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Ufer des Verlangens (German Edition)

Ufer des Verlangens (German Edition)

Titel: Ufer des Verlangens (German Edition)
Autoren: Nora Hamilton
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wenn Ihr kein Recht habt, hier zu baden, so habt Ihr erst recht kein Recht, mich von hier zu vertreiben.«
    Das klang logisch, und Zelda fiel nichts Besseres ein, als zu prusten.
    »Verschwindet trotzdem«, rief sie, vor Wut nicht mehr in der Lage, klar zu denken.
    Was bildete sich dieser Fremde ein?! Sie badete hier, seit sie ein Kind war, und kein Mensch hatte das Recht, sie von hier zu vertreiben, schon gar nicht irgend so ein Dahergelaufener …
    Aber eigentlich sah der Fremde nicht aus wie ein umherziehender Vagabund. Sein mahagonirotes Haar glänzte in der Sonne wie frisch poliert. Er trug, soweit Zelda es sehen konnte, Stiefel aus fein gearbeitetem Leder, das es hier in der Gegend bestimmt nicht zu kaufen gab. Seine Beinkleider hatten einen eleganten Schnitt, und das weiße Hemd war aus feinem Leinen, wenn es sich auch nicht ziemte, es offen zu tragen, sodass Zelda die Brusthaare darauf erkennen konnte.
    Sie warf einen abschätzenden Blick auf den Fremden, der sich wieder an den Baum gelehnt hatte, die Armelässig vor der Brust verschränkt, und wohl darauf wartete, was sie als Nächstes tat.
    Doch was sollte sie schon tun? Sie stand hier nackt, wie der Herr sie geschaffen hatte, im Wasser, ihre Sachen aber lagen ganz in seiner Nähe, nämlich auf Roses Rücken. Wie sollte sie aus dem See kommen und zu ihrer Kleidung gelangen, ohne sich ihm zu zeigen?
    Zelda fluchte lautlos, doch das half nichts. Es gab keinen Weg aus dem See, es sei denn, sie rannte einfach los und ließ zu, dass der Fremde sie nackt sah.
    Sie musste sich schnell entscheiden, denn langsam fing sie an zu frieren.
    »Ist alles in Ordnung bei Euch?«, fragte der Fremde. In seiner Stimme schwang Besorgnis. Er hatte aufgehört zu lachen und war aufgestanden.
    »Kann ich Euch helfen?«
    »Meine Sachen«, jammerte Zelda ein wenig kläglich und hasste sich und den Fremden dafür, dass sie in dieser hilflosen Lage gefangen war.
    »Wo sind Eure Sachen?«
    »Da, auf dem Rücken des Pferdes«, rief sie.
    Der Fremde nickte, dann trat er zu Rose, streichelte ihre Nüstern und nahm die Kleider vom Rücken der Stute.
    Er ging langsam auf das Ufer zu, und Zelda sah, wie er für einen kurzen Moment sein Gesicht in den Stoff ihres Kleides drückte und daran roch.
    »He, lasst das!«, rief Zelda, aufs Neue erbost. »Seid Ihr etwa ein Tier, das eine Fährte aufnehmen will?«
    Der Mann lachte wieder, und Zelda sah, dass er über strahlend weiße Zähne verfügte. Überdies hatten sich beim Lachen links und rechts neben seinem Mund kleine, fröhliche Grübchen gebildet.
    »In jedem Mann steckt ein Tier, nicht wahr?«, rief er.
    »Pah!«, rief Zelda zurück. »Das hättet Ihr wohl gern?«
    »Nun, wenn ich es recht bedenke, so kann einem als Mann schon Angst werden, wenn er einer Amazone wie Euch schutzlos im Wald begegnet.«
    Darauf wusste Zelda keine Antwort. Doch der Fremde hatte inzwischen das Ufer erreicht.
    »Ich lege Eure Sachen hierher, wenn es Euch recht ist. Reicht es, wenn ich mich umdrehe und verspreche, nicht zu blinzeln, oder besteht Ihr darauf, dass ich mir die Augen verbinde?«, fragte er, und der Spott in seiner Stimme war nicht zu überhören.
    »Ach, macht doch, was Ihr wollt«, knurrte Zelda, wartete aber, bis der Mann sich umgedreht und zudem die Hände vor die Augen geschlagen hatte, ehe sie, zuerst misstrauisch, dann immer schneller, aus,dem Wasser stieg, hastig nach ihren Sachen griff und wie der Wind an ihm vorbei in den Wald hineinlief.
    Unter keinen Umständen wollte sie sich die Blöße geben und hinter ihm wie ein schwaches Weib tropfnass und wahrscheinlich stolpernd in ihre Sachen steigen, dann mit gesenktem Blick an ihm vorbei zu Rose laufen und davonreiten. O nein, nicht Zelda. Sie suchte Schutz hinter den Bäumen des Waldes. Dort würde sie sich in aller Ruhe anziehen, mit ein paar tiefen Atemzügen ihr klopfendes Herz besänftigen und dann hoch erhobenen Hauptes über die Wiese schreiten. Den Fremden würde sie mit einem kurzen Nicken grüßen, sich auf das Pferd schwingen und gemessenen Schrittes und ohne jede Scham den See verlassen.
    So war zumindest ihr Plan. Und gerade hatte sie die ersten Bäume erreicht, war nur noch wenige Meter von bergendem Gesträuch entfernt, da stolperte sie, undgleichzeitig schoss ein Schmerz durch ihren Knöchel, Zangen schienen sich in ihren Fuß zu bohren, die Kleider flogen im hohen Bogen mehrere Meter weit – und Zelda saß mit dem Fuß in einer Wildfalle fest.
    Der Schmerz war so heftig, dass ihr
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