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Traumlos, Band 1: Im Land der verlorenen Seelen (German Edition)

Traumlos, Band 1: Im Land der verlorenen Seelen (German Edition)

Titel: Traumlos, Band 1: Im Land der verlorenen Seelen (German Edition)
Autoren: Jennifer Jäger
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Aufzugs.
    Nichts.
    Macy bemerkt in ihrem Augenwinkel eine Bewegung und fährt erschrocken herum. Am Straßenrand hält ein großer Lieferwagen mit dem Emblem der Wächter auf der Seite. Das bronzene Auge scheint Macy zu verhöhnen, die verschnörkelten Buchstaben wirken wie gehässige Schlangen, die ihre Köpfe nach allen Seiten ausstrecken.
    Ehe sie begreifen kann, was sie tut, hat sie sich hinter einer großen Palme versteckt. Die Wächter sind zu sehr mit sich selbst beschäftigt, um das blonde Mädchen zu bemerken.
    Plaudernd steigen sie in den Aufzug und Macy beginnt zu hoffen, dass die rote Zahl nicht auf Haileys Stockwerk stehen bleibt. Doch genau das tut sie.
    Eine Zeit lang geschieht nichts und Macy zittert vor Angst. Schließlich setzt sich die Anzeige des Aufzugs wieder in Bewegung und die Metalltüren öffnen sich.
    Die zwei Wächter tragen eine schwere Kiste durch die Eingangshalle zum Auto. Doch Macy hat ihn schon gesehen: Den silberglänzenden Aluminiumkoffer, der ihrer besten Freundin gehörte. Blitzschnell setzt ihr Verstand die verschiedenen Informationen zusammen. Die Wächter, die Kisten, der Koffer, das Fehlen ihrer Freundin – und ihr wird klar, was aus Hailey geworden ist:
    Sie ist weg.
    Doch Macy ist nicht bereit, diese in ihrer Gesellschaft endgültige Entscheidung zu akzeptieren. Fieberhaft sucht ihr Verstand nach einem Ausweg. Nach einer Möglichkeit, ihre Freundin zu retten.
    Langsam macht sie sich auf den Weg zur Schule. Nicht, um am Unterricht teilzunehmen, sondern um eine ganz bestimmte Person zu finden.
    »Jules!«
    Die ungläubigen Blicke der anderen Mädchen ignorierend, steuert sie direkt auf ihr gestriges Date zu.
    Sein Lächeln lässt die Schmetterlinge in ihrem Bauch wild tanzen, aber sie mahnt sie zur Ruhe. Hailey ist wichtiger.
    »Ich brauche deine Hilfe.«
    Dem Ausdruck seiner grauen Augen kann sie entnehmen, dass er den Ernst der Lage sofort begreift.
    »In Ordnung.«
    Er wartet ihre Reaktion nicht ab, sondern packt sie am Handgelenk und zieht sie in ein leeres Klassenzimmer. Einige seiner Freunde grölen belustigt hinterher und machen anzügliche Scherze, aber er achtet nicht darauf.
    »Du siehst gar nicht gut aus, Macy. Was ist passiert?«
    Sein warmer Daumen fährt über ihre Wange und erst jetzt bemerkt Macy, dass sie geweint hat.
    »Ich ...«
    Ihre Stimme zittert und bricht ab.
    Macy weiß nicht, weshalb sie es gerade diesem Jungen anvertraut, mit dem sie auf einem einzigen Date war. Ihr Jugendschwarm scheint der Einzige, den sie noch hat, nachdem Hailey verschwunden ist. Das leere Klassenzimmer um sie herum scheint sie zu verhöhnen. Die saubere Atmosphäre wirkt mit einem Schlag falsch und unfreundlich. Ein eisiger Luftzug dringt durch eines der geöffneten Fenster und lässt Macy frösteln. Eine Warnung? Aber sie hat niemanden mehr außer diesem Jungen mit den wunderschönen, verständnisvollen Augen. Ein junger Mann, der für sie Suzanne links liegen gelassen und den Hohn seiner Freunde auf sich genommen hat. Ein Blick von ihm genügt, um ihr Herz rasen zu lassen.
    »Sie haben Hailey geholt.«
    Jules begreift sofort. Gespannt hebt er eine Augenbraue.
    »Wieso?« , fragt sein Blick und Macy erzählt es ihm. Sie erzählt ihm alles. Von ihrer tiefen Freundschaft, über Haileys Geheimnis, bis hin zu dem Kontrolleur, der gestern Abend vor ihrem Haus stand. Alles.
    Jules Blick verändert sich während ihrer Erzählung nicht. Seine sanften Gesichtszüge sind angespannt und konzentriert.
    »Ich kenne jemanden, der in der Klinik arbeitet«, sagt er lediglich, als Macy ihre Geschichte beendet hat und weckt damit eine unbändige Hoffnung in ihr.
    Weiße Wände, weiße Möbel, ein tropfender Wasserhahn. Haileys neuer Raum ist nur eine geringfügige Verbesserung zum Übergangszimmer, doch immerhin besitzt dieses Quartier ein kleines Badezimmer mit Dusche, Waschbecken und Klo.
    Mit angezogenen Knien sitzt sie auf dem Bett und betrauert den Verlust des Fotos.
    In der Luft hängt ein penetranter Geruch nach Schweiß und Angst, welcher noch vom vorigen Bewohner stammen muss. Den Gedanken an diesen armen Menschen schiebt Hailey gekonnt zur Seite, jedoch kehrt er immer wieder zurück. Als wäre er eine lästige Motte und Haileys Verstand das Licht.
    Der Raum besitzt zudem ein kleines, vergittertes Fenster, durch das Hailey nur schauen kann, wenn sie auf den Tisch steigt, der direkt davor fest am Boden verschraubt ist. Um sich von ihren trüben Gedanken abzulenken, steht sie auf und
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