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Tränen aus Feenstaub

Tränen aus Feenstaub

Titel: Tränen aus Feenstaub
Autoren: Natascha Artmann
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Wenigstens aus Solidarität sollte dein Lateinbuch unter deinem Kissen liegen!“
    Pina tat so, als ob sie diese Rüge verdiente. „War es so schlimm, Sevi? Hat dich Dr. Schröder vielleicht sogar aufgerufen?“, spielte das Mädchen die Entsetzte.
    „Ja, zwei Mal! Der absolute Horror!“, jammerte Severin.
    „Du hast mein uneingeschränktes Mitleid.“
    „Danke!“, seufzte Severin theatralisch. „Auf dich kann man sich einfach verlassen.“
    Mit Severin war es nie schwierig, ein Gespräch zu führen. Er nahm alles locker. Selbst wenn er sie bedauern sollte, dann ließ er sich nichts davon anmerken. Im Gegenteil! Er schaffte es sogar, die schlimmsten Aspekte ihrer Krankheit von der humorvollen Seite zu sehen. Den frechen Spruch, den er heute für sie hatte, hätte sich manch einer nicht einmal hinter vorgehaltener Hand aussprechen trauen.
    „Du solltest wirklich nicht so tief ausgeschnitten im Bett sitzen, wenn du Herrenbesuch hast“, teilte er ihr mit hochgezogenen Augenbrauen mit.
    Pina verstand ihn nicht. Sie trug ein Sweatshirt mit Puccaaufdruck, das keinen tiefen Ausschnitt hatte. Ihre Beine waren zugedeckt und steckten zudem noch in einer schwarzen Trainingshose.
    „Ich bin überhaupt nicht ausgeschnitten!“, protestierte sie und sah dabei demonstrativ auf ihren Pulli.
    Severin schüttelte den Kopf. „Nicht da, da!“ Er zeigte mit dem Daumen nach oben, wo Pinas Wollmütze nach dem Schlafen verrutscht war. Nun war deutlich zu erkennen, dass die Chemotherapie ihre Spuren hinterlassen hatte. Pina zog ihre Mütze zurecht bis Severin anzeigte, dass es wieder passte.
    Unangenehm war ihr die Situation nicht. Denn für Severin schien es keine Rolle zu spielen, ob sie ihre Haare noch hatte oder nicht. Daher war es für sie auch kein Problem, sich so in seiner Gegenwart zu zeigen.
    Nachdem wieder alles da war, wo es hingehörte, nahm Pina ihren Zeichenblock vom Nachtkästchen und reichte ihn ihrem Schulfreund.
    „Was hältst du davon?“, wollte sie seine Meinung wissen.
    Severin sah sich die Zeichnung genau an. „Nicht übel, wird das ein neuer Charakter?“
    Pina nickte. „Ich habe mir etwas Zartes, aber auch Starkes vorgestellt. Aber ich weiß noch nicht genau in welcher Form.“
    Severin sah sich die Entwürfe noch einmal genau an. „Was soll es denn ausdrücken? Kämpferin für die Unterdrückten oder ein Mitglied einer Mädchengang?“
    „Vor allem soll es ein Geschenk für Dagmar werden. Hast du nicht erkannt, wen  es darstellen sollte?“
    „Ich habe mich schon gewundert, warum du so ein hässliches Gesicht gemalt hast“, scherzte Severin.
    Pina warf ein Kissen nach ihm. „Bist du blöd!“
    „Uff!“, stieß der Junge aus, als ob ihn das Kissen hart getroffen hätte. „Na ja, wenn es Dagmar darstellen soll, dann ist doch klar, was für einen Charakter dieses Mangamädchen bekommt.“
    Für Pina war das noch nicht klar. Sie konnte sich ihre Freundin in vielen Rollen vorstellen. Aber Severin war da ein wenig anders, denn er hatte eine Schwäche für das zarte Mädchen.
    „Nun, was würdest du aus Dagmar machen? Engel oder Teufel?“
    „Bei Dagmars Statur eignet sich nur ein einziger Charakter wirklich. Eine Fee!“
    Eine Fee? Auf diese Idee wäre Pina nicht gekommen. Sie hätte sie eher in eine Schuluniform gesteckt. Aber eine Fee hatte wirklich etwas, worüber sie sich Gedanken machen sollte.
    „Meinst du mit Flügelchen, zartem Kleidchen und als Hintergrund einen Zauberwald?“, überlegte Pina laut.
    „Ja, so etwas in der Richtung. Und mit so Glitzerzeug, das sie wie eine Wolke einhüllt und schweben lässt.“
    Severin hatte schon ziemlich konkrete Vorstellungen. Oder vielleicht beschrieb er auch nur, wie er seine Angebetete schon immer sah.
    „Hm, Glitzerstaub? Glitzerstaub ist wirklich nicht schlecht“, stimmte Pina zu. „Mit Glitter habe ich bisher noch nie ein Bild gemacht. Das wird auf jeden Fall etwas ganz Besonderes.“
    „Ich habe geholfen! Im Herzen bin ich ein Pfadfinder!“, lobte sich Severin selbst.
    „Ja, alle alten Damen können jetzt ruhig schlafen. Severin ist da, ihnen über die Straße zu helfen!“, witzelte Pina.
    Ihr Freund nickte und blickte dann auf seine Uhr. „Leider nicht mehr heute. Die alten Damen müssen warten. Habe nämlich nur eine Freistunde genutzt, um dich zu besuchen.“
    „Und was erwartet dich jetzt noch in der Schule?“
    „Geschichte! Als ob es irgend jemanden interessiert, was vor wer weiß wie vielen Jahren passiert ist. Aber ich
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