nicht böse, dass ich Mutters Kleid trage …« Es würde mich völlig fertigmachen, wenn er mich jetzt deswegen anschrie.
    Doch er stieß nur unter Tränen hervor: »Du bist so wunderschön, meine Tochter. Deine Mutter wäre stolz auf dich. Und so ist es beinahe … als wäre sie hier bei uns.«
    Ich ließ den Kopf hängen. »Das wäre schön.«
    Nach einer kurzen Pause sagte Camille: »Na, immerhin sind wir übrigen da, das wird dir genügen müssen. Vater, erzähl ihr von deiner Überraschung. Ich hätte sie schon fast aus Versehen herausposaunt.«
    Er schüttelte den Kopf. »Deine Umgangssprache erstaunt mich immer wieder.« Dann wandte er sich mir zu. »Ich habe ein Geschenk für dich. Als ich von deiner Verlobung erfahren habe, habe ich mich auf die Suche nach jemandem mit wahrer Begabung gemacht. Bitte erlaube mir … Ich habe einen Künstler damit beauftragt, euch beide zu malen. Er ist hervorragend und arbeitet sehr schnell, und morgen Abend werdet du und Nerissa ihm hier am See Modell stehen. Er will die ganze Nacht lang arbeiten und das Bild dann im Lauf der nächsten Tage allein fertigstellen. Ihr werdet also ein Hochzeitsporträt bekommen.«
    Ich starrte ihn an und wusste nicht, was ich sagen sollte. Vor lauter Emotionen brachte ich schon kaum mehr ein Wort heraus, also sagte ich schließlich nur: »Danke … vielen, vielen Dank.«
    »Ich wünsche mir nur, dass du und deine Frau glücklich werdet.« Er blickte sich um. »Dann werde ich mal meinen Posten beziehen. Wir sehen uns am Altar, meine Tochter.«
    Ehe er sich abwenden konnte, sprang ich auf und legte ihm eine Hand auf den Arm. »Von ganzem Herzen, Vater.
Ich danke dir.
«
    »Ich weiß …« Er schlüpfte hinaus, und Camille zupfte an meinem Ärmel und drängte mich zurück auf den Stuhl.
    »Wenn du noch einmal so eine plötzliche Bewegung machst, steche ich dir womöglich die Mascarabürste ins Auge«, schalt sie, aber sie lächelte dabei.
    Als wir fertig waren, gingen wir hinaus. Am Ufer des Sees wartete Vater auf uns. Als hoher Offizier konnte er in Y’Elestrial offiziell die Zeremonie leiten. Und da wir nach den Gesetzen der Anderwelt rechtmäßig heirateten, wurde unsere Ehe auch in der Erdwelt anerkannt – darauf hatten sich beide Seiten verständigt, als die ersten
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