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Trips & Träume

Trips & Träume

Titel: Trips & Träume
Autoren: Klaus Fischer
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werden.«
    »Lass uns wieder reingehen«, sagte ich, »vielleicht verpassen wir noch was. Außerdem wird es mir langsam zu kalt hier draußen.«
    Er blickte mich fragend an. »Mark und Don sind auch da.«
    Ich zuckte mit den Schultern. »Ja, ich habe sie gesehen.«
    »Ich hab gehört, die sollen Geld haben wie Heu. Wichtige Leute und so.«
    »Keine Ahnung, Hördi, ich hab sie ewig nicht gesehen und gesprochen.«
    *
    Mark saß am Klavier. Ich wusste gar nicht, dass er spielen konnte. Er war einmal Schlagzeuger gewesen, und was für einer. Der beste, den ich kannte.
    Der Messdiener war beiseite getreten und hatte ihm den Platz am Instrument überlassen. Der Pfarrer machte eine einladende Geste.
    Nichts an Mark ließ den Freak erkennen, der er einmal gewesen war.
    Der dunkle Anzug stand ihm gut. Ich erinnerte mich, dass er früher immer einen Parka getragen hatte. Und eine Matte bis zu den Brustwarzen.
    Hier und jetzt sah ich einen Mann in den besten Jahren. Kein Grau in den kurzen Haaren. Das Gesicht und die Hände zeigten eine dezente Bräune. Es ließ ihn jugendlich wirken.
    Mark hatte Karriere gemacht. Als Musikproduzent.
    Obwohl ich ihn drei Jahrzehnte nicht gesehen und gesprochen hatte, war ich bei meiner Arbeit als Journalist ein paar Mal auf seinen Namen gestoßen. Zu Beginn der neunziger Jahre erschienen die ersten vom ihm produzierten Musiktitel, die alle nach einem bestimmten Muster gestrickt waren. Drei-Minuten-Songs, ein Rapper und eine sexy Sängerin, die eine schlichte Ohrwurmmelodie trällerte. Die Trommelstöcke hatte er gegen die Schieberegler am Mischpult eingetauscht. Sein Studio entwickelte sich zur Hitfabrik. Und so fuhr er bald die erste Nummer eins ein. Bis heute folgten weitere Charterfolge, ich habe sie nicht gezählt. Die Wände seines Hauses – irgendwie ging ich davon aus, dass es eine Villa war, alle Produzenten hatten eine – durften mittlerweile mit einer beeindruckenden Sammlung an Platin- und Goldauszeichnungen dekoriert sein. Dann tauchte er im Fernsehen auf. Es fing damit an, dass er in Talkshows saß, wo er als einer der erfolgreichsten Produzenten der letzten Jahre vorgestellt wurde und sich zum Popstandort Deutschland äußerte. Mark war plötzlich so was wie ein Promi. Selbst die Zeitung mit den vier großen Buchstaben berichtete über ihn. Eines Tages trug ein Privatsender Mark an, die Jury einer dieser Talentshows, die den nächsten Pop-Superstar suchen, zu leiten. Mark wusste auf diesem Parkett zu glänzen. Er blieb sachlich und teilte fachlich kompetent den Kandidaten sein Urteil mit. Selbst wenn es vernichtend war, verzichtete er auf markige Sprüche. Die Quoten mussten die Verantwortlichen im Sender zuversichtlich gestimmt haben, denn bald sollte eine neue Staffel anlaufen.
    Der Siegertitel – produziert von Mark – war auf Platz drei eingestiegen. Es war ebenjener Song, den Maja so toll fand und den wir auf der Hinfahrt im Radio gehört hatten. Jenes Lied, bei dem mich jedes Mal ein merkwürdiges Gefühl überkam. Ich hatte es schon mal gehört, da war ich mir sicher, wusste aber noch immer nicht, wann und wo.
    Jetzt kam Bewegung in das Geschehen am Altar. Mark war aufgestanden und wandte sich ans Publikum.
    »Sehr geehrte Gäste, Familie und Freunde von Karen.«
    Seine Stimme hallte durch den Raum.
    »Eigentlich war das nicht geplant. Aber ein guter Freund«, Mark zeigte auf Don, »hat mich darum gebeten. Bitte erlauben Sie mir, Ihnen ein kleines Lied vorzuspielen. Ich widme es Karen. In Erinnerung an eine gute Freundin und einen wunderbaren Menschen.«
    Getuschel. Ich schaute nach Hördi, konnte ihn jedoch nirgends entdecken. Mein Blick wanderte über die Menschen, die um mich herum standen, und ich erkannte ein paar Gesichter. Von meinem Platz links neben dem Eingang, wo ich wieder Position bezogen hatte, entdeckte ich Sonny und Moses. Direkt neben ihnen standen drei Typen, die mir bekannt vorkamen. Na klar, das waren Skip, Gero und Paul.
    Mark begann zu spielen. Das Echo der Kapelle verlieh jedem einzelnen Ton, den er auf dem Klavier anschlug, etwas Dramatisches.
    Es war der Song aus dem Radio, sein Hit.
    Plötzlich fügte sich alles zusammen. Mir wurde von einer Sekunde auf die andere heiß, ich spürte den Schweiß in meinen Handflächen. Aber nicht, weil ich von dem allgemeinen Gefühlsausbruch ergriffen wurde, den Marks Klavierspiel ausgelöst hatte. Jetzt erkannte ich es: Es war Andis Lied.
    Der Song, den Andi einst für Karen geschrieben hatte.
    Mark spielte
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