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Und führe uns nicht in Versuchung: Kriminalroman (German Edition)

Und führe uns nicht in Versuchung: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Und führe uns nicht in Versuchung: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Susanne Hanika
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kiefernnadelaromatisiert und dem echten, einzigen Kiefernnadelduft verstehen würde. Ich will sogar behaupten, dass man durch original Kiefernnadelduft irrsinnig viele Endorphine ausschüttet.
    Die folgenden Erlebnisse kann ich auch nur darauf zurückführen, dass ich durch diesen Kiefernnadelduft derart euphorisiert war, dass ich überhaupt nicht mehr mitdachte. Denn mitten während meiner rasanten und holprigen Fahrt über die ganzen Kiefernwurzeln klingelte plötzlich ein Handy. Ich machte sofort eine Vollbremsung, obwohl ich genau wusste, dass es nicht mein eigenes Handy war. Ich hätte mir nämlich niemals bei jedem Anruf Mozarts »Alla turca« vordudeln lassen. Das Handy klingelte genau aus der Richtung, wo der kleine Fußweg abzweigte. Und es klingelte so penetrant weiter, als wäre der Besitzer nicht in seiner Nähe.
    Da hat doch jemand das Handy verloren, dachte ich mir stillvergnügt. Ich legte mein Fahrrad neben den Weg und stapfte den kleinen Pfad entlang in den Wald hinein. Nichts macht mehr Spaß, als das Zeug von anderen Leuten zu finden. Das war ähnlich euphorisierend wie Kiefernnadelduft oder ein so richtig fetter Döner.
    Meine Großmutter hatte mir zwar schon immer eingeschärft, dass all diese schrecklichen Teile, die nur von elektrischen Wellen leben, schädlich sind. Nicht nur schädlich, sondern richtig schlecht und bedrohlich. Ich hatte ihr nie geglaubt. Dann hatte ich mir einen Fernseher gekauft, der jeden Tag ein so schlechtes Programm sendete, dass es wirklich bedrohlich war. Und ein Netbook, das mir immer wieder so viel Text fraß und vernichtete, dass einem schlecht werden konnte. Manchmal sollte man sich wirklich an dem orientieren, was ältere Leute zu einem sagen. Sie haben Lebenserfahrung und Weisheit, auch wenn sie verrückt sind, komplett veraltete Dinge von sich geben und ständig vergessen, den Herd auszuschalten. Hin und wieder steckt trotzdem ein Körnchen Wahrheit darin.
    Das fremde Handy dudelte noch immer seinen »Alla-turca«-Marsch vor sich hin. Wäre Großmutter bei mir gewesen, hätte sie bestimmt gesagt, lass es klingeln. Aber beseelt von dem Wunsch, verlorene Handys zu finden, ging ich weiter den Weg entlang, bis ich es direkt neben mir klingeln hörte. Ha, dachte ich begeistert, als ich auf Anhieb das Teil sah, wie es blinkend im hohen Gras lag. Es hörte genau in dem Moment auf zu klingeln, als ich mich danach bückte. Das Display zeigte einen Anruf in Abwesenheit an. Wahrscheinlich von seinem eigenen Besitzer, mutmaßte ich, als ich es in die Hand nahm. Der radelte jetzt bestimmt durch die Gegend und rief sich ständig selbst an. Diese Vorstellung fand ich unglaublich komisch, ich musste ein ziemlich blödes Grinsen im Gesicht haben, so sehr amüsierte ich mich.
    Im selben Moment sah ich, dass der vermutliche Besitzer gar nicht so weit weg war. Zumindest lag eine wächserne Hand keine zehn Zentimeter vom Handy entfernt im Gras.
    Ich hatte noch immer ein blödes Grinsen im Gesicht.
    Ich hatte mir im letzten Jahr viel vorgenommen. Eines der wichtigsten Dinge war, dass ich in meinem ganzen Leben keine Leiche mehr finden wollte. Wenn ich eine fand, dann wollte ich mich nicht übergeben. Falls doch, dann wenigstens so weit entfernt, dass keiner auf die Idee kam zu untersuchen, ob die Kotze von mir stammte.
    Auf einen Schlag waren alle drei guten Vorsätze beim Teufel. Denn ich konnte nicht so schnell weglaufen, wie ich gehofft hatte. Mit zusammengekniffenen Augen würgte ich meine letzte Mahlzeit – eine Leberkässemmel – hervor und torkelte noch ein paar Meter, bis mir die Füße den Dienst versagten. Ich versuchte am Boden sitzend so etwas wie Kopf-zwischen-die-Beine-Stecken zu produzieren, was bestimmt sehr seltsam aussah.
    Das Vierte, das ich mir vorgenommen hatte, war, niemals wieder die Polizei von meinem Leichenfund zu informieren. Diesmal standen die Chancen echt gut, dass ich davonkam, bevor mich jemand mit der Leiche in Verbindung bringen konnte.
    Gut. Das war etwas naiv. Bestimmt würden die Rosenkranztanten zusammenstehen und tuscheln. Und zu dem Schluss kommen, wer schon drei Leichen gefunden hat, der findet auch eine vierte. Wohl wahr, kann ich dazu nur sagen. Aber weit und breit war keine Rosenkranztante zu sehen. Großmutter war zu Hause. Und der Schmalzlwirt stand bestimmt in seinem Wirtshaus.
    Ich rappelte mich wieder auf. Obwohl ich Sternchen vor den Augen tanzen sah, ging ich stur weiter. Es waren auch keine richtigen Sternchen, beruhigte ich mich
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