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Und abends etwas Liebe

Und abends etwas Liebe

Titel: Und abends etwas Liebe
Autoren: Mary Scott
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»Wußtest du etwa, daß deine Schwester wieder geheiratet hat?«
    Er zeigte ein schlechtes Gewissen. »Gestern abend traf ein Brief ein. Einer dieser komischen Luftpostbriefe, sehr eng beschrieben. Wie Claudia eben so schreibt. Ich ließ ihn bis heute morgen ungeöffnet liegen, und dann... dann...«
    »Dann hast du den Brief einfach vergessen. Na ja, jetzt ist es eben passiert, und Claudia ist auf Hochzeitsreise gegangen, Tony kommt mit ihrem Stiefvater nicht klar, aber wie könnte sie auch, wenn dessen Vorname Macgregor ist?«
    Paul sah allmählich etwas beunruhigt aus. Er meinte, ich sei rasend vor Wut. Deswegen schloß ich hastig: »Und Tony ist zu uns herübergekommen, um uns zu besuchen.«
    In dem Augenblick hatte ich noch nicht den Mut, zu sagen, »um bei uns zu bleiben«. Es schien ratsam, Paul behutsam vorzubereiten, Schritt für Schritt.
    Tapfer eilte mir Larry zu Hilfe. »Und die Kleine ist von unserer Gegend begeistert. Sie sagt, dies alles sei wie geschaffen für sie. Warum soll sie denn in einer riesigen Stadt bei einem Mann leben müssen, dessen Vorname Macgregor ist?«
    Paul war wie betäubt. Eins aber hatte sich bei ihm unauslöschlich eingeprägt. Seine Nichte war bereit, sich für sein geliebtes Hinterland zu begeistern. Und das war doch immerhin eine tolle Sache.
    Die ganze Zeit über hatte Tony keinen Ton von sich gegeben. Sie stand da, müde und abgekämpft und nicht gerade besonders hübsch anzusehen. Eher unsicher sagte sie: »Ich hoffe wirklich, dir macht das nichts aus, Onkel Paul!«
    Es mußte einfach zu einer peinlichen Pause kommen, denn Paul machte das Ganze sehr wohl etwas aus, aber schnell warf Larry dazwischen: »Aber nein, Tony, ganz bestimmt nicht, dein Onkel Paul hat schließlich eine slawische Seele.«
    Wir lachten alle befreit, und das Schlimmste schien überstanden zu sein. Als wir dann aber zu dritt in einer Art von griechischem Sprechchor Paul die Gründe für Tonys Entschluß dargelegt hatten, sagte Paul sehr ernst: »Aber deine Mutter... Was wird die wohl denken?«
    Tony schob diesen Einwand einfach beiseite. »Aber sie wird natürlich gar nichts denken, bis sie in vierzehn Tagen von ihrer Hochzeitsreise zurückkehrt. Dann, na ja, dann wird sie wahrscheinlich von Herzen dankbar sein, denn schließlich erklärte sie doch Macgregor, ich sei das große Hindernis in ihren Beziehungen zueinander.«
    Paul jedoch ließ sich nicht ablenken. Er ging erneut zum Angriff über. »Aber irgend jemand muß doch für die Zeit ihrer Abwesenheit für den Haushalt in Sydney und für dich verantwortlich sein?«
    »O nein. Ich bin schon oft mit Annie allein gewesen. Sie ist unser Dienstmädchen und war schon bei uns, als ich noch ein Baby war. Mutter macht sich keine Sorgen, denn sie kann unmöglich etwas erfahren, bevor sie nach Hause zurückkehrt. Ich bin doch erst zwei Tage von dort weg.«
    Tony erzählte von den vielen Leuten, die ihr weitergeholfen hatten, und meinte: »Es war wirklich so leicht. Nicht ein bißchen schwierig. So weit ist das doch nicht. Ich verstehe überhaupt nicht mehr, warum Mutter immer davon spricht, ihr hättet euch im Busch vergraben. Ich finde es hier einfach herrlich, und viel schöner als in den Vorstädten von Sydney.«
    Und diese Bemerkung gab den Ausschlag. Paul fand sich mehr und mehr mit allem ab, aber trotzdem sagte er nochmals mit Nachdruck: »Irgendwie müssen wir uns die Adresse deiner Mutter beschaffen und ihr ein Telegramm schicken. Euer altes Dienstmädchen kennt bestimmt diese Adresse. Und ihr müssen wir auch mitteilen - wie heißt sie noch einmal, Annie? - daß du hier heil angekommen bist.«
    »Ja, Annie muß das wissen, aber bitte, laß Mutter aus dem Spiel, jedenfalls jetzt noch. Sie wird dir nur dankbar sein. Glaub mir - es ist schrecklich, zu wissen, daß man als ein Hindernis angesehen wird.«
    Das überforderte Paul. Die Vorstellung von irgendeiner Tochter, die sich als Hindernis betrachten mußte, war für ihn einfach zu entsetzlich. Später erzählte er ihr dann einmal, daß er sich an diesem Punkt der Unterhaltung dazu entschloß, Tony willkommen zu heißen und ihr ein liebevolles Heim zu bieten.
    Eifrig fuhr sie fort: »Ich werde euch nicht zur Last fallen, Onkel Paul. Bestimmt nicht. Vielleicht kann ich den Beruf einer Kinderschwester erlernen. Sobald mein Geld alle ist, fange ich an zu lernen. Ich mag Kinder mehr als alles andere.«
    Ich tauschte mit Larry einen gefühlvollen Blick. Das Mädchen war genau an die richtige Stelle
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