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Traumfrau (German Edition)

Traumfrau (German Edition)

Titel: Traumfrau (German Edition)
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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nicht eine einzige konkrete Frage zu der Frau gestellt, die er von mir kaufen wollte? Nicht Größe, nicht Haarfarbe, Gewicht oder Brustumfang. Was ihn zunächst sympathisch machte, brachte mich jetzt gegen ihn auf. Irgendetwas stimmte da nicht.
    Ich bot ihm eine fünfunddreißigjährige Filipina mit ihrem vierzehnjährigen Sohn an. Ich wollte gerade von der Frau erzählen, da würgte er das Gespräch sofort ab: Nein, nein, das interessiere ihn nicht, mit Jungen in dem Alter käme er nicht klar.
    Ich zeigte ihm eine Thaifrau mit einer dreizehnjährigen Tochter. Seine Stimme wurde belegt. Er wirkte aufgeregt auf mich. Dann rückte er mit der Sprache heraus. Das Mädchen sei ihm zu alt.
    Langsam witterte ich die Ungeheuerlichkeit, die sich dann auftat. Es ging ihm gar nicht um die Frau, sondern um die Tochter. Ich sprach meinen Verdacht aus. Sofort ließ der Mann einen Wortschwall auf mich los, warum das alles ganz normal sei und wie gut es Frau und Kind bei ihm haben würden. In anderen Ländern könnte man Kinder in dem Alter schon heiraten, nur bei uns sei das alles noch ein bisschen rückständig und verklemmt.
    Zwischen acht und zehn sollte sie sein. Auf keinen Fall älter. In dem Alter könne man Kinder auch noch formen, und er garantierte dem Mädchen eine hervorragende Ausbildung, wie sie sie in ihrem Heimatland niemals bekommen könnte.
    Er glaubte ja, mit einem Frauenhändler zu sprechen und tat sich keinen Zwang an. Wenn das Mädchen für ihn sexuell uninteressant würde, dann wäre es sowieso Zeit, die Frau loszuwerden, bevor sie durch die Ehe zu viele Rechte erwarb. Nach höchstens zwei Jahren – bevor die noch richtig Deutsch könnten – wären sie wieder zu Hause.
    „Keine Opfer, keine Täter!”, grinste er.
    Leider reagierte ich emotional, brüllte den Mann an und beendete durch meine Unbeherrschtheit das Gespräch. Er floh aus dem Restaurant.
    Aus den menschlichen Abgründen, die sich vor mir auftaten und den Erfahrungen mit den Menschen, die ich traf, ist der Roman „Traumfrau” gemacht. Stoff hatte ich durch die Gespräche mit Männern wahrlich genug für meinen Roman und konnte so meine Figuren entstehen lassen. Aber jetzt lief mir das ganze „Geschäft” nach. Kunden riefen an und fragten nochmal nach, wollten sich nicht damit zufrieden geben, bei mir keine Frau bekommen zu haben. Natürlich habe ich nie eine Frau wirklich verkauft. Ich habe immer nur so getan als ob und dann versucht, die Kunden loszuwerden.
    Unter ihnen gab es aber ein paar ganz hartnäckige. Um von denen nicht mehr länger belästigt zu werden, schraubte ich einfach meine Preisvorstellungen hoch. Schließlich konnte ich ihnen nicht meine wahre Identität nennen, ich durfte auf keinen Fall vor Erscheinen des Romans auffliegen, denn noch hatte ich ja auch einen Fuß in der Händlerszene und einige Frauenhändler glaubten, ich sei ihr Freund.
    Ich dachte, bei den Männern funktioniere ein ganz einfacher Mechanismus: Wenn das Produkt überteuert wird, kaufen sie es dort, wo es preiswerter ist.
    Aber da war ich auf dem Holzweg. Dadurch, dass ich die Preise in die Höhe schraubte, wurde ich für einige schräge Gestalten erst richtig interessant. Sie glaubten, wer sich leisten kann, seine Frauen so teuer zu machen, der hat auch ganz besondere Ware.
    Auch auf der Behördenebene lief das alles weiter. So gab es einen längeren Briefwechsel zwischen mir und dem Finanzamt zu der Frage, ob ich, wenn ich eine Frau verkaufe, sieben oder vierzehn Prozent Mehrwertsteuer zahlen müsse. Da ich als Künstler damals der siebenprozentigen Mehrwertsteuer unterlag, kannte ich das Spiel um die Mehrwertsteuer aus dieser Sicht und argumentierte folgendermaßen:
    „Einige meiner Frauen gehen ja künstlerischen Berufen nach, z. B. als Stripteasetänzerinnen in Bars. Für die möchte ich nur sieben Prozent Mehrwertsteuer bezahlen, nicht vierzehn.”
    Aber die Frage, die die Frauenbewegung schon immer interessiert hat, wurde im Finanzamt rasch entschieden. Wenn eine Frau verkauft wird, kostet das den vollen Mehrwertsteuersatz.
    Ich muss aufpassen, wenn ich das aufschreibe und mich an all diese Dinge erinnere, dass ich nicht zynisch werde. Damals schwankte ich sehr zwischen Wut und Zynismus.
    Natürlich wurde ich auch Mitglied bei der Industrie- und Handelskammer und man bot mir ein Gespräch für eine Existenzgründung an. Später, als ich mit dieser Behauptung an die Öffentlichkeit ging, drohte mir die Industrie- und Handelskammer mit
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