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Totenstimmung

Totenstimmung

Titel: Totenstimmung
Autoren: Arnold Kuesters
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Leben. Sonst stehen sie am Rand und weinen nur.« Frank und Ecki hatten die Vernehmung alleine zu Ende geführt. Carolina hatte es vorgezogen, auf die Ermittlungsakten zu warten, statt Jennes’ Vernehmung weiter beizuwohnen. Den Grund für ihr Fernbleiben hatte sie den beiden nicht genannt.
    Heinz-Jürgen Schrievers erholte sich schnell wieder. Nach den Tagen im Krankenhaus und gerade mal einer Woche zu Hause stand er mittags im Büro von Frank und Ecki. Sein rosiges Gesicht strahlte. »Danke noch mal, Jungs. Ihr seid wirklich im letzten Augenblick gekommen. Sonst wäre ich vertrocknet wie der arme Schmetterling, der sich im Herbst in mein Kellerloch verirrt haben muss.«
    »Schön, dass du wieder fit bist.« Ecki lächelte und schob Heinz-Jürgen Schrievers einen Schokoriegel zu, den er für besondere Gelegenheiten in seinem Schreibtisch aufgehoben hatte. Dies war eine besondere Gelegenheit. »Wann gehst du denn wieder zum Walken? Du hast ja wirklich Fortschritte gemacht. Kann man richtig sehen.«
    »Na ja, vorerst wohl nicht. Gertrud meint, ich muss erst wieder ganz auf die Beine kommen.« Er straffte seine Strickjacke. »Ich finde, Gertrud hat ganze Arbeit geleistet. Ein bisschen Hüftgold hat schließlich noch keinem geschadet.« Dann ließ der Archivar mit einem »Oder was meint ihr?« und einer einzigen flinken Bewegung den Schokoriegel in den Tiefen seiner Hosentaschen verschwinden. Er lächelte. »Danke, Ecki. Den ess ich später. Jetzt habe ich erst mal Lust auf eine große Portion Pommes. Ich lade euch ein. Was ist?«
    Frank nickte zögernd.
    Heinz-Jürgen Schrievers sah Frank verständnislos an. »Keinen Hunger? Oder was ist los mit dir, Borsch? Welche Laus ist dir denn über die Leber gelaufen? Du siehst aus wie drei Tage Regenwetter in Renesse.«
    Frank räusperte sich verlegen und arbeitete sich umständlich aus seinem Bürostuhl heraus. »Nix. Alles okay. Von mir aus können wir gerne Pommes essen gehen.«
    Ecki wusste dagegen sehr wohl, dass nichts in Ordnung war. Er hatte den fotokopierten Artikel aus dem Rolling Stone gefunden, der Lemmy von Motörhead gewidmet war und den Viola Kaumanns mit der Dienstpost geschickt hatte. Und er hatte das mit gelbem Marker hervorgehobene Lemmy-Zitat gelesen: Es liegt an einem selbst, wie man sein Leben gestaltet. Menschliche Beziehungen habe ich ausgelassen. Aber wenn ich mir die anschaue, die ich im Laufe der Zeit so mitbekam, habe ich wohl nicht viel verpasst .
    Ecki hatte sich gehütet, Frank darauf anzusprechen.
    »Na, dann los.« Schrievers stand schon an der Tür. Für einen Augenblick verdunkelte sich sein Gesicht. »Auf diese Pommes mit euch habe ich mich in dem Kellerloch die ganze Zeit über gefreut.«
    Keine halbe Stunde später standen die drei Freunde in dem kleinen Laden in der Seitenstraße am Rheydter Markt, den es aus gutem Grund schon seit mehr als dreißig Jahren gab.
    Nachdem Frank und Ecki ihre Standardbestellung »Schutzmann-Teller, Currywurst, Pommes rot-weiß« aufgegeben hatten, war Heinz-Jürgen Schrievers an der Reihe.
    Die adrett gekleidete, ältere blonde Frau, die den stadtbekannten Frittenimbiss seit seinem Bestehen mit der stets gleichen unaufdringlichen Freundlichkeit führte und fast ganz hinter der hohen Theke verschwand, sah den Archivar fragend an: »Ihre großen Pommes mit oder ohne Mayo?«
    Heinz-Jürgen Schrievers war über diese Frage regelrecht entrüstet. »Seh ich vielleicht aus wie ›ohne Mayo‹?«

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