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Überflieger - Warum manche Menschen erfolgreich sind und andere nicht

Titel: Überflieger - Warum manche Menschen erfolgreich sind und andere nicht
Autoren: Malcolm Gladwell
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herausgefiltert. So entdecken beispielsweise Fußballvereine
     in Europa und Lateinamerika ihre Spieler, und so werden Olympiateilnehmer ermittelt. Das Auswahlverfahren im Sport unterscheidet
     sich damit kaum von der Art und Weise, wie die klassische Musik ihre späteren Virtuosen, das Ballett seine Ballerinas und
     unser Bildungssystem die künftigen Wissenschaftler und Intellektuellen entdeckt.
    Einen Platz in einer Mannschaft der Major Junior A-League |21| kann man sich nicht kaufen. Es ist völlig gleichgültig, wer Ihr Vater, Ihre Mutter oder Ihre Großeltern sein mögen oder welches
     Unternehmen Ihrer Familie gehört. Es spielt auch keinerlei Rolle, ob Sie in der abgelegensten Ecke der nördlichsten kanadischen
     Provinz leben. Wenn Sie das Zeug zum Star haben, werden Sie von einem engmaschigen Netz von Eishockeyscouts und Talentsuchern
     eingefangen, und wenn Sie Ihr Talent weiterentwickeln wollen, dann wird das System Sie belohnen. Erfolg im Eishockey ist allein
     eine Frage der
individuellen Leistung
, wobei beide Worte zu betonen sind: Spieler werden aufgrund ihrer eigenen Leistung beurteilt, nicht aufgrund der Leistung
     anderer, und aufgrund ihrer Fähigkeiten, nicht aufgrund willkürlicher Kriterien.
    Oder?
    2.
    In diesem Buch geht es um Ausreißer und Überflieger: Männer und Frauen, die Außergewöhnliches erreichen. In den folgenden
     Kapiteln werde ich Ihnen verschiedene dieser beeindruckenden Menschen vorstellen: Genies, Ausnahmeunternehmer, Musikstars
     und Softwareentwickler. Wir werden einem berühmten Rechtsanwalt sein Geheimnis entreißen, uns ansehen, was die besten Flugkapitäne
     von Bruchpiloten unterscheidet, und versuchen zu verstehen, warum Asiaten so gut in Mathematik sind. Und bei dieser Analyse
     der außergewöhnlichen Menschen unter uns – der Fähigsten, Talentiertesten und Ehrgeizigsten – werde ich zeigen, warum unsere
     Vorstellungen davon, was einen Menschen erfolgreich macht, grundsätzlich falsch sind.
    Wie lautet die Frage, die wir uns über erfolgreiche Menschen stellen? Meistens wollen wir wissen,
wie sie sind
– welche Persönlichkeit sie mitbringen, wie intelligent sie sind, wie sie leben oder welches Talent sie bei ihrer Geburt mitbekommen
     haben. Wir gehen davon aus, dass diese persönlichen Eigenschaften uns erklären können, wie es diese Menschen nach oben geschafft
     haben.
    |22| Die Autobiografien der Milliardäre, Unternehmer, Popstars und Celebrities, die Jahr für Jahr erscheinen, erzählen immer wieder
     dieselbe Geschichte: Unser Held erblickt in bescheidenen Verhältnissen das Licht der Welt, doch dank seines Talents und seines
     Mutes bahnt er sich den Weg zur Größe. In der Bibel wird Josef von seinen Brüdern verstoßen und in die Sklaverei verkauft,
     doch aufgrund seiner Genialität und Klugheit steigt er zur rechten Hand des Pharaos auf. In den Romanen, die der amerikanische
     Autor Horatio Alger Ende des 19. Jahrhunderts schrieb, entkommen junge Männer dank einer Mischung aus Mut und Eigeninitiative
     der Armut und werden sagenhaft reich. »Ich denke, es ist ein Nachteil«, sagte Jeb Bush einmal über sein Schicksal, als Sohn
     und Bruder von US-Präsidenten und Enkel eines wohlhabenden Wall-Street-Bankers und eines US-Senators geboren worden zu sein.
     Im Wahlkampf um das Amt des Gouverneurs von Florida stellte er sich gern als »Selfmademan« dar. Dass die meisten Wähler bei
     dieser Selbstbeschreibung nicht einmal mit der Wimper zuckten, zeugt davon, wie sehr wir Erfolg als Produkt der individuellen
     Leistung sehen.
    Bei der Enthüllung einer Statue von Benjamin Franklin, einem der großen Helden der amerikanischen Unabhängigkeitsbewegung,
     forderte Robert Winthrop vor einigen Jahren die versammelten Menschen auf: »Heben Sie den Blick und betrachten Sie das Bild
     eines Mannes, der aus dem Nichts aufstieg, der weder Eltern noch Gönnern etwas zu verdanken hatte, der in seiner Kindheit
     nicht in den Genuss einer Schulbildung kam, wie sie uns allen heute hundertfach offensteht, der in seiner Jugend mit niedersten
     Arbeiten sein Geld verdiente und der am Ende vor Königen stand und sich einen Namen gemacht hat, den die Welt nicht vergessen
     wird.«
    In diesem Buch will ich Ihnen zeigen, warum sich Erfolg
nicht
in dieser Weise als Ergebnis persönlicher Anstrengungen erklären lässt. Niemand kommt aus dem Nichts. Jeder von uns steht
     in der Schuld von Eltern und Förderern. Die Menschen, die vor Könige |23| treten, mögen vielleicht
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