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Ulysses Moore 6: Der erste Schlüssel (German Edition)

Ulysses Moore 6: Der erste Schlüssel (German Edition)

Titel: Ulysses Moore 6: Der erste Schlüssel (German Edition)
Autoren: Pierdomenico Baccalario
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an.
    »Wenn ich mich nicht irre, wohnt er nicht weit von hier«, fuhr Afide fort. »Vor einiger Zeit kam er Bruder Falena besuchen. Er hat Zan-Zan abgeworben, die frühere Assistentin meines Chefs. Seither mag Bruder Falena diesen Mann nicht mehr besonders.«
    »Black Vulcano …«, murmelte Jason. »Er kommt ja wirklich gut an bei den Frauen.«
    »Bruder Falena hat mich als ihre Nachfolgerin ausgewählt«, erklärte die junge Frau weiter. »Meine Arbeit besteht darin, die Standorte sämtlicher Fackeln der Festungsanlage auswendig zu lernen und die beiden Gruppen zu beaufsichtigen, die sie warten: die Anzünder und die Auslöscher. Das ist ziemlich kompliziert, weil es bestimmte Feiertage gibt, an denen manche Bezirke dunkel und andere hell zu bleiben haben. Außerdem muss man immer wieder Fackeln ersetzen. Es gibt welche, die von allein ausgehen.« Afide machte eine Pause. »Aber zurück zu eurem Freund. Er stellt inzwischen Feuerwerkskörper für die Feste bei Hofe her und arbeitet im Donnerlabor.«
    In diesem Augenblick erklang die Stimme von Bruder Falena und Afide verschwand umgehend wieder im Inneren des Hauses.
    Die drei blieben im Garten zurück.
    »Weißt du, wo das ist?«, fragten die Zwillinge Dagobert.
    »Nicht genau«, sagte er und ärgerte sich ein bisschen über sein Unwissen. »Aber vielleicht steht das in eurem kleinen Buch …«
    Julia übergab Jason die Fackel, zog das Notizbuch aus der Tasche und blätterte darin. »Hundert Pfauen, Keller des Lügners, Saal der Grauen Bälle, Palast der Schreienden Kissen, Brunnen der Ewigen Jugend, Zikadenturm …«
    Je mehr dieser Ortsnamen sie vorlas, desto hungriger wurde Dagoberts Blick. Unwillkürlich streckte er den Arm nach dem Heft aus, aber Jason hinderte ihn daran, es Julia wegzunehmen.
    »Immer eins nach dem anderen«, sagte Jason und stellte sich zwischen den Jungen und seine Schwester. »Zuerst müssen wir unseren Freund finden.«
    »Ihr habt keine Ahnung, was für einen Schatz ihr in den Händen haltet«, flüsterte Dagobert. »In dem Notizbuch steht, wie man zum Brunnen der Ewigen Jugend kommt!«
    »Du siehst nicht so aus, als ob du ihn im Augenblick sehr nötig hättest«, entgegnete Jason und blieb vor seiner Schwester stehen.
    »Donnerlabor«, las Julia schließlich auf einer der letzten Seiten.



Gwendaline Mainoff erhob sich. »Danke, Pater Phoenix«, sagte sie. »Ich verabschiede mich jetzt. Auf Wiedersehen!« Sie ging ein paar Schritte und blieb dann noch einmal stehen.
    Der Pfarrer sah ihr lächelnd nach. »Auf Wiedersehen!« Gedankenversunken setzte er sich in eine Kirchenbank. Gwendalines wirre Erzählung hatte in ihm Erinnerungen und eine nahezu vergessene Sehnsucht wachgerufen. Es war, als wäre die Friseurin in die Tiefen seines Gedächtnisses hinuntergestiegen und hätte dort einen Schatz zutage gefördert. Einen Schatz, den er im Alter von zehn Jahren besessen und kurz darauf verloren geglaubt hatte.
    Der Schatz jenes Sommers.
    Des Großen Sommers.
    Pater Phoenix lief durch die Kirche und löschte überall das Licht. Schützend breitete sich die Dunkelheit über die Kreuze, die Heiligenbilder und die Altare. Der Geistliche bekreuzigte sich und ging durch eine kleine Tür hinter dem Altar in die Sakristei, um dort ebenfalls die Lampen auszuschalten. Anschließend machte er sich auf den Heimweg. Wie jeden Abend nahm er nicht den direkten Weg zum Pfarrhaus, sondern lief zuerst zum Hafen. Er betrachtete die Möwen, die in dem noch warmen Sand saßen, und das Meer, das im Licht der Sterne glitzerte.
    Mit tiefen Atemzügen sog er die salzige Luft ein. Es gelang ihm jedoch nicht, sich zu entspannen. Eine nagende Unruhe hatte ihn erfasst. Und er wusste, woher sie kam: Es hatte mit dem zu tun, was Gwendaline ihm über die Villa Argo erzählt hatte.
    Als er später die Schlüssel zum Pfarrhaus aus der Tasche holte, dachte Pater Phoenix immer noch an die Villa von Ulysses Moore. Und an den Tag, an dem er sie zum ersten Mal betreten hatte. Wie viele Jahre mochte das inzwischen her sein?
    »Mindestens fünfzig«, sagte er laut zu sich selbst.
    Pater Phoenix ging in die Küche. Die Haushälterin hatte einen Topf mit Suppe unter den Kaffeewärmer gestellt. Für die kleine Aufmerksamkeit dankbar, wusch er sich an der Spüle die Hände, setzte sich an den gedeckten Tisch und füllte seinen Teller.
    »Fünfzig Jahre«, wiederholte er und begann zu essen.
    Und es hatte sich so gut wie nichts verändert. In dem Haus oben auf den Klippen war noch immer
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