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Trigger - Dorn, W: Trigger

Titel: Trigger - Dorn, W: Trigger
Autoren: Wulf Dorn
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gefragt.«
    »Und jetzt vergnügt sich der Herr Doktor mit seinem Kumpel am anderen Ende der Welt, während du brav zur Arbeit gehen darfst. Alle Achtung.«
    Ellen verstand seine Anspielung, ging aber nicht darauf ein. Mark hatte noch nie einen Hehl daraus gemacht, dass er Chris nicht sonderlich mochte. Sie unterschieden sich wie Tag und Nacht. Chris war der Meinung, Mark möge vielleicht fachlich gut sein, aber seine laxe Art – überhaupt sein ganzes Auftreten – sei für jemanden seines Berufsstands völlig deplatziert. Wie, um alles in der Welt, könne
man nur ein Marilyn-Manson-T-Shirt unter seinem Arztkittel tragen?
    Dabei hielt Mark seinen Kollegen für einen perfektionistischen Spießer, dem es keiner recht machen konnte – wahrscheinlich nicht einmal er selbst. Das hatte er ihm vor versammelter Mannschaft an den Kopf geworfen, als sie sich bei einer Stationsbesprechung in die Haare geraten waren.
    Was Chris und Mark betraf, war sich Ellen sicher: Von wem auch immer die Redensart stammen mochte, Gegensätze zögen sich an, er konnte die beiden nicht gekannt haben.
    »Wird sich noch zeigen, ob es wirklich ein Vergnügen für ihn wird«, überging sie Marks Bemerkung mit einem spitzbübischen Lächeln. »Zum einen ist ein beziehungsgeschädigter Freund nicht gerade der Traumpartner für eine gemeinsame Urlaubsreise, und zum anderen sind die beiden auf einer ziemlich kleinen Insel vor der australischen Küste. Hinchinbrook Island. Dort gibt es nicht viel, außer Natur pur. Kein Fernsehen, kein Telefon, kein Handy, keine Zivilisation. Dafür jede Menge Urwald und Alligatoren.«
    »Trotzdem hätte ich dich an seiner Stelle mitgenommen. Du hättest dir ebenfalls mal eine Auszeit verdient. Schon hart, dich allein mit seinen ganzen Fällen zurückzulassen. Dass da ein paar heftige darunter sind, hat unser lieber Herr Böck ja gerade bestens unter Beweis gestellt.«
    »Jetzt hör schon auf, Mark. Ich bin doch keine Anfängerin mehr. Ich werde mich darum kümmern, das habe ich Chris versprochen. Ich denke, es tut ihm ganz gut, mal für sich zu sein. Und wenn ich ehrlich sein soll, mir auch. Chris hat die letzte Zeit nur noch gearbeitet, und das kann
für beide Seiten manchmal recht belastend sein. Außerdem weiß man ja nie, ob er in den nächsten Jahren noch einmal Gelegenheit zu so einem Abenteuerurlaub haben wird.«
    »Aha«, machte Mark. »Ihr plant schon über das gemeinsame Haus hinaus?«
    »Wer weiß? Ich finde es auf jeden Fall gut, dass er Axels Angebot angenommen hat. War schwer genug, ihn dazu zu überreden, das kannst du mir glauben. Ein wenig Abstand zu allem wird ihm nur guttun. Chris hat den Tod seines Vaters noch nicht richtig verarbeitet, und nun auch noch das geerbte Haus zu renovieren fällt ihm nicht so leicht, wie er vorgibt.«
    »Das ist typisch du«, meinte Mark und zeigte mit seinem Becher auf sie, »immer ganz die Therapeutin. Warum verkauft er die Hütte nicht einfach, und ihr sucht euch was anderes? Etwas in der Nähe der Klinik, damit ihr euch dieses enge Apartment im Wohnheim ersparen könnt.«
    »Weil er daran hängt, und weil wir später einmal eine Praxis eröffnen wollen. Platz genug bietet das Haus, und die Infrastruktur ist auch nicht ohne.«
    »Auf der Schwäbischen Alb?«
    »Warum nicht auf der Schwäbischen Alb?« Ellen betrachtete ihre Schreibtischlampe, das Kabel und wie es zur Steckdosenleiste an der Wand verlief. Sie dachte an das Kabel des Föns und spürte, wie ihr Zittern wieder stärker wurde. »Schon verrückt, das vorhin. Ich frage mich, was bei Herrn Böck diesen Ausraster verursacht hat. Bisher hatte er auf keinerlei Therapieversuche reagiert, weder von Chris noch von mir.«
    »Was genau war denn der Grund für seine bisherige Starrheit?«

    »Ein Schock, verursacht durch den Tod seiner Frau«, erklärte Ellen. »Eine ziemlich traurige Geschichte.«
    Sie reichte ihm Böcks Akte, die vor ihr auf dem Schreibtisch lag und mit bürokratischer Beharrlichkeit auf einen Bericht über den Vorfall im Badezimmer wartete.
    Mark schlug die Akte auf und begann zu lesen. Auch wenn die darin enthaltenen Protokolle und Berichte in sachlichem Ton verfasst waren, stand das menschliche Drama deutlich lesbar zwischen den Zeilen. Ellen war tief davon berührt gewesen, als sie zum ersten Mal von Böcks Fall erfahren hatte, und nun erkannte sie in Marks Gesicht, dass es ihm ebenso ergehen musste.
    Bis vor sechs Wochen hatten der pensionierte Stadtarchivar Cornelius Böck und seine Frau
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