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Twin Souls - Die Verbotene: Band 1

Twin Souls - Die Verbotene: Band 1

Titel: Twin Souls - Die Verbotene: Band 1
Autoren: Kat Zhang
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stets bereit, sich bei der kleinsten Provokation in eine neue Schlacht zu stürzen. Angeblich hatten die Americas den Handel eingestellt – hatten im Grunde jede Art der Kommunikation abgebrochen – seit der Zeit direkt nach der Invasion. Uns war beigebracht worden, dass es dort drüben nichts gäbe, was den Handel wert sei, nichts, was sich zu sehen lohne.
    Europa. Asien. Afrika. Ozeania. Alle hybrid, alle verwüstet, alle in Flammen.
    »Alles Lügen«, sagte Dr. Lyanne so leise, dass ich nicht wusste, ob sie zu uns sprach oder zu sich. »Alles. Alles, was sie uns erzählen, könnte …« Sie verstummte. Stieß sich vom Geländer ab. Zog die Schuhe aus, damit sie auf dem Weg zurück durch das Fenster nicht ins Straucheln geriet. Ließ uns am Rande der Feuerleiter in unseren Schock versinken und uns zugleich wünschen, wir stünden auf festerem Untergrund.
    Und auf einmal dachte ich an den Mann in Bessimir. Den Hybriden im Zentrum des Sturms wütender Leute, der beschuldigt worden war, das Geschichtsmuseum geflutet zu haben. Der aus einem gewissen Blickwinkel aussah wie unser Onkel.
    Es sind diese dämlichen Rohre. Wie oft habe ich schon darauf hingewiesen, dass diese Rohre repariert werden müssen?
    Er hatte es nicht getan. Vielleicht. Wahrscheinlich. Vermutlich.
    Worauf es ankam war, dass es darauf eben nicht ankam. Selbst wenn er in seinem ganzen Leben noch nie einen Fuß in das Museum gesetzt hatte, hätte das keinen Unterschied gemacht. Weil unsere Regierung log. Weil unser Präsident log. Weil unsere Lehrer logen. Oder die Wahrheit über das, was sie uns im Unterricht eintrichterten, nicht einmal kannten. Was über ihre Tafeln marschierte, in ihren Büchern geschrieben stand.
    »Michelle«, sagte Dr. Lyanne.
    Ich brauchte die Frage nicht auszusprechen. Offenbar stand sie uns ins Gesicht geschrieben.
    »Du hast mich gefragt, ob ich mich an ihren Namen erinnere«, sagte Dr. Lyanne.
    ‹Die Nacht im Keller›, sagte Addie. ‹Nach unserem Sturz.›
    Wie war sie?, hatten wir geflüstert. Ihre andere Seele. Diejenige, die Sie verloren haben. Erinnern Sie sich überhaupt noch an ihren Namen?
    »Sie hieß Michelle«, sagte sie, und die Worte verflüchtigten sich in der warmen, salzigen Luft.

Kapitel 35
    Wir waren noch nie zuvor am Meer gewesen, hatten nie das salzige Wasser auf unseren Lippen geschmeckt, während wir in die Wellen sprangen, noch nie den Sand unter unseren Füßen nachgeben gespürt. Ich spritzte Hally nass und sie warf den Kopf zurück und brüllte vor Lachen. Der Wind peitschte ihr die Haare ins Gesicht. Kitty und Jaime suchten mit dem Rücken zu uns gewandt Muscheln im Sand. Keiner von uns hatte Badesachen, aber das war okay. Wir hatten den ganzen Sommer vor uns. Wir hatten den Sommer danach und den Sommer danach und den danach.
    Die Tage wurden immer heißer. Wenn die Sonne sengend vom Himmel strahlte, schaffte sie es fast, unsere kältesten Erinnerungen an die weißen Flure der Nornand Klinik auszubrennen. Lyle, so dachte ich, wäre hiervon völlig hin und weg gewesen. Ich schob den Gedanken beiseite. Er tat zu weh.
    Ich watete durch die Brandung, der Saum unserer Shorts tropfte, unser T-Shirt klebte an unserer Haut. Die Schnitte an unseren Beinen waren inzwischen verkrustet und das Salzwasser machte ihnen nichts aus. Selbst die Schnittwunden an unserer Hand und Stirn stachen nur ein bisschen, wenn eine Welle dagegenspritzte. Es würden Narben zurückbleiben, aber dagegen konnte man eben nichts machen.
    Jackson war mit uns gekommen, auch wenn er in einiger Entfernung zum Wasser stehen geblieben war. Vielleicht war er nicht gewillt, Teil unserer Gruppe zu sein. Aber er winkte mir zu.
    ‹Immer dasselbe Grinsen im Gesicht›, sagte Addie. ‹Als gäbe es ständig etwas Blödes, über das er lachen müsste.›
    »Na, hast du Spaß?«, fragte Jackson, als ich planschend aus dem Wasser kam und mich ihm näherte. Das tiefe Blau des Ozeans wusch das Blau aus seinen Augen, wodurch sie fast durchscheinend wirkten. Ich lächelte, dann guckte ich wieder weg, weil er nicht der Junge war, nach dem ich Ausschau hielt.
    Die Sonne zwang mich, die Augen zusammenzukneifen, aber ich entdeckte Ryan problemlos. Er stand an der Wasserkante, ein Dutzend Meter von der Stelle entfernt, an der Hally und ich zuvor gewesen waren. Er hatte immer noch seine Schuhe an. Der Wind pustete seine Haare im Nacken etwas hoch, und mein Grinsen wurde breiter, ehe es völlig verblasste.
    »Was ist los?«, fragte Jackson.
    »Was?«,
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