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Und ewig währt die Hölle (German Edition)

Und ewig währt die Hölle (German Edition)

Titel: Und ewig währt die Hölle (German Edition)
Autoren: Kjetil Try
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Fische.» Egil Pay beugte sich über die Rücklehne des Sofas und erwischte das Kabel einer wackligen Stehlampe. «Für die isses jetzt Nacht, verstehste.»
    Er knipste das Licht an.
    Parisa Sadegh und Lasse Viker machten große Augen. Hier war keine Rede von ein paar Goldfischen im Glas. An allen vier Wänden, in stabilen, selbstgezimmerten Regalen, stapelten sich riesige Glasbehälter, gefüllt mit Wasser, Fischen und Pflanzen. Das müssen mehrere tausend Liter Wasser sein, dachte Parisa.
    «Sie mögen also Aquarienfische?», fragte Viker und merkte selbst, wie komplett idiotisch sich das anhörte.
    «Cichliden.»
    Pay zog sich eine Jeans an, die so dreckig war, dass sie von allein hätte stehen können.
    Viker blinzelte zu den dunklen Schatten, die sich entlang der Glaswände bewegten.
    «Zillkiden?»
    «Cichliden», korrigierte Pay ihn, stand auf und drückte einen Schalter, der halb unter dem Sofa verborgen war. Urplötzlich funkelte es entlang der Wände in allen Farben. «Buntbarsche. Die einzigen Fische, die mich interessieren. Sie haben Persönlichkeit.»
    «Absolut.»
    Viker studierte ein goldbraunes, schimmerndes Exemplar. «Absolut», wiederholte er. «Was kostet so einer?»
    Egil Pay kramte eine halbe Zigarette aus einem überquellenden Aschenbecher auf dem Fußboden und zündete sie an.
    «Pseudotropheus elongatus. Achtzig bis neunzig Kronen.»
    «Das ist also kein Cichlide?»
    «Alle Fische hier sind Cichliden.»
    Viker warf Parisa einen resignierten Blick zu.
    «Es gibt viele Arten von Cichliden», sagte sie. «Haben Sie das gemeint?»
    Pay blinzelte sie an, mit einem Gesichtsausdruck, der entfernt an Interesse erinnerte.
    «Ungefähr neunzehnhundert», sagte er und nickte.
    Parisa dachte an das Aquarium einer Freundin.
    «Ich hatte mal drei solche roten Fische mit schwarzem Schwanz, als ich klein war», schwindelte sie. Egil Pay hustete und drückte die Zigarette aus.
    «Schwertträger oder Platy. Scheißfisch.»
    «Was machen Sie, wenn Sie nicht schlafen oder Ihre Fische anglotzen?»
    Lasse Viker hatte das Gerede über Fische offensichtlich satt, aber Egil Pay ließ sich von dem ungeduldigen Tonfall nicht reizen.
    «Ich glotze meine Fische nicht an», äffte er Viker nach. «Ich züchte sie.»
    «Sie verkaufen Zierfische?»
    Pay saugte an seinen Zähnen und nickte.
    «Im Internet. Jungfische.»
    Parisa ließ automatisch den Blick durchs Zimmer schweifen und entdeckte einen Laptop, der halb von einem Anorak verdeckt auf dem Fußboden stand. Sie stutzte. Er sah neu und trendy aus, im Gegensatz zu allem anderen Zeug in dem vollgestopften Raum.
    Lasse Viker setzte sich aufs Sofa. Egil Pay wirkte bei Licht fast noch jämmerlicher.
    «Kann man davon leben?»
    «Ich krieg ja Stütze. War mal Autolackierer», fügte er hinzu, als würde das alles erklären.
    «Wo waren Sie gestern Abend zwischen sechs und neun?»
    Egil Pay überlegte.
    «Bin zehn vor acht aus’m Haus.»
    «Wohin?»
    «Zum Bingo in der Thorvald Meyers gate. Drei Abende in der Woche.»
    Parisa hatte ihren Notizblock hervorgeholt.
    «Ist das nicht ein bisschen spät für Bingo?»
    Pay runzelte die Stirn, als müsse er sich konzentrieren.
    «Ich spiel nur Automatenbingo. Das geht um acht los.»
    Viker warf Parisa einen fragenden Blick zu, die kaum merklich nickte.
    «Haben Sie etwas Ungewöhnliches gehört oder gesehen?», fuhr er fort. «Fremde im Treppenhaus, zum Beispiel?»
    «Ich steh nicht da und glotz ins Treppenhaus.»
    «Nein, wohl eher nicht. Haben Sie ein Bad?»
    «Klo?»
    «Meinetwegen. Wo Sie Ihre Wäsche waschen.»
    «Auf’m Klo. Da!» Er zeigte auf eine halboffene Tür im schmalen Flur.
    «Ich seh mich mal um.» Viker stand auf und ging Richtung Flur.
    «Kannst ruhig pissen, Mann.»
    Parisa starrte auf eine fette Spinne, die ihr Netz zwischen einem Sofabein und dem Schirm einer achtlos auf den Boden geworfenen Basecap gewebt hatte.
    «Kannten Sie die Frau, die getötet wurde?»
    Pay rieb sich die Hände an den Hosenbeinen.
    «Verdammte Hure», sagte er plötzlich.
    Parisa musterte den Mann aufmerksam. Irgendwas war mit ihm. Plötzlich schien er sich unbehaglich zu fühlen.
    «War sie eine Prostituierte?» Sie bemühte sich um einen freundlichen Tonfall.
    «Logisch. Kam sonntagmorgens um sechs nach Hause, gleichzeitig mit mir. Die arme Tochter, sag ich nur.»
    «An welchem Sonntag war das?»
    Pay schnaufte ärgerlich.
    «Keine Ahnung, welches Datum oder so, aber mehr als einmal.»
    «Ist das lange her?»
    Parisa saß still da.
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