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Unearthly. Heiliges Feuer (German Edition)

Unearthly. Heiliges Feuer (German Edition)

Titel: Unearthly. Heiliges Feuer (German Edition)
Autoren: Cynthia Hand
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und das war es dann. Ich hätte sie ja noch weiter gedrängt, aber sie hatte diesen Blick, diesen düsteren Ausdruck, in den Augen so viel Schmerz und Traurigkeit, als sei sie ungeheuer enttäuscht von mir und vom Ausgang meiner Aufgabe. Natürlich hätte sie das so direkt nie gesagt, hätte mir nie vorgeworfen, dass ich alles vermasselt hatte, dass sie gedacht hätte, ich würde das besser hinkriegen, dass sie gedacht hätte, ich würde zu gegebener Zeit die richtigen Entscheidungen treffen, ich würde mich würdig erweisen, ein Engelblut genannt zu werden. Aber der Blick sagte alles.
    «Also», beginnt sie nun, während wir warten, dass sich die Kekse etwas abkühlen. «Ich hatte dich früher erwartet. Warst du noch bei Tucker?»
    Und schon muss ich die schwere Entscheidung treffen: Soll ich ihr vom Engelclub erzählen oder nicht.
    Okay. Ich denke also an das Erste, was Angela zu den Regeln gesagt hat, nämlich dass wir keinem was erzählen sollen, vor allem den Erwachsenen nicht, und dann denke ich, wie sich Christian dagegen gewehrt hat, einfach so, und gesagt hat, dass er seinem Onkel alles erzählt.
    Bei Mama und mir war es früher genauso. Früher. Jetzt habe ich nicht mehr das Bedürfnis, ihr alles zu erzählen, nichts über den Engelclub, nichts über den merkwürdigen Traum, den ich immer wieder habe, nichts davon, wie es mir am Tag des Waldbrands ging oder dass ich mich frage, was wohl meine wahre Aufgabe sein mag. Darüber will ich im Moment einfach nicht reden.
    Also rede ich nicht darüber.
    «Ich war im Pink Garter », sage ich. «Bei Angela.»
    Ist ja nicht gelogen.
    Ich bereite mich innerlich darauf vor, von ihr zu hören, dass Angela uns alle eines Tages, wenn auch mit den denkbar besten Absichten, in ganz gehörige Schwierigkeiten bringen wird. Sie weiß, dass, wenn ich bei Angela bin, wir unsere Zeit damit verbringen, über die Wesen mit Engelblut und über Angelas unzählige Theorien zu reden.
    Stattdessen sagt sie: «Oh, wie nett», nimmt die Kekse vom Blech und lässt sie auf einen Rost gleiten, der auf der Theke steht. Ich klaue mir einen Keks.
    «Nett?», wiederhole ich ungläubig.
    «Hol mal einen Teller, bitte», sagt sie zu mir, was ich auch tue. Als ich dann mit dem Mund voll Schokoladengenuss dasitze, sagt sie: «Ich hatte nie die Absicht, dich für immer und ewig von anderen Wesen mit Engelblut fernzuhalten. Ich wollte bloß, dass du so lange wie möglich ein ganz normales Leben führst, dass du erfährst, was es heißt, Mensch zu sein. Aber jetzt bist du alt genug, du hast deine Visionen erlebt, du hast eine Ahnung vom Bösen auf dieser Welt bekommen, und ich finde, es ist nur gut, wenn du allmählich lernst, was es wirklich bedeutet, ein Engelblut zu sein. Und dazu gehört, dass du dich mit anderen triffst, die so sind wie du.»
    Ich frage mich, ob sie immer noch von Angela spricht oder nicht vielleicht doch Christian meint. Ob sie womöglich davon ausgeht, dass er mein Sinn und Daseinszweck ist. Nicht gerade sehr emanzipiert von ihr, denke ich, wenn sie meint, dass es mein einziger Zweck auf Erden ist, mich mit irgendeinem Typen zusammenzutun.
    «Milch?», fragt sie, geht zum Kühlschrank und gießt mir ein Glas ein.
    Und an dem Punkt finde ich endlich den Mut, sie zu fragen. «Mama, werde ich bestraft?»
    «Wofür?» Sie nimmt sich einen Keks. «Hast du heute etwas angestellt, von dem ich wissen sollte?»
    Ich schüttele den Kopf. «Nein. Meine Aufgabe. Werde ich jetzt bestraft, weil ich, du weißt schon, sie nicht erfüllt habe? Muss ich in die Hölle oder so was?»
    Sie erstickt fast an dem Keks und nimmt schnell einen Schluck Milch von mir.
    «So funktioniert das eigentlich nicht», sagt sie.
    «Wie funktioniert es denn? Bekomme ich eine zweite Chance? Erwartet man von mir irgendwas anderes?»
    Sie schweigt einen Moment. Ich höre es förmlich in ihrem Kopf rattern, als sie überlegt, wie viel sie mir sagen soll. Das macht mich natürlich sauwütend, aber was soll ich dagegen tun? Also warte ich ab.
    «Jedes Engelblut bekommt eine Aufgabe zugewiesen», sagt sie nach einer halben Ewigkeit, wie mir scheint. «Für manche besteht diese Aufgabe in einem einzigen Ereignis, einem losgelösten Augenblick in der Zeit, in dem wir zu einem bestimmten Moment an einem bestimmten Ort sein und eine bestimmte Sache erledigen sollen. Für andere …» Sie betrachtet ihre Hände und wählt dann sorgfältig ihre Worte. «Für andere kann die Aufgabe mehr umfassen.»
    «Mehr?», frage ich.
    «Mehr
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